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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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schlechthin, in Alfred
     Schleißheimer eine existenzbedrohende Gefahr gesehen hätte. Hätten
     Sie sich dann wirklich rausgehalten? Ich frage Sie also noch einmal nach
     Ihrem Alibi: Wo waren Sie vorgestern zwischen vierzehn und achtzehn Uhr?«
    »Das habe ich doch
     schon gesagt: Chrissie und ich sind um halb vier Uhr nachmittags zu meiner
     Mutter in die Indianer-Siedlung gefahren.«
    »Indianer-Siedlung?«
     Auf Koteks glatter Stirn bildete sich eine steile Falte.
    »Die Zeugin meint die Bürgerberg-Siedlung
     in der Nähe vom Hofgasteiner Bahnhof«, erklärte Höllteufel.
     »Die Einfamilienhäuser ähneln vom Stil her Blockhäusern,
     und obwohl den Architekten seinerzeit ein renommierter Preis für das
     Konzept verliehen wurde, haben manche konventionell hausende Gasteiner der
     Siedlung die Bezeichnung gegeben.«
    »Aha. Und weiter?«
     Die Aufforderung war an die Zeugin gerichtet.
    »Abends«, fuhr
     Salma Schleißheimer fort, »sind wir so um halb acht wieder
     nach Hause gefahren und haben uns gewundert, dass Fredl immer noch nicht
     da war und auch nicht angerufen hatte.«
    »Ihre Mutter wird
     zurzeit dazu befragt – eventuell auch später Ihre Tochter, wenn
     ihre Vernehmungsfähigkeit von zwei Ärzten festgestellt worden
     ist.«
    Die Schleißheimer
     sprang auf wie von der sprichwörtlichen Tarantel gestochen.
    »Das ist eine ganz
     linke Tour! Hab ich mir doch gleich gedacht, dass da irgendwas getrickst
     wird, weil mich keiner nach Chrissie gefragt hat. Sie dürfen meine
     Tochter gar nicht verhören, wenn ich nicht dabei bin.«
    »Setz dich wieder hin,
     Salli«, schnauzte Höllteufel sie an, »die Vernehmung ist
     noch nicht zu Ende.«
    Wohl oder übel nahm
     Salma Schleißheimer wieder Platz. Kotek sah zum Fenster hinaus. Sie
     vermied es, sofort weiterzumachen. Der Zeugin sollte klar werden, welche
     Folgen ihre überzogene Reaktion hatte.
    Die Sekunden krochen dahin.
     Als Kotek in Gedanken bis dreißig gezählt hatte, setzte sie
     wieder an: »Nach diesem Ausrutscher, den Sie sich eben geleistet
     haben, sollte Ihnen eines bewusst sein: Unsere Ermittlungen werden sich
     nun verstärkt auf Sie und Ihre Tochter konzentrieren. Und zwar so
     lange, bis wir auch noch die letzte Info aus Ihnen herausgequetscht haben.
     Und glauben Sie mir, das werden Sie nicht durchhalten. Mein Kollege
     Feuersang, den Sie gestern schon kennengelernt haben, ist auf so was
     spezialisiert. Er vernimmt in diesem Augenblick Ihre Mutter, Frau Margit
     Thame, und die hat ganz gewiss keinen Anspruch auf Jugendschutz. Also,
     Frau Schleißheimer, wo waren Sie vorgestern zwischen vierzehn und
     achtzehn Uhr?«
    »Ich war zunächst
     zu Hause und bin dann um fünfzehn Uhr dreißig mit meiner
     Tochter zu meiner Mutter hinaus in die Bürgerberg-Siedlung gefahren«,
     beharrte die Gefragte auf dem Status quo.
    Kotek nickte langsam und rief
     über die Kurzwahl Feuersang an. »Leo, wie steht’s?«
    Seine Antwort erfolgte
     postwendend: »Frau Thame war den ganzen Samstagnachmittag allein zu
     Hause. Um neunzehn Uhr kam ihre Enkelin zu ihr, die zuvor angeblich mit
     ihrer Freundin Julie Heinrich unterwegs war. Salli Schleißheimer hat
     ihre Mutter am Samstag gar nicht besucht. Ich musste übrigens nicht
     lange tricksen, um das zu erfahren. Frau Thame ist eine sehr vernünftige
     und seriöse Dame. Ihr klarzumachen, man würde als Zeuge mit der
     Wahrheit immer am besten fahren, war gar nicht nötig. Sie sitzt jetzt
     neben mir im Wohnzimmer der Schleißheimers, und wir trinken zusammen
     Cappuccino.«
    »Danke, Leo. Und wie
     steht’s mit der Tochter?«
    »Da ist nichts zu
     machen. Frau Thame hat gesagt, ihre Enkelin sei am Sonntagnachmittag beim
     Erntedankfest gewesen. Etwa gegen fünfzehn Uhr, also überraschend
     früh, sei sie zurückgekommen und habe etwas von einem Anruf
     gestottert, den sie auf dem Erntedankfest erhalten habe. Seither hat sie
     kein Wort mehr gesprochen. Dr. Wächter hat gleich nach der ersten
     Kontaktaufnahme festgestellt, dass Chrissie schwer traumatisiert ist. Eine
     Vernehmung kann, wenn überhaupt, nur im Rahmen von therapeutischen
     Gesprächen durchgeführt werden. Ob die im Beisein der Mutter
     erfolgen werden, muss im Vorfeld noch zeitaufwendig abgeklärt werden.«
    »Nochmals danke, Leo.
     Dann werden wir uns also vorläufig auf Frau Schleißheimer
     beschränken. Kommst du zu mir auf den Posten? Dann besuchen wir
     Regenmandl in der Sparkasse gemeinsam. Für Cornelia dürfte der
    

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