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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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»Was sagt man dazu:
     Ein Nachbar der Schleißheimer hat gestern Abend auf dem Nachhauseweg
     vom ›Laféner Stüberl‹ den Range Rover
     Regenmandls gesehen. Er parkte am Beginn der Dorngasse.«
    »Dorngasse?«,
     fragte Melanie Kotek stirnrunzelnd.
    »Die Straße, in
     der das Haus der Schleißheimer liegt«, half ihr Feuersang auf
     die Sprünge. »Und die Beobachtung wurde exakt zu der Zeit
     gemacht, als Donatella Hojasch den Einbruch bei den Schleißheimers
     bemerkt haben will.«
    »Aber warum sollte
     Regenmandl in Salma Schleißheimers Haus einbrechen? Dazu hat er doch
     wahrscheinlich jederzeit Zutritt. Sie selbst hat gestern unmittelbar vor
     unserer Verabschiedung gesagt, sie würde ihn gleich anrufen, um sich
     von ihm trösten zu lassen.«
    Feuersang war kein heuriger
     Hase. »Sie hat ihn angerufen, und die Folgen sind uns bekannt«,
     sagte er mit einem bezeichnenden Seitenblick auf Simcits. »Dann fuhr
     sie weg – ob wirklich zu ihrer Mutter, ist im Moment zweitrangig.
     Dass sie aber im Begriff war wegzufahren, hat sie Regenmandl gegenüber
     sicher erwähnt. Vielleicht wollte er die Geliebte bei der Suche nach
     den gestohlenen Unterlagen ja nicht dabeihaben und hat dreist die
     Gelegenheit genützt. Ich wette, er hat einen Schlüssel zu Schleißheimers
     Heim.«
    »Sollte er dessen Büro
     in Abwesenheit der Witwe durchwühlt haben, hätte es sich demnach
     nur um unbefugten Zutritt gehandelt und nicht um Einbruch«, präzisierte
     Kotek.
    Feuersang blickte
     hilfesuchend an die Decke. »Ob Einbruch oder unbefugter Zutritt
     – spielt das jetzt eine Rolle? Für uns zählt doch nur,
     dass er dort gewesen sein könnte.«
    »Umso mehr befremdet es
     mich, dass die Hofgasteiner Kollegen sein auffälliges Auto nicht
     bemerkt haben wollen.«
    »Sie haben es sicher
     bemerkt, sich aber nicht darüber gewundert. Salli Schleißheimer
     erfährt, dass ihr Mann ermordet worden ist, und natürlich ruft
     sie da sofort den Geliebten an. No na! Und der fährt zu ihr, aus
     welchen Gründen auch immer. Verstehst du? Man rechnet damit, dass er
     sie besucht. Weshalb sollte man ihn dann mit einem Einbruch bei ihr in
     Verbindung bringen?«
    »Eins zu null für
     dich, Leo. Ich glaube, sobald Olivers Leute endlich da sind, können
     wir für heute unsere Zelte hier abbrechen. Er hat zwei Mann für
     Regenmandls Villa abgestellt, denn so schnell sind sie auf dem Laderdinger
     Alpl wohl nicht fertig. Für uns wird es Zeit, mit der Bachblüten-Lotte
     ein paar Takte zu reden. Übrigens brauchen wir auch dort die Spusi.«
    »Ich hab Stubi schon
     Bescheid gesagt, aber er rotiert schon. Können wir nicht endlich was
     essen? Es ist doch gleich zwei. Ich hab einen Mordskohldampf.«
    Kotek grinste mitfühlend.
     »Ich versprech’s, nach der Vernehmung der Heinrich gehen wir
     essen, wohin auch immer du willst.«

 
    10
    DAS BLOCKHAUS der Bachblüten-Lotte
     befand sich in der Nähe des Präau-Gutes zwischen der Ortschaft
     Luggau und Dorfgastein. Erbaut hatte es ursprünglich Karl Heinrich,
     auch Wuschzn-Charly genannt, der Vater von Lotte Heinrich. Melanie Kotek
     rekapitulierte auf der Hinfahrt, was ihr Matthias Höllteufel über
     das Haus und seine Besitzer erzählt hatte.
    Vor eineinhalb Jahrzehnten
     hatte Karl Heinrich mit der jüngeren Tochter Steffi bei Nacht und
     Nebel Österreich verlassen. Es hieß, er wollte seinen vielen Gläubigern
     entkommen. Zuvor aber hatte er seinen einzigen Besitz, das Blockhaus auf
     dem kleinen Fleck zwischen den beiden Präauer Wiesen, mündelsicher
     der damals sechzehnjährigen Tochter Lotte überschrieben. Jahre
     später ließ diese die Fundamente teilweise neu aufmauern und
     das morsche Gebälk bis zum Giebel ersetzen, doch der romantische
     Charakter von einst war im Großen und Ganzen erhalten geblieben.
    Wuschzn-Charly war ein
     begnadeter Holzschnitzer und Tierpräparator gewesen. Eine
     Krampus-Larve vom Wuschzn-Charly steigerte in der Perchten-Szene den Stolz
     des Besitzers und den Neid der weniger Glücklichen.
    Für Jäger und
     Haustierbesitzer beiderlei Geschlechts galt Ähnliches. Die einen ließen
     Teil- oder Vollpräparate bei ihm anfertigen, um sich für immer
     an ein intensiv empfundenes Jagderlebnis zu erinnern, die anderen den
     dahingegangenen Liebling ausstopfen, um ihn so vor dem Vergessen zu
     bewahren.
    So gesehen hätte
     Heinrich aufgrund seiner Fähigkeiten ein wohlhabender Mann sein können.
     Hätte. Denn unseligerweise war

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