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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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nicht klar, was das zu bedeuten hatte, doch dann begriff sie. Der Bombenleger hatte den Kommandopolizisten absichtlich nicht sofort erschossen. Er spielte mit seinem Opfer, tötete es ganz langsam, um die verbleibenden Gegner aufzureiben und zu erschüttern. Er konnte nicht wissen, dass nur noch ein einziger Mann übrig war.
    Ein Mann – und Tess.
    Das Stöhnen hielt noch fast eine Minute lang an, dann erstarb es. Es war jetzt still auf der Lichtung bis auf das Geräusch des Dieselmotors im Leerlauf. Tess sah ihren Beschützer fragend an. Er hob einen Finger an die Lippen, dann schlich er vorsichtig an den Rand ihrer Deckung und warf einen Blick auf die Lichtung hinaus. Tess schluckte krampfhaft und drückte sich eng an das kühle Blech des gepanzerten Fahrzeugs. Als sie den Blick senkte, wurde ihr plötzlich der große Bodenabstand des Wagens bewusst, und sie rückte dichter an den Kommandopolizisten heran, der hinter einem der großen Reifen stand. Der Mann hielt angespannt Ausschau, die Stirn gefurcht, und im schwachen Licht glänzte ein Schweißtropfen, der ihm langsam über die Schläfe rann.
    Er sah so angsterfüllt aus, wie Tess sich fühlte – dann durchbrach ein metallisches Klicken die Stille, und gleich darauf hörte man etwas durch die Luft fliegen.
    Der Kommandopolizist riss erschrocken die Augen auf. Er stieß Tess zu Boden und warf sich auf sie, um sie mit seinem Körper zu decken. Der geworfene Gegenstand flog über sie hinweg und landete im losen Schotter hinter dem Cobra, wo er mehrmals mit metallischem Klacken aufschlug und dann explodierte. Der Soldat kannte das Geräusch eines Zünders, der aus einer Handgranate gezogen wurde, doch die Waffe war zu weit geworfen worden, als dass sie ihnen Schaden zugefügt hätte. Gleich darauf sah Tess ein Paar Beine in Stiefeln auf sie zurennen, fühlte, wie der Paramilitär sich aufrappelte, und hörte, wie die Kugeln ihn trafen und er zusammenbrach.
    Der Attentäter hatte sie mit der Granate nicht töten wollen. Sie diente nur zur Ablenkung.
    Tess sah auf.
    Er stand drohend aufgerichtet vor ihr und warf immer wieder kurze Blicke auf sie hinunter, während er die Umgebung nach weiteren Gegnern absuchte. Tess wusste, dass es keine mehr gab.
    Er hob die Maschinenpistole des toten Kommandosoldaten auf und befahl ihr: «Aufstehen.»
    Seine Stimme klang genau so, wie sie sie in Erinnerung hatte. Spröde, monoton, gänzlich emotionslos.
    Tess kam mühsam auf die Beine. Ihre Arme und Beine zitterten beim Anblick des Mannes, der sie in Jordanien entführt und zusammen mit einer großen Sprengladung in den Kofferraum eines Autos gesperrt hatte. Und jetzt war sie hier in dieser gottverlassenen Gegend allein mit ihm. Ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
    Zum zweiten Mal.
    Sie hoffte inständig, er möge nicht gerade die Worte aussprechen, die sie am allerwenigsten von ihm hören wollte.
    Die Hoffnung war vergebens. «Gehen wir», sagte er.
    Tess dachte daran, wegzulaufen oder aber sich auf ihn zu stürzen, um ihm alles heimzuzahlen, doch ihr war klar, dass es sinnlos gewesen wäre. Stattdessen ließ sie sich von ihm zu dem Discovery führen und sah hilflos mit an, wie er die Reifen der Humvees und des Cobra zerschoss. Anschließend stieg sie auf den Beifahrersitz und ließ schweigend zu, dass er mit ihr vom Schauplatz des Mordens in die anatolische Nacht hinausfuhr.

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Kapitel Zweiunddreißig
    Allein auf die Beine zu kommen kostete ihn schon gewaltige Anstrengung. Reilly fühlte sich wie ein Boxer, der einmal zu oft k.o. geschlagen wurde und zu nichts weiter fähig war, als auf der Matte zu liegen und sich auszählen zu lassen. Aber er konnte nicht liegen bleiben. Nicht, solange Tess dort draußen war.
    Es gelang ihm, sich aufzurichten. Rings um ihn brannten kleine Feuer, die eine makabre Szenerie des Leidens beleucheten. Der beißende Gestank des Todes zog über den verbrannten Boden. Keskin lag noch immer da, aber er regte sich nicht mehr.
    Reilly strengte sich an, um sich die Lage zu vergegenwärtigen und seine wirren Gedanken zu einem Plan zu ordnen. Sein Blick fiel auf Ertugrul, der etwa dreißig Meter entfernt flach auf dem Rücken lag. Auch der Rechtsattaché bewegte sich nicht. Dahinter sah Reilly mehrere Paramilitärs, anscheinend unverletzt. Sie kümmerten sich um die Verwundeten. Er ging auf sie zu in der Hoffnung, dass sie in Funkkontakt mit ihren Kameraden standen, die unten bei Tess geblieben waren. Dann fiel ihm sein eigenes

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