Dohlenflug
Kotek, »warum haben Sie geweint, als ich Sie vorhin anrief?«
»Geweint? Aber ich habe
doch gar nicht geweint. Wie kommen Sie darauf?«
»Doch, Sie haben
geweint. Hat Regenmandl Sie gemaßregelt, weil Sie Fredl Schleißheimer
an seinen Tresor gelassen haben?«
»Fredl Schleiß…«
Simcits verstummte, und ihre Augen begannen sofort feucht zu glänzen.
»Ja, Fredl Schleißheimer.
Haben Sie ihn an Regenmandls Tresor gelassen? Wer sonst hätte ihm den
Nummerncode verraten können?«
»Ist Fredl wirklich
tot? Seit heute Morgen wird es immer wieder auf Salzburg-Regional
gemeldet.«
Ihr Versuch, der Frage
auszuweichen, war dilettantisch. Kotek hatte fast Mitleid mit ihr.
»Frau Simcits, Sie
wussten schon gestern, dass Schleißheimer ermordet worden ist. Sie
haben es von Regenmandl erfahren. Salma Schleißheimer hat ihn
angerufen und ihm bestimmt auch von der Tonbandaufnahme erzählt.
Damit wusste er definitiv, was er bis dato nur geahnt hatte, nämlich
dass Sie Ihre Vertrauensstellung missbraucht haben. Dass er Sie daraufhin
zusammengefaltet hat, ist nicht wirklich verwunderlich. Ich habe mich
über Sie erkundigt, Sie waren jahrelang mit ihm liiert. Zunächst
waren Sie neben seiner Frau die Zweitgespielin, dann – nach seiner
Scheidung – noch Gelegenheitsmatratze, wenn er sich mit einem seiner
Betthasen überworfen hatte. So was zerrt an den Nerven, immer nur als
Lückenbüßerin herhalten zu müssen, nicht wahr? Und
seit Salma Schleißheimer ihn sich wieder zur Brust nimmt, sind Sie
ganz abgemeldet.«
Simcits öffnete schon
den Mund zu einer Entgegnung, da pfiff Kotek sie an: »Wagen Sie
jetzt ja nicht, mir ins Gesicht zu sagen, das stimme nicht!«
Solchen Verhörmethoden
war die Bosnierin nicht gewachsen. »Nein, bitte, ich geb’s ja
zu: Es stimmt, was Sie sagen.« Ihre Tränen flossen nun noch
reichlicher. Gepresst begann sie zu erzählen: »Fredl ging es
ebenso miserabel wie mir. Seine Frau behandelte ihn wie Dreck und war an
ihm nicht mehr im Mindesten interessiert.«
Wutentbrannt sprang sie von
der Couch hoch. »Und seit Johnny mit dieser Hexe beisammen ist, bin
auch ich, wie Sie richtig bemerkt haben, total abgemeldet. Aber nicht nur
das: Bei jeder noch so kleinen Unstimmigkeit droht er mir mit Entlassung
und Fremdenpolizei, dabei hab ich doch schon seit Jahren die österreichische
Staatsbürgerschaft. Es ist einfach nur demütigend.«
Sie setzte sich wieder.
»Der Fredl, der hat hier vor ein paar Wochen in diesem Fauteuil
gesessen und geheult wie ein Schlosshund. Johnny war an diesem Tag auf
Dienstreise – natürlich mit Salli. Fredl jammerte, Johnny und
Salli würden ihn fertigmachen. Er könne sich nur retten, wenn er
an ein paar Daten auf Johnnys PC und an Unterlagen in seinem Tresor rankäme.«
»An was für
Unterlagen?«, fragte Kotek.
»Unterlagen über
ein unsauberes Geschäft, das Fredl unter Johnnys Anleitung
abgewickelt haben soll. Mehr weiß ich nicht.«
»Und Sie haben sich
schließlich erweichen lassen?«, beschleunigte Feuersang das
Frage- und Antwortspiel.
Simcits nickte. »Ja,
ich habe ihm ermöglicht, sowohl vom PC Kopien der Daten zu ziehen,
als auch im Tresor nachzusehen. Aber nicht nur wegen seines jammervollen
Auftritts. Ich geb’s zu: Ich wollte Johnny eins auswischen. Fredl
hat sich dann hundertmal bei mir bedankt, er hätte jetzt, was er bräuchte.«
»Ja, das hatte er tatsächlich.
Frau Simcits, haben Sie wirklich nicht bemerkt, wie raffiniert Schleißheimer
Ihre Gemütslage ausgenutzt hat? Dass Regenmandl ständig auf
Ihren Gefühlen herumtrampelte, war ihm bekannt, er musste Ihnen also
nur glaubhaft vermitteln, wie sehr auch er unter Salli zu leiden hatte.«
»Das ist doch Quatsch!
Sie haben Fredl Schleißheimer nicht weinen sehen. So was kann man
nicht vortäuschen. Ich glaube eher, Sie und Ihre Kollegen haben sich
von Salli täuschen lassen. Vermutlich hat sie Sie mit ihrer Masche
eingewickelt, mit der sie vor Außenstehenden immer die Dame von Welt
spielt. Natürlich hat sie ihr Leben in dieser Ehe-Farce nach ihren
Vorstellungen gestaltet, aber für Fredl galten nicht dieselben
Bedingungen. Von Anfang an wurde er mit seinen Schwächen erpresst und
stand in dieser Beziehung in jeder Hinsicht immer an zweiter Stelle.«
»Wollen Sie damit
andeuten, er hätte sich mit seinem Tresor-Coup gegen seine Frau und
ihren Liebhaber
Weitere Kostenlose Bücher