Dohlenflug
Job beendet sein, die Frau Doktor kann dann nach Hause fahren.«
»Okay, ich hole dich
vor dem Posten ab, aber vielleicht gehst du inzwischen besser allein zur
Bank, ich möchte noch einen von den aufmerksamen Nachbarn der Schleißheimer
befragen.«
»Gute Idee, mach das.
Dann bis später.«
Sie legte auf und wandte sich
wieder an die Zeugin: »Tja, Frau Schleißheimer, leider waren
Sie am Samstag nicht bei Ihrer Mutter. Obwohl Sie von Ihnen gebrieft
worden ist, hat sie Ihr Alibi platzen lassen. Wo waren Sie also wirklich?«
Salma Schleißheimer zog
mit zusammengebissenen Zähnen die Lippen hoch, als hätte sie auf
eine Schlehe gebissen. »O Gott, ich hab doch nur gelogen, weil Mama
mich gestern Nachmittag ganz aufgeregt angerufen hat: Chrissie sei eben
vom Erntedankfest zu ihr gekommen, habe irgendwas von einem irren Anruf
gefaselt und danach kein Wort mehr gesagt. Sie wollte nur mehr von der Omi
in den Arm genommen werden.«
»Mich interessiert
nicht, was Chrissie gestern gemacht hat, sondern wo sie vorgestern
Nachmittag war.«
»Mein Gott, sie wird
mit Julie oder einer anderen Freundin unterwegs gewesen sein. Ich weiß
es auch nicht so genau.«
»Sie rufen mir Gott
etwas zu häufig an, Frau Schleißheimer. Hat Chrissie geweint,
als sie gestern zur Oma gekommen ist?«
»Nein. Offensichtlich
bedrückte sie etwas, aber geweint hat sie nicht, das hätte Mama
ausdrücklich erwähnt. Sie glauben doch nicht etwa, sie hätte
etwas mit dem Tod ihres Vaters zu tun?«
»Frau Schleißheimer,
ich wiederhole noch einmal meine Frage von vorhin: Wo waren Sie am
Samstagnachmittag, wenn Sie schon nicht wissen, wo sich Ihre Tochter um
diese Zeit befand?«
»Ich war bei Lotte
Heinrich. Von drei Uhr nachmittags bis circa um vier.«
»Bei Lotte Heinrich?
Der Bachblüten-Lotte? Haben Sie ihre Dienste als Kräuterhexe benötigt
oder die als Chiropraktikerin?«
»Weder noch. Sie hat
mich gebeten, zu ihr zu kommen.«
»Und der Grund ihrer
Bitte?«
»Ich sollte Fredl oder
Johnny dazu bewegen, Paul Marageter noch einen allerletzten Kredit zu gewähren.«
»Und das konnte sie
Ihnen nicht am Telefon sagen?«
»Pauli habe sie extra
drum gebeten, mit mir persönlich zu sprechen. Ich konnte ihr das
schlecht abschlagen, schließlich sind wir befreundet.«
»Tatsächlich? Und
ich dachte, Sie hätten Frau Heinrich ihren Geliebten Herrn Regenmandl
ausgespannt und seien deshalb verfeindet.«
Salma Schleißheimer
blickte die Kriminalbeamtin befremdet an. »Wer erzählt denn
solchen Bockmist? Johnny war nie der Geliebte von Lotte.«
»Er hatte also nie
etwas mit ihr?«, fragte Kotek irritiert nach.
»Mein Gott, sie kennen
sich, ja. Gehen auch ziemlich vertraut miteinander um. Da kann bei Außenstehenden
schon die Phantasie ins Kraut schießen, aber soviel ich weiß,
ist nie was zwischen ihnen gelaufen«, sagte Salma Schleißheimer
gelassen.
Die Ermittlerin war trotzdem
nicht überzeugt. Aus irgendeinem Grund wollte die Zeugin nichts von
einem Verhältnis zwischen Regenmandl und Lotte Heinrich wissen.
»Klar, schließlich
ist Regenmandl ja Ihr Geliebter«, reizte Kotek sie hinterhältig.
»Deshalb verstehe ich auch nicht, warum Sie nicht ihn als Alibi
angeben.«
»Weil ich eben nicht
bei ihm war, sondern bei Lotte.«
»War außer Ihnen
sonst noch jemand bei Frau Heinrich? Vielleicht ihre Tochter oder einer
ihrer Kunden?«
»Nein, Lotte hatte um
diese Zeit keinen Kunden. Übrigens sind die Wände im Tierpräparator-Häusl
sehr hellhörig. Die Anwesenheit einer dritten Person hätte ich
ganz bestimmt bemerkt. Wenn zum Beispiel Julie da ist, muss Lotte sie ständig
ermahnen, die Musik leiser zu stellen oder die Kopfhörer zu benutzen.«
»Julie war aber nicht
da?«, fragte die Ermittlerin noch einmal.
»Nein, ganz sicher
nicht. Lotte und ich waren allein im Haus.«
»Und dieses Alibi ist
jetzt das richtige?«
»Allerdings. Hören
Sie: Kann ich wieder zu meiner Tochter? Sie braucht mich jetzt dringend.«
»Gleich, Frau Schleißheimer.
Die hiesigen Kollegen haben Sie sicher informiert, dass gestern in Ihr
Haus eingebrochen worden ist, während Sie bei Ihrer Mutter waren?«
»Haben sie, ja.«
»Mehr fällt Ihnen
dazu nicht ein? Es sind keine Wertsachen entwendet worden, was also könnte
der Eindringling gesucht haben?«
»Ich habe nicht die
leiseste Ahnung. Das herauszufinden ist ja wohl Ihre
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