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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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meines Vaters eigentlich zur Bestattung freigegeben?«
    »Spätestens in
     drei Tagen. Länger wird die Gerichtsmedizin für die nötigen
     Untersuchungen und den Abschlussbericht sicher nicht brauchen.«
    »Ja, so eine
     Beisetzung, die ist … wichtig. Man muss Abschied nehmen können.«
     Ihre Augen wurden wieder feucht.
    Kotek ließ ihr Zeit.
     Und tatsächlich: Eine weitere Frage war Chrissie im Moment wichtiger
     als ihr Kummer. »Schauen Sie noch einmal bei uns vorbei, wenn
     … wenn Sie den Fall gelöst haben? Ich weiß, Sie werden
     ihn lösen.«
    »Egal, wie’s
     ausgeht, Chrissie, ich werde sicher noch einmal bei dir vorbeischauen.
     Versprochen! Oh, entschuldige mich bitte.«
    Koteks Handy hatte begonnen,
     den dritten Satz von Schumanns Vierter zu intonieren. Während sie den
     Anruf entgegennahm, sah sie einen Anflug von Freude im Gesicht des Mädchens
     aufblitzen und lächelte es an.
    Stubenvoll war dran. Sie
     stellte den Ton leiser.
    »Volltreffer, Melanie.
     Du wirst es nicht glauben. Und das, obwohl wir erst seit einer halben
     Stunde in Luggau bei Frau Heinrich sind. Zunächst haben wir uns das
     Zimmer ihrer Kleinen vorgenommen und dann, nach den üblichen
     Verstecken, natürlich auch jene überprüft, die gern in
     Holzhäusern Verwendung finden. Unter einem losen Dielenbrett und dem
     Dämmmaterial tat sich im wahrsten Sinne des Wortes eine Fundgrube
     auf. Der Hohlraum enthielt ein Handy, einige hundert Euro Bargeld und eine
     Junior-Bankomatkarte, die auf Julies Namen ausgestellt ist. Und noch was.
     Julie führt sogar ein Tagebuch, was ihrem Sugardaddy ganz sicher
     nicht gepasst hätte.«
    »In ihrem Alter nicht
     ungewöhnlich, aber für uns ein Glücksfall«, flocht
     Kotek, von Stubenvolls Euphorie angesteckt, ein.
    »Stimmt. Sie hat in dem
     Büchel penibel festgehalten, wann sie es wo mit wem getrieben hat. Zu
     ihrer Ehrenrettung gleich vorweg: Sie hatte mit dreizehn einen fünfzehnjährigen
     Freund, mit dem sie ihr erstes Mal erleben wollte. Eine nicht weiter erwähnenswerte
     Angelegenheit auf einer Damentoilette am Badesee, notiert sie dazu. Einige
     Wochen später hat sie es dann mit einem Grundwehrdiener auf dem
     Feuerwehrwiesenfest probiert, was ebenfalls ziemlich ernüchternd
     endete. Der Jüngling war zudem notorisch pleite und die Beziehung
     nach vierzehn Tagen zu Ende. Der nächste Lover war bereits Fredl
     Schleißheimer. Er hat sie über seine Tochter Chrissie
     kennengelernt und sie von da an immer wieder zufällig getroffen. Vor
     einem Jahr, ebenfalls im September, wollte Julie wieder einmal ihre
     Freundin Chrissie besuchen, die aber, ebenfalls zufällig, mit ihrer
     Mutter nach Salzburg zum Shoppen gefahren war. Nur Fredl war da, schreibt
     sie. Mit ihm konnte man unheimlich gut reden, ganz anders als mit
     chronisch klammen Dumpfbacken hinterm Bierzelt. So viel zum Beginn ihrer
     Lolita-Karriere.«
    »Und von da an haben
     sie sich regelmäßig verabredet?«, versuchte Kotek den
     Bericht des Kollegen voranzutreiben.
    »Du sagst es.
     Bevorzugte geheime Treffpunkte waren die Rettenwänd- und die Häuslschmied-Hütte,
     die übrigens seit einigen Jahren Regenmandl gehört. An welchen
     Tagen Letztere verfügbar war, wusste Fredl Schleißheimer natürlich
     ganz genau. Wenn sein Chef mit Salma oder einer anderen Frau auf seinem
     Weingut im Südburgenland oder seinem Anwesen bei Rovinj oder sonst wo
     war, hatte er auf der Laderdinger Alm sturmfreie Bude. Nun, alles andere
     kannst du ja später selbst lesen.«
    »Was habt ihr sonst
     noch gefunden? Ehrlich gesagt halte ich die Hausherrin für
     interessanter als ihre Tochter.«
    »Da muss ich dich
     leider enttäuschen. Über sie haben wir rein gar nichts
     ausgegraben, wenn man mal vom üblichen Papierkram absieht.
     Buchhaltung und Korrespondenz auf ihrem PC sowie einige CDs müssen
     wir uns allerdings erst noch ansehen.«
    »Schade. Sonst noch
     was?«
    »Ja. Du weißt,
     dass ich mich normalerweise nie in eure Arbeit einmische, aber diese
     Anmerkung muss ich einfach loswerden.«
    »Nämlich welche?«,
     fragte Kotek.
    »Julie hat nie und
     nimmer etwas mit der Ermordung Schleißheimers zu tun. Im Gegenteil:
     Als erwachsener Mann war er wohl der Tonangebende zu Beginn der Beziehung,
     aber je länger diese währte, umso stärker bestimmte sie, wo’s
     langging. Das geht eindeutig aus ihren Notizen hervor. Warum also hätte
     sie ihn umbringen sollen?«
    »Habt ihr schon die
     Mutter mit dem Tagebuch

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