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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Referat hoffentlich verantworten.«
    »Ich hab die Möglichkeit
     schon angedeutet, aber umsonst. Sie hat nur den Kopf geschüttelt.
     Sagt, die Polizei könne ihr nicht helfen, wahrscheinlich könne
     ihr niemand mehr helfen.«
    Kotek sprang nun endgültig
     über den eigenen Schatten. »Na gut. Dann parkt ab morgen jemand
     von unseren Leuten vor ihrem Haus, und zwar so lange, bis wir klarer
     sehen. Wenn es sein muss, auch gegen ihren Willen. Lieber lasse ich mich
     von Oskar wegen anfallender Kosten zusammenfalten, als mir vorwerfen zu
     lassen, ich hätte ein Signal missachtet. Aber was anderes: Haben die
     Gasteiner Kollegen auf der Gadaunerer Hochalm irgendeine Spur von Julie
     entdeckt?«
    »Nein, dort oben ist
     sie ganz sicher nicht.«
    »Und auf der
     Laderdinger Alm? Ist da etwas entdeckt worden, das auf ihre Anwesenheit
     hinweist?«
    »Es sieht so aus, als wäre
     vor Kurzem jemand in Regenmandls Hütte gewesen. Vermutlich er selbst,
     als er Werkzeug holte, um den Laptop irgendwo außerhalb der Hütte
     zu vergraben. In der Hütte ist der Laptop jedenfalls nicht. Auch
     nicht im gut getarnten Keller unterm Fußboden, wo wir Ölzeug,
     Reste einer Plastikplane und eine Rolle Klebeband gefunden haben.«
    »Regenmandls
     Anwesenheit gestern Nacht würde nicht zwangsläufig eine allfällige
     frühere oder spätere Anwesenheit Julies ausschließen«,
     philosophierte Kotek, indem sie Anleihen bei Sir Carl Popper nahm.
    »Nun, da hast du sicher
     recht«, räumte Stubenvoll ein. »Ich habe Werner
     angewiesen, die Umgebung der Hütte in einem größeren
     Radius abzusuchen. Leider negativ.«
    »Das ist mir zu wenig.
     Fordere doch bitte eine Hundestaffel an. Die Männer sollen die ganze
     Alm morgen noch einmal gründlich absuchen.«
    Im Obergeschoss ging eine Tür.
     Feuersang stand auf der Freitreppe. »Melanie? Frau Schleißheimer
     möchte mit dir reden.«
    »Okay, Oliver«,
     brachte Kotek das Handygespräch zum Ende, »melde dich bei mir,
     falls ihr noch was findet. Ansonsten könnt ihr für heute abrücken.
     Und morgen Vormittag nehmt ihr euch dann das Haus von Paul Marageter,
     seine Wohnung im ›Hotel Bonavista‹ und seine anderen
     gepachteten Bettenburgen vor. Leo wird dafür eure Anlaufstelle sein.«
     Sie legte auf.
    »Frau Schleißheimer
     meint, über gewisse Dinge könne eine Frau leichter mit einer
     Frau reden als mit einem Mann«, fuhr Feuersang fort. »An ihrem
     Alibi vom Samstagnachmittag hält sie übrigens fest. Sie sei um
     vier Uhr nachmittags zusammen mit Lotte Heinrich allein in deren Haus
     gewesen.«
    Salma Schleißheimer
     trat hinter ihm aus dem Büro. »Schon eigenartig, welche neuen
     Erfahrungen man mit Menschen machen muss, mit denen man nicht nur das Bett
     geteilt hat«, sagte sie bitter. »Dabei verstehe ich immer noch
     nicht, warum es mein, wohlgemerkt, echtes Alibi nicht sein darf, das
     falsche, das Lotte ihrer Tochter und Johnny gibt, aber schon.«
    »Das hat vermutlich
     mehrere Gründe, Frau Schleißheimer«, sagte Kotek, den
     Frust der Zeugin aufgreifend. »Einen Moment, ich komm zu Ihnen rauf
     ins Büro. Leo, bist du so nett und bleibst einstweilen bei Chrissie?«
    »Verdammt«,
     begehrte Chrissie auf, »warum werd ich von solchen Gesprächen
     von vornherein immer ausgeschlossen? Ist es denn ein Wunder, wenn bei so
     einem Verhalten das Vertrauen zwischen Mutter und Tochter immer mehr
     schwindet?«
    »Deine Mutter,
     Chrissie, kann nichts für unsre Arbeitsweise«, erklärte
     Kotek und musste über die altkluge Ausdrucksweise des Mädchens
     schmunzeln. »Zeugen oder Verdächtige werden grundsätzlich
     einzeln vernommen, es sei denn, die Situation erfordert etwas anderes, zum
     Beispiel ein Tandemverhör. Also sei friedlich. Ich habe dir vorhin
     doch versprochen, dich auf jeden Fall mindestens noch ein Mal zu besuchen.
     Dann wirst du auch wirklich alles erfahren, was du wissen musst.«
    »Ein salomonischer
     Satz, elastisch wie Kaugummi«, schmollte Chrissie nach wie vor,
     musterte aber gleichzeitig neugierig den bulligen Leo Feuersang. So wie
     ihn hatte sie sich schon immer diverse Figuren aus der klassischen
     Mythologie vorgestellt, vor allem Satyrn und Kentauren. Ganz besonders
     aber fiel ihr beim Anblick Feuersangs der Minotaurus im Labyrinth von
     Kreta ein.

 
    13
    KOTEK SCHLOSS die Tür
     hinter sich. Das Büro war nicht groß. Die Möblierung
     bestand außer aus zwei Wandschränken, einer Stellage und einem
     nierenförmigen

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