Dohlenflug
Range?«
»Du bist immer so
kategorisch: Eure Rede sei ja, ja – nein, nein! Alles andere ist
schlecht. Aber so kategorisch ist das Leben nun mal nicht, häufig heißt
es: sowohl als auch. Jederzeit können sich Verdachtsmomente und
Motive ergeben, die wir noch nicht kennen. Theoretisch könnte zum
Beispiel Regenmandls ganzer Besitz verpfändet worden sein und er vor
dem Offenbarungseid stehen, was bei Lebemenschen schon mal vorkommt. Wie
gesagt: theoretisch. Aber er ist nicht der Typ, der sich die Butter vom
Brot nehmen lässt. Nein, Regenmandl kommt für mich als Mörder
eher nicht in Frage, mit oder ohne Alibis.«
»Also stehen für
dich nur noch Marageter und Salma Schleißheimer in der vordersten
Reihe?«, vergewisserte sich Kotek, die durchaus große Stücke
auf Jacobis Instinkt hielt. »Und wer von beiden ist dein Favorit?«
»Wenn Geld das Motiv
ist, kommt auch die Schleißheimer kaum in Frage. Hans hat die
Buchhaltung ihres Mannes gecheckt und abgesehen von einer Hypothek auf dem
Haus nichts gefunden, das Anlass für einen Amoklauf hätte geben
können. Außerdem hat sie, was Geld betrifft, seit Jahren einen
Fachmann an der Hand: Regenmandl. Das alles ist natürlich kein Beweis
für ihre Unschuld, wahrscheinlich würde sie sich jederzeit
prostituieren, um einen lukrativen Coup zu landen, aber diese
apokalyptische Tour – nein, die würde sie nicht abziehen,
Metzgerausbildung hin oder her.«
»Und ihr plötzliches
Verschwinden?«
»Könnte wie bei
Regenmandl auf Anregung des wahren Mörders hin erfolgt sein. Wie
leicht es Q fällt, besorgte Mütter zu manipulieren, hat er uns
ja schon auf makabre Art und Weise gezeigt.«
»Dann wäre das
letzte Negerlein Blaulicht-Pauli.«
»Die Parameter passen,
andererseits verdächtigen wir mit ihm einen integrierten Bürger
und ehemaligen Beamten, der noch dazu jahrelang unentgeltlich als
Rettungsfahrer tätig war –«
»Unentgeltlich
vielleicht, aber nicht uneigennützig«, unterbrach Kotek ihren
Partner, der offensichtlich den Verteidiger Marageters spielen wollte.
»Er hat aus diesen Connections ebenso Vorteile gezogen – wie
Regenmandl eine Liga höher.«
»Aber kannst du dir
einen Serienmörder vorstellen, den die Leute ganz locker flockig
Blaulicht-Pauli nennen?«
»Warum denn nicht? Ich
erspare mir jetzt mal das Klischee, wie rasch sich biedere Bürger in
wahnhafte Würger verwandeln, und verweise auf die tägliche
Schlachtplatte in den Medien.«
Jacobi lachte leise auf.
»Eins zu null für dich. Dann bleiben wir also an Marageter
dran, denn wer auch immer der Täter ist: Er scheint ähnliche
Probleme wie Blaulicht-Pauli zu haben. Weißt du, was mir gerade noch
auffällt? Q scheint es wichtig gewesen zu sein, dass wir Regenmandl
nicht eingehender verhören konnten. Vesna Simcits sagte, man habe ihm
nahegelegt, sich für ein paar Tage zurückzuziehen. Für ein
paar Tage! Das bedeutet doch, dass danach für Q alles gelaufen sein
sollte.«
»Was demnach auf
Marageter nicht zutrifft. Die wahrscheinlich post mortem gefakte
Unterschrift von Schleißheimer hat ihm ja die Verlängerung des
Kredits ermöglicht. Er hat also wieder Luft für Monate, nicht
nur für Tage.«
»Aber so gesehen hätte
er nach dem Mord an Schleißheimer, der für ihn ja noch Sinn
machte, nicht auch gleich Lotte Heinrich erstechen müssen.«
»Trotzdem ist Zeit für
unseren Täter ein Faktor«, bekräftigte Jacobi, während
Kotek am Handy das Ploppen eines Korkens hörte. »Und was fällt
uns bei Marageter nach einem Seitenblick auf Regenmandl und Salma Schleißheimer
noch auf?«
»Auch er ist
verschwunden, obwohl er im Moment weder die Bank noch eine Erpressung zu fürchten
hat. Du meinst doch nicht, dass auch er …?«
»Nein, ich glaube
nicht, dass er ermordet worden ist. Viel eher hat ihn Q ebenso wie die
Randfigur Salli dazu gezwungen, für ein paar Tage unterzutauchen.«
»Und was ist nun die
Quintessenz aus deinen Überlegungen?«
»Wir müssen nach
einem anderen Mörder suchen. Die bisherigen Favoriten sind vermutlich
alle aus dem Rennen.«
»Gut, dass du nicht bei
mir im Auto sitzt! Ich wäre sonst versucht, meine Hände vom
Lenkrad zu nehmen und dich zu erwürgen, und dann würden wir
gemeinsam in die Gasteiner Klamm stürzen. Aber was sollen wir dann
machen? Wieder bei der Missbrauchskiste anfangen?«
Im
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