Dogma
aufs Fahren konzentriert, mit unbewegter, gleichgültiger Miene.
«Was … Haben Sie das gemacht?»
Der Mann nickte.
Simmons wagte kaum, die Frage zu stellen, aber die Worte kamen wie von selbst heraus, langsam, mit schwerer Zunge.
«Was ist das?»
Der Fahrer dachte einen Moment lang nach, dann sah er Simmons an. «Wenn ich es mir recht überlege, sollten Sie vielleicht doch einen Blick darauf werfen.»
Simmons zögerte, unsicher, ob er es – was immer «es» sein mochte – wirklich sehen wollte, doch schließlich gab er dem Drang nach und zog sein Hemd hoch.
Etwas war um seine Taille geschnallt, dicht über dem Hosenbund. Eine Art Gürtel, vielleicht handbreit, aus festem, glänzendem Stoff wie Segeltuch. Das Ding wirkte eigentlich ganz harmlos – bis er das Hemd noch ein wenig höher zog und das Schloss entdeckte, das zwei Messingösen im Stoff miteinander verband und den Gürtel so zusammenhielt. Dann bemerkte er etwas noch Bedrohlicheres: Der Gürtel war vorn ein wenig ausgebeult. Etwas steckte darin, etwas Hartes, nicht größer als ein Päckchen Spielkarten. An dem Gürtel war keine Öffnung zu sehen, kein Schlitz, kein Reißverschluss – das Ding war darin eingenäht.
Grauen ergriff von ihm Besitz.
«Was ist das?», fragte Simmons noch einmal, und seine Schläfen begannen zu hämmern. «Was haben Sie da gemacht?»
«Das ist eine kleine Bombe. Nichts Großartiges, nur ein bisschen Semtex und ein Zünder. Ferngesteuert.» Er zog sein Handy hervor und hielt es kurz hoch, dann steckte er es wieder ein. «Gerade groß genug, um ein Loch in Ihren Bauch zu reißen, so groß wie meine Hand.» Zur Veranschaulichung hob er die Hand, die Finger gespreizt, wie um einen imaginären Baseball zu fangen. «Wenn sie explodiert –
falls
sie explodieren sollte –, wären Sie wahrscheinlich nicht sofort tot. Sie würden noch vielleicht eine Minute lang weiterleben, vielleicht sogar noch länger, und Sie könnten den Krater, den sie gerissen hat, mit eigenen Augen sehen. Aber das stelle ich mir nicht besonders angenehm vor», fügte der Entführer hinzu. «Ich würde es nicht empfehlen.»
Simmons hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Er schloss die Augen und versuchte ruhig zu atmen, doch er bekam kaum Luft. Er konnte nicht begreifen, was dieses Ding an ihm sollte, aber alles, was er herausbrachte, war ein mattes «Warum?».
«Zur Motivation.»
Simmons starrte den Mann nur an, vor Angst unfähig, einen Gedanken zu fassen.
«Es soll Sie motivieren, sich zu benehmen», erklärte sein Entführer. «Wir werden eine kleine Besichtigungstour unternehmen, und ich muss sichergehen, dass Sie keine Dummheiten machen. Deshalb hoffe ich, die Aussicht, die Eingeweide zum Rücken rausgepustet zu bekommen, ist Motivation genug für Sie, zu tun, was ich sage. Normalerweise wirkt das.» Er sah Simmons kurz von der Seite an, um seine Reaktion zu beobachten, dann fügte er hinzu: «Ach ja – versuchen Sie nicht, die Schnalle zu öffnen. Sie ist abgeschlossen.» Er grinste. «Betrachten Sie es einfach als Keuschheitsgürtel. Um etwaigen wilden Trieben den Riegel vorzuschieben.»
Von Verzweiflung überwältigt, ließ Simmons sich schlaff in seinen Sitz zurücksinken und starrte vor sich hin. Bis auf das eine und andere entgegenkommende Fahrzeug war die schmale, holperige Straße leer.
«Wohin fahren wir?», fragte er schließlich, auch wenn ihm selbst nicht klar war, wozu er das wissen wollte.
«Rauf in die Berge. Die frische Luft tut Ihnen bestimmt gut», erwiderte der Fahrer mit leichtem Grinsen. «Sie sehen ein bisschen blass aus.»
In Simmons’ Kopf regte sich eine Erinnerung. «Sie wissen, wo das Kloster ist?»
«Mehr oder weniger», war die einzige Antwort.
Der Bergführer erwartete sie am vereinbarten Ort. Diesen zu finden stellte kein Problem dar – das eingebaute Navigationsgerät erwies sich als wahrer Segen, nicht nur wenn es darum ging, die Hauptstraßen durch Kayseri zu meiden, um etwaigen Straßensperren auszuweichen, sondern auch dafür, sich an einem völlig unbekannten Ort mit einer gänzlich fremden Person zu treffen.
Die Route, die Zahed gewählt hatte – ein Umweg, der die Fahrtdauer um mehr als eine Stunde verlängerte –, führte in einem Bogen um die Stadt herum und von Westen an den Berg heran, in weiten Biegungen durch ein paar verschlafene kleine Ortschaften und geradewegs durch den Sultansazlığı-Nationalpark, ehe sie in den sanften Hügeln am Fuß des zerklüfteten
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