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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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aufgelehnt und wäre deshalb von den beiden ermordet
     worden?«
    Simcits zog die Schultern
     hoch. »Noch vor zwei Tagen hätte ich darüber so wie Sie
     ungläubig den Kopf geschüttelt. Aber Fredl dürfte da
     wirklich auf einen dicken Hund gestoßen sein. Nach der Szene, die
     Johnny mir gestern gemacht hat, muss ich das jedenfalls annehmen. Schon in
     den Wochen zuvor war er zeitweise ungenießbar. Er vermutete etwas,
     wie Sie richtig bemerkt haben. Gestern habe ich ihn dann überhaupt
     nicht mehr wiedererkannt. Er hat mich niedergebrüllt –«
    »Und geschlagen?«,
     warf Kotek ahnungsvoll ein.
    »Ja, er hat mir auch
     ein paar reingehauen, aber das freilich nicht zum ersten Mal. Er braucht
     das – auch beim Sex –, um auf Touren zu kommen. Neu war
     allerdings die definitive Kündigung zum ersten Oktober. Gefeuert hat
     er mich ebenfalls schon oft, aber jetzt hat er es das erste Mal ernst
     gemeint. Todernst.«
    »Warum betonen Sie das
     so?«, fragte Kotek.
    Wieder zuckte Simcits mit den
     Schultern. »Weiß nicht. Vielleicht will ich damit nur
     unterstreichen, dass ein Lebensabschnitt für mich und ihn zu Ende
     geht.«
    »Was Sie Fredl Schleißheimer
     gestattet haben, war ein absoluter Vertrauensbruch Ihrem Arbeitgeber gegenüber«,
     merkte Feuersang an. »Auch wenn ich kein erklärter
     Kapitalistenfreund bin, ist das ein hundertprozentiger Kündigungsgrund.«
    »Was heißt schon
     Arbeitgeber?« Simcits blies die Atemluft geräuschvoll durch die
     Nase. »Er war der Patron und ich die Sklavin. Was Johnny sich im
     Lauf der Jahre mir gegenüber immer wieder geleistet hat, war das etwa
     kein permanenter Vertrauensbruch? Ich habe ihm die schönsten Jahre
     meines Lebens geschenkt, meine Jugend, und er gibt mir jetzt den finalen
     Tritt in den Hintern. Toll, nicht wahr? Nein, ich bereue nicht, dass ich
     Fredl helfen wollte – auch wenn’s nichts genützt hat.
     Übrigens habe ich noch zwei Aussagen zu machen.«
    Hätte Kotek bisher noch
     Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit gehabt, waren diese jetzt
     verschwunden: Vesna Simcits schien unter das Kapitel »John Silver«
     wirklich und endgültig einen Schlussstrich ziehen zu wollen.
    »Ja, bitte, Frau
     Simcits?«
    »Johnny – also,
     Herr Regenmandl – war am Samstagnachmittag nicht hier, wie ich bei
     der Gendarmerie aussagen sollte. Auch telefonisch war er nicht erreichbar.
     Als ich den Bürgermeister auf der Bauernherbst-Eröffnungskonferenz
     anrief und Johnny sprechen wollte, sagte er mir, er sei gar nicht mehr da.«
    »Das erzählt Ihnen
     der Bürgermeister so einfach am Telefon?«, fragte Feuersang
     ungläubig. »Ihnen, der Haushälterin?«
    Simcits musterte ihn
     geringschätzig und entblößte tadellose weiße Zähne
     unter einer verächtlich hochgezogenen Oberlippe.
    »Stellen Sie sich vor,
     Ferdl Zederhauser, unser Bürgermeister, gibt sogar einer Haushälterin
     Auskunft, wenn die ihn etwas fragt. Bei Ihnen in der Stadt ist das wohl
     eher unüblich, was?«
    Ehe Feuersang noch eine süffisante
     Antwort geben konnte, sagte Kotek: »Sie wollten noch eine zweite
     Aussage machen. Bitte.«
    Einen Augenblick lang schien
     es, als würde Simcits es sich doch noch anders überlegen. Dann
     aber gab sie sich einen Ruck. »Gestern rief ihn, wie schon erwähnt,
     Salli an und erzählte ihm von Fredls Rekorderaufnahmen. Er tobte zunächst
     wie ein Irrer, beschimpfte mich aufs Ordinärste und kündigte mir
     zum Ersten. Dann hatte er es plötzlich wahnsinnig eilig, an den
     Tresor zu gehen und anschließend mit PC, Laptop und Aktentasche in
     seinem englischen Anbrater-Auto abzuhauen.«
    »Entschuldigung, aber
     was verstehen Sie unter einem Anbrater-Auto?«, fragte Kotek, die
     schon ahnte, was damit gemeint war.
    »Ein Anbrater-Auto ist
     ein Wagen, den eher unansehnliche Männer benutzen, um bei Frauen zu
     landen.«
    »Aber so unansehnlich
     kann Regenmandl doch nicht sein, schließlich haben Sie ihm
     freiwillig Ihre schönsten Jahre geopfert«, zitierte Kotek sie.
    »Er sieht nicht toll
     aus, aber er hat Geld und ist ein guter Stecher«, gab Simcits mit
     entwaffnender Ehrlichkeit zu. »Oder haben Sie geglaubt, ich bin
     wegen seines schönen blauen Auges so lange bei ihm geblieben?«
    Das Haustelefon läutete.
     Simcits hob ab und hörte dem Anrufer einige Sekunden lang zu. »Ja,
     sie sind hier«, sagte sie dann gelassen und reichte Kotek den Hörer.
     Die drückte auf die Lautsprechertaste, um Feuersang mithören zu
    

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