Dog Boy
damit? Das Problem ist nur, DPP versteht nichts von Hunden.
Es sind seltsame Zeiten. Was, wenn Marko schlichtweg als Hund geboren wurde? Was, wenn er nicht bei Hunden gelebthat, sondern sie magisch anzieht, und das Ganze bloß ein neuer Zustand ist, eine Mutation? Nicht unmöglich. Keine Theorie, über die man mit DPP reden könnte, Natalja!
Aber die beiden sind schon ein seltsames Paar.
~
Romotschka freute sich über Welpes Fortschritte. Seit er selbst meistens ein Junge war, wusste er Jungenhaftigkeit viel mehr zu schätzen als früher. Die Herausforderung, immer besser zu werden, trieb ihn an, und Welpe folgte seinem Beispiel. Meistens stand oder ging er auf zwei Beinen und gab sogar eigene Stimmgeräusche von sich. Keine richtigen Wörter, aber etwas Ähnliches. Dimitri lobte Romotschka überschwänglich, womit er ausdrücken wollte, dass dieser für Welpes Fortschritte verantwortlich war. Romotschka fügte Dimitri und Natalja zu seiner Liste der Menschen hinzu, die er mochte. Laurentia, die Sängerin, Dimitri, Natalja – in dieser Reihenfolge. Leise murmelte er ihre Namen vor sich hin, und ihr musikalischer Klang gefiel ihm. Dann sang er die Namen, mit einer Melodielinie, die stieg und fiel wie beim Heulen eines Hundes. Bisher hatte er das nur bei Laurentia und der Sängerin getan.
Welpe zählte er nicht zu den Menschen. Schtschenok auszusprechen, war im Grunde genommen ein Spiel. Welpes richtiger Name lebte still in seinem Geruch, im verwobenen Atem der Höhle. Und in Romotschkas Innerem.
Manchmal dachte er daran, Welpe aus dem Zentrum zu befreien und wieder mit nach Hause zu nehmen. Wie glücklich die Hunde dann wären! Er stellte sich vor, wie Welpe herumtollte, um alle Gerüche und Spiele neu zu erkunden. Sie könnten wieder eine richtige Familie werden.Doch er machte sich auch Sorgen. Welpe war inzwischen so zart und sauber. Seine harten Muskeln und die Schwielen an seinen Händen und Füßen waren verschwunden. Er fraß hier viele verschiedene Sachen, warmes Essen, jede Menge Suppen, Pasteten und Fleischeintöpfe. Viel mehr, als Romotschka fraß. Würde er genug Nahrung für ihn finden? Außerdem hustete Welpe in letzter Zeit ständig. Vielleicht war er nicht kräftig genug, um zu seinem alten Leben zurückzukehren. Bemüht, seine Absichten zu verbergen, fragte Romotschka Dimitri schließlich, was passieren würde, wenn Welpe ausbräche.
Dimitri sah ihn nachdenklich an.
»Weißt du, Romotschka, Marko kann von Glück sagen, dass wir ihn retten konnten, denn er war ein sehr kranker kleiner Junge. Er muss hier bleiben, sonst könnte er sterben.«
Romotschka wirkte wohl skeptisch, denn Dimitri ging zu einer Schublade und holte eine kleine Scheibe hervor. Er hielt sie zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Aber mach dir keine Sorgen. Siehst du die hier? So eine haben wir in Markos Körper eingesetzt. Sie sendet ein Signal, ein leises Piepen, das man nicht hört. Falls Marko verschwindet, braucht die milizia nur dem Signal zu folgen und kann ihn überall finden.«
Romotschka streckte die Hand nach der Scheibe aus. Sie war glatt und glänzend. Er kehrte Dimitri den Rücken zu und biss heimlich hinein. Dann gab er sie ihm zurück, den Geschmack von Metall und Plastik im Mund. Er begriff nicht, was Dimitri meinte, doch ihm war klar, dass Welpe gewissermaßen Dimitris Strick um den Hals hatte.
30. September. Romotschka kam heute spät, um 11:35 Uhr, und hatte ein Geschenk dabei. Er verbarg das Gesicht hinter seinen grässlichen Haaren, blickte finster drein und streckte mir ein tropfendes, blutiges, schmutziges Huhn entgegen. Es ist eindeutig ein Gunstbeweis, so geehrt zu werden. Ich glaube, auf ähnliche Weise überbringen Katzen ihren Besitzern Mäuse. Das Huhn hat noch Füße, aber keinen Kopf mehr. Es ist ziemlich unsachgemäß gerupft worden – besser gesagt, jemand hat ihm die Federn ausgerissen –, doch es wurde nicht ausgenommen. Ich will mir gar nicht vorstellen, wo er es gestohlen hat. Mit Sicherheit hat er es nicht gekauft, doch er könnte es eingetauscht haben. Ich nahm es, bedankte mich, und er schlich wortlos davon. Doch er war den ganzen Tag gut gelaunt, richtig zufrieden mit sich, trieb sich im Gebäude herum und unterhielt sich mit den Leuten. Mit äußerst überheblicher Miene half er mir, Möbel umzustellen, und protzte mit seiner wirklich beeindruckenden Kraft. Jetzt spielt er draußen im Park mit Marko und dem einohrigen Hund, der sich dort herumtreibt. Bestimmt stecken
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