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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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böse Macht am Werk war, die den göttlichen Plan durchkreuzte. Und wenn ja, wer stand in ihrem Dienst, und welche Kräfte besaßen sie?
    Und zur gleichen Zeit braut sich noch etwas anderes zusammen», fuhr Tess fort. «Die Menschen in Westeuropa – und ich spreche von mächtigen Personen, Priestern und Monarchen, die fast als Einzige lesen und schreiben können – haben seit neuestem angefangen, Hexerei und Magie wieder als ernsthafte Gefahren anzusehen. Das hatte es seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben. Diese Ängste waren mit dem Heidentum ausgestorben. Magie und Hexerei wurden als Altweiber-Aberglaube verlacht. Aber als die Spanier gegen Ende des 11. Jahrhunderts den Süden ihres Landes von den Mauren zurückeroberten, entdeckten sie eine ganz neue Welt von Schriften in Bibliotheken wie der von Toledo – antike und klassische wissenschaftliche Texte, die die Araber mitgebracht und aus dem griechischen Original ins Arabische und dann weiter ins Lateinische übersetzt hatten. Auf diese Weise entdeckte der Westen all diese verlorenen Schriften wieder, die Werke großer Denker und Gelehrter, die völlig in Vergessenheit geraten waren, wie Plato und Hermes und Ptolemäus und eine Menge anderer, von denen sie noch nicht einmal gehört hatten. Das waren Bücher wie der
Picatrix
und der
Cyranides
und das
Secretum Secretorum,
die neben Philosophie und Astrologie auch magisch-religiöses Gedankengut behandelten, Zaubertränke und -sprüche und Nekromantik und Astromagie und noch allerlei, was diesen Menschen völlig fremd war. Und was sie da lasen, versetzte sie in Angst und Schrecken. Denn in diesen Texten, so primitiv oder abwegig sie uns heute auch erscheinen mögen, war von Wissenschaft die Rede und davon, die Prinzipien des Universums zu begreifen und die Bewegungen der Sterne und wie der menschliche Körper geheilt werden konnte, zusammengefasst: wie der Mensch die Elemente beherrschen konnte, die ihn umgaben. Das war für die Menschen der damaligen Zeit eine beängstigende Vorstellung. Es war frühe Wissenschaft, und die frühe Wissenschaft wurde als Magie betrachtet. Aber sie untergrub das Konzept des ‹göttlichen Willens›, also erklärten die Priester sie zur ‹schwarzen Magie›, und alle ihre Leistungen und Errungenschaften mussten auf Dämonenkult beruhen.»
    Reilly erinnerte sich an etwas, das er damals vor drei Jahren über die Mönchskrieger gehört hatte. «Wurden die Templer nicht beschuldigt, einen dämonischen Kopf anzubeten?»
    «Den Baphomet, ja. Dazu gibt es allerdings widersprüchliche Theorien, wir wissen bis heute nicht sicher, was es damit auf sich hatte. Aber davon spreche ich ja gerade. Um zu verstehen, weshalb die Templer verhaftet und all diese größtenteils absurden Anklagen gegen sie erhoben wurden, muss man den Geist der damaligen Zeit begreifen.»
    «Wir haben da also Menschen, die denken, dass Gott zornig auf sie ist und die Anhänger des Teufels sie vernichten wollen, und Priester und Könige, die an schwarze Magie glauben.»
    «Ganz genau. Und vor der Kulisse dieser Spannungen haben wir diese selbstherrlichen, reichen Mönchskrieger, die das Heilige Land verloren haben und nach Europa zurückgekehrt sind. Allzu zerknirscht scheinen sie über ihre Niederlage nicht zu sein. Sie verfügen noch immer über immense Besitztümer und leben in Saus und Braus, während alle anderen hungern. Natürlich kommen da Fragen in den Köpfen der Menschen auf. Sie fragen sich, was es mit diesen Templern auf sich hat, und schon bald wird spekuliert, ob diese Templer nicht vielleicht über eine böse Macht verfügen, ob sie nicht mit dem Teufel im Bunde sind als verderbte, Dämonenkult treibende Magier. Diese Angst vor schwarzer Magie – das war die Wurzel der Templerprozesse. Natürlich hatte ihr Ankläger, der französische König, reichlich Gründe, sie stürzen zu wollen. Habgier und Neid spielten eine große Rolle. Er war bei ihnen hoch verschuldet, und er war bankrott, außerdem reizten ihn ihre Überheblichkeit und ihre ungeheure Respektlosigkeit ihm gegenüber. Aber darüber hinaus sah er sich selbst ganz ernsthaft als den christlichsten aller Könige, den Verfechter des Glaubens, erst recht nach dem Tod seiner Frau im Jahr 1307. Im selben Jahr ordnete er die Verhaftungen an. Es war eine Zeit der religiösen Selbstversenkung, aus der er sich nie wieder löste. Er betrachtete sich als von Gott dazu auserwählt, Sein göttliches Werk hier auf Erden zu verrichten und Sein Volk vor

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