Dohlenflug
ansehnliches
Guthaben besaß. Regenmandl war bei der Sichtung alter Aufzeichnungen
im Archiv der Bank zufällig darauf gestoßen.«
»Aber woher hatte
Alexander Czerwenka senior plötzlich Geld in harter Währung?«
»Wer von den
Einheimischen hatte am Ende des Zweiten Weltkriegs und kurz danach überhaupt
solches Geld?«, stellte Weider die Gegenfrage. »Wenn wir von
den paar zurückgekehrten Vertriebenen und Flüchtlingen absehen,
kommen nur Kriegsgewinnler, Nazi-Bonzen und ähnliche Gestalten in
Frage.«
»Oskar hat also mit dir
über seine diesbezüglichen Vermutungen gesprochen?«
»Hat er. Aber keine
Angst, ich habe nicht vor, mit eurer abenteuerlichen Hypothese hausieren
zu gehen. Allerdings ist tatsächlich kaum vorstellbar, dass Häuslschmied
schon am Beginn der fünfziger Jahre mit Erlösen aus seinem
ersten Friseurgeschäft an der Börse spekuliert und hohe Gewinne
abgesahnt hat. Noch seltsamer aber ist, dass er anschließend
ausgerechnet die Hälfte jener Immobilien kauft, die der altvordere
Czerwenka nach Kriegsende auf höchst dubiose Weise erworben hat.«
»Du tippst also auf
einen Scheinkauf, der durch ordnungsgemäße Versteuerung
legalisiert wurde?«, spann Kotek den Gedanken weiter. Während
sie das auf einer flachen Hügelkuppe gelegene »Weitmoser-Schlössl«
passierte, begann zu ihrer Rechten das romantisch illuminierte Bad
Hofgastein an ihr vorbeizugleiten. »Czerwenka soll Häuslschmied
also nur das zurückgegeben haben, was ihm der halb so alte
SS-Scharführer zwischen
fünfundvierzig und neunundvierzig vorgestreckt hatte?«
»Bingo, ein klassischer
Fall von Geldwäsche – wenn es denn wirklich so war.«
»Ja, wenn es denn
wirklich so war«, wiederholte Kotek. »Leider ist dieser Punkt
bis dato immer noch reine Hypothese. Übrigens ist mir vorhin bei der
Erwähnung von Salma Schleißheimer noch was aufgefallen.«
»Ja?«
»Regenmandl und seine
ihm in Hassliebe verbundene Salli können nicht zum inneren Kreis gehört
haben, sonst würde er über Fakten schreiben und nicht über
Vermutungen.«
»Damit könntest du
recht haben. Wenn du im Moment keine anderen Fragen mehr hast, tust du mir
einen Gefallen?«
»Welchen?«
»Ruf endlich Oskar an.
Weil er dich mit seiner Besorgnis nicht nerven will, liegt er mir alle
zehn Minuten in den Ohren und fragt, ob du dich schon bei mir gemeldet
hast.«
»Mach ich«,
versicherte Kotek. »Ich fahr ohnehin noch zur Discount-Tankstelle
›Posauner‹, von da ruf ich ihn dann an, versprochen.«
33
EINE VIERTELSTUNDE SPÄTER
hatte sie das Gasteiner Tal verlassen und hielt ein Stück außerhalb
des Klammtunnels an der Tankstelle »Posauner Wirt« unterhalb
des bekannten Restaurants.
Trotz vorgerückter
Tageszeit standen etliche Kunden an den Zapfsäulen und an der Kasse.
Als Kotek endlich an die Reihe kam und den RS 4 betankte, befand sie sich
längst im Zentrum nicht nur männlicher Aufmerksamkeit. Der
Pongau ist bekannt für seine hübschen Mädchen, aber einen
so steilen Feger mit kaum zu bändigender Haarmähne bis zum
knackigen Po und einer Jeans, die enger anlag als ein Neoprenanzug, sah
man selbst an dieser stark frequentierten Tankstelle nicht alle Tage.
Doch Kotek war es gewohnt,
angestarrt zu werden. Sie ignorierte die Blicke und nutzte die Wartezeit für
den längst überfälligen Anruf.
»Endlich, Katze!«
Kotek hörte Jacobis
erleichtertes Aufatmen am Handy so deutlich, als stünde er neben ihr.
Es verursachte ihr gemischte Gefühle: Einerseits freute es sie wie
jeden Menschen, der sich geliebt und vermisst fühlt, andrerseits
ärgerte sie Jacobis pingeliges Beharren auf Pünktlichkeit.
»Wo bist du gerade?«
»An der Tankstelle
›Posauner‹. Bisher ist alles paletti. Und wo bist du?«
»In Wien. In meinem
Zimmer im ›Marriott‹ liegt bereits der Terminplan für
morgen. Um neun bin ich zur Zeugenaussage am Bezirksgericht Innere Stadt
Wien bestellt, dann fahre ich zurück ins Hotel und sollte noch was
vom ersten Europol-Vortrag mitkriegen. Für heute Abend habe ich mir
Kopien aller deiner Berichte über den aktuellen Fall als Bettlektüre
bereitgelegt, vom Missbrauch angefangen bis zu deinem ZSP. Hans hält
mich darüber übrigens schon auf dem Laufenden.«
»Soll ich das so
interpretieren, dass ich mit meinen Meldungen säumig bin?«
Jacobi schnaufte unwillig.
»Das war doch kein
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