Dohlenflug
tägliche Straße
finanzieren konnte.«
»Waren denn auch Kokain
oder andere Drogen im Spiel, um die Mädchen gefügig zu machen?«
»Gelegentlich.«
Die plötzliche Einsilbigkeit Salma Schleißheimers ließ
Kotek dieses Thema nicht weiterverfolgen.
»Sie sagten eben, auch
Ihr Freund Regenmandl wurde immer reicher. Seine Karriere kann ich mir gut
vorstellen. Sein Wohlstand wird proportional zu den Connections gewachsen
sein, aber wie war das bei Häuslschmied? Warf sein Friseurgeschäft
wirklich so viel ab, dass er sich so ein kriminelles und schweinisches
Hobby leisten konnte?«
»Da muss ich leider
etwas unscharf bleiben. Hans Häuslschmied hatte Amanda Münzner,
die Erbin eines kleinen, aber feinen Hotels, geheiratet und richtete sich
nach dem Krieg nicht nur einen Frisiersalon, sondern gleich deren drei
ein, wobei alle drei relativ gut liefen. Schließlich frequentierten
viele alte Kameraden und deren Familien seine Geschäfte. Außerdem
soll Hans auch mit Spekulationen an der Börse Glück gehabt
haben. Muss er ja wohl auch, wenn man an das traumhafte Landhaus hoch
über dem Millstättersee denkt oder an den weißen Bungalow
bei Rovinj mit vorgelagertem Bootshaus und Achtunddreißigfuß-Segeljacht
– übrigens in Sichtweite zu Johnnys Villa, die etliche hundert
Meter landeinwärts liegt – und nicht zuletzt an seine
zahlreichen superteuren Benzinkutschen.«
»Alte Kameraden? Das
klingt nach Flieger, Fallschirmjäger oder gar SS.«
»Sie sagen es. Häuslschmied
war wie etliche andere Gasteiner auch bei der Waffen-SS, woraus übrigens
nie ein Geheimnis gemacht wurde. Im Krieg hatte er auch gute Beziehungen
zur kroatischen Ustascha, das weiß ich von Johnny.«
»Wenn Häuslschmied
aber schon vor Jahren verstorben ist, wer sind dann seine gesetzlichen
Erben? Seine Kinder?«
»Er hatte keine,
jedenfalls keine offiziellen. Alles, was er besaß, gehört heute
seiner Frau Amanda, die inzwischen dreiundachtzig ist und angeblich
Alzheimer oder die Binswanger-Krankheit hat, wie behauptet wird, was aber
letztendlich auf dasselbe hinausläuft. Das Hotel hat sie vor ein paar
Jahren verkauft und lebt seither als Privatier in ihrer Villa in
Gadaunern.«
»Und wie lange hat
dieses Martyrium für Sie, für die anderen Mädchen und die
beiden Buben gedauert?«, kehrte Kotek wieder zum Kernthema zurück.
»Für mich zwei
Jahre, dann hat mich Johnny da rausgeholt. Er hatte gewisse Talente an mir
schätzen gelernt und eine kleine Schwäche für mich
entwickelt. Eines Abends passte ihm nicht mehr, dass sich manchmal auch
seine Kumpane an mir vergingen. Die hatten nichts gegen meinen Abgang,
denn mittlerweile war ich beinahe sechzehn und für ihren Geschmack
ohnehin zu alt und üppig. Mit Drohungen und einer ansehnlichen
Abfindung versicherte man sich meiner Diskretion und ersetzte mich durch
eine dünne Elfjährige, Lottes jüngere Schwester Steffi.«
»Grauenhaft«,
entschlüpfte es Kotek trotz aller berufsbedingten Abgebrühtheit.
»Was für ein Vater. Für solche Menschen wünscht man
sich die Jenseits-Vorstellungen des Mittelalters zurück.«
Salma Schleißheimer ließ
Koteks Gefühlsausbruch unkommentiert.
»Und wie lange dauerte
es noch für Ihre Leidensgenossen?«, wiederholte Kotek ihre
Frage.
»Noch ein Jahr, dann
war von einem Tag auf den andern Schluss. Der Auslöser war der
unberechenbare und schwer auf Linie zu haltende Wuschzn-Charly. Ein
kinderloser Onkel seiner verstorbenen Frau Else hatte ihm, genauer gesagt
seinen Töchtern Lotte und Stefanie, einen stattlichen Bauernhof und
einige Hektar Wald im Innviertel vermacht. Statt aber nun stillschweigend
seine Schulden abzutragen und sich so aus der Abhängigkeit von der
Quadriga zu lösen, riss Charly das Maul in den Gasthäusern
Gasteins noch weiter auf als bisher.«
»Was zur Folge hatte,
dass sich seine Gläubiger bei ihm anstellten?«, vermutete
Kotek. Schleißheimer nickte.
»Anscheinend hatte er
dann aber doch einen lichten Moment, vielleicht auch nur eine sentimentale
Anwandlung. Jedenfalls begriff er, dass er schon wieder dabei war, die
Zukunft seiner Kinder zu verspielen, und zog die Notbremse. Mit Johnnys
nicht ganz uneigennütziger Hilfe hat er das Erbe der Kinder in einer
Nacht-und-Nebel-Aktion veräußert und damit sein eigenes Haus
weitgehend von den Hypotheken befreit.«
»Und was haben die Mädchen
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