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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Schreibtisch nur aus einem Bürosessel. Die
     Beamtin überließ Salma Schleißheimer den Sessel und
     setzte sich auf die Schreibtischkante.
    »Den wichtigsten Grund
     für Lotte Heinrichs Verhalten haben Sie selbst schon am Telefon
     genannt«, knüpfte sie an die zuletzt gestellte Frage an.
     »Und gerade vorhin wieder: Sie braucht das Alibi für ihre
     Tochter. Frau Heinrich glaubt, dass Julie etwas mit dem Mord an Ihrem Mann
     zu tun hat, Frau Schleißheimer. Ihre aktuelle Aussage, Sie seien am
     Samstagnachmittag von drei bis vier Uhr allein mit Lotte Heinrich in deren
     Haus gewesen, sieht Frau Heinrich deshalb als Gefahr für ihre
     Tochter.«
    »Und außerdem
     scheint auch Johnny plötzlich ein Alibi zu brauchen. Das geschieht
     ihm ganz recht, warum spricht er darüber nicht mit mir?« Salma
     Schleißheimers Zorn und Enttäuschung waren nicht gespielt.
    »Ich glaube nicht, dass
     dieses Alibi, das von Lotte Heinrich ins Spiel gebracht wurde, seine Idee
     war«, wandte Kotek ein. »Vielmehr scheint sie ihn zu seiner
     Bestätigung genötigt zu haben. Und deshalb, Frau Schleißheimer,
     sind Sie jetzt an der Reihe: Womit hat Lotte Heinrich Ihren Lover in der
     Hand? Ist es dieselbe Angelegenheit, mit der auch Ihr Mann versucht hat,
     ihn zu erpressen?«
    Salma Schleißheimer schüttelte
     den Kopf. »Fredl wollte ihn sicher nicht im klassischen Sinn
     erpressen. Er fühlte sich von Johnny und mir ausgebootet,
     beiseitegeschoben. Inzwischen sehe ich seinen scheinbar so frechen
     Einbruch in Johnnys Haus als einen verzweifelten Akt der
     Selbstverteidigung. Mit den Infos, die er sich da widerrechtlich
     angeeignet hatte, wollte er einer allfälligen Entlassung vorbeugen,
     wollte sich dagegen wehren, das Bauernopfer nach der Revision zu werden.
     Nur dahingehend hat er versucht, Druck auszuüben.«
    »Die Motive Ihres
     Mannes stellen wir vorläufig einmal zurück. Sie haben doch meine
     Frage verstanden. Hat Lotte Heinrich dasselbe oder ein ähnliches
     Druckmittel Jean Pierre Regenmandl gegenüber in der Hand, wie es Ihr
     Mann hatte?«
    Salma Schleißheimer
     blickte unschlüssig zu Boden.
    »Sie wollten doch
     vorhin lieber mit einer Frau sprechen«, sagte Kotek nachdrücklich.
     »Nun, ich bin eine Frau. Was soll ich noch dazu sagen? Nichts
     Menschliches ist mir fremd?«
    Schleißheimer blickte
     hoch und Kotek direkt in die Augen. »Was ich Ihnen jetzt anvertraue,
     muss nicht zwangsläufig etwas mit dem Mord an Fredl zu tun haben,
     aber ich werde einfach das Gefühl nicht los, es könnte da eine
     Verbindung geben. Und diese zu finden oder auszuschließen ist Ihre
     Aufgabe, Frau Oberleutnant Kotek.«
    Die Beamtin nickte bekräftigend
     und zog ein Aufnahmegerät aus einer Tasche ihrer schicken Windjacke.
     »Was dagegen, wenn ich den Rekorder als Gedächtnisstütze
     zu Hilfe nehme?«
    Salma Schleißheimer schüttelte
     den Kopf und begann zu erzählen. »Ich habe ja schon heute
     Vormittag auf dem Posten durchblicken lassen, dass ich in meiner Jugend
     ein ziemliches Früchtchen war …«
    Nüchtern und scheinbar
     emotionslos gab sie Einblick in einen Abschnitt ihres Lebens, den sie
     bisher wohl den meisten Menschen gegenüber unter Verschluss gehalten
     hatte. Melanie Kotek bekam eine Gänsehaut nach der anderen.
    Angeblich hatten sich vor
     circa zwanzig Jahren vier honorige Gasteiner Bürger zusammengetan, um
     geheime Orgien zu veranstalten. Diese vier Männer, die sogenannte
     Quadriga, waren der Hotelier und Notar i. R. Dr. Kajetan Czerwenka, der
     mittlerweile verstorbene Friseurmeister und Hotelier Hans Häuslschmied,
     der ebenfalls verstorbene Medizinalrat Dr. Bruno Donati und der damals
     noch junge, ehrgeizige Bankangestellte Jean Pierre Regenmandl. Die drei
     älteren hatten schon jahrelang in Thailand einschlägige
     Erfahrungen gesammelt und waren eines Tages auf die Idee verfallen, die
     Parameter des thailändischen Sextourismus auf heimatliche Gefilde
     umzulegen. Regenmandl selbst war nicht unbedingt pädophil orientiert,
     aber sein Beuteschema schloss minderjährige Mädchen durchaus mit
     ein, wenn sie gut entwickelt waren. Bereitwillig übernahm er Planung
     und Organisation. Was aber trieb thailändische Jugendliche in die Hände
     von Päderasten? Richtig, die bittere Armut ihrer Familien. Die Armut
     war der Motor des Geschäfts, und Regenmandl wusste, was zu tun war.
     Er suchte nach Kindern, die unter unsäglichen Familienverhältnissen
     aufwuchsen. Nach Töchtern

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