Dohlenflug
einmal die Kollegen im Südburgenland kontaktiert. Sie haben sich
unverzüglich auf den Weg zu Regenmandls Weingut gemacht und mir
– höre und staune! – innerhalb einer Stunde den Code für
jene CD durchgegeben, die Vesna Simcits in der Ettenau herausgerückt
hat.«
»Donnerwetter, da bin
ich jetzt aber gespannt.«
»Heißt das, ich
soll dir die Quintessenz aus Regenmandls Aufzeichnungen jetzt vorlesen?«
»Wie du das wieder
erraten hast! Noch lieber wäre mir allerdings, wenn du mir das
Wichtigste kurz und bündig in eigenen Worten mitteilen würdest
– bitte!«
»Hm, das Wichtigste ist
tatsächlich mit wenigen Worten gesagt: Regenmandl kam als verhältnismäßig
junger Bankangestellter nach Hofgastein, trotzdem eilte ihm bereits der
Ruf eines abgebrühten Hundes voraus, da er kurz zuvor den
Ski-Fabrikanten Moosrieder ans Messer geliefert hatte –«
»Hans, könntest du
den Bericht auch etwas straffen?«
»Gemach, gemach«,
wies Weider die Ungeduld der Kollegin genussvoll zurück. »Bei
diesem Wetter brauchst du bis Salzburg ohnehin eineinhalb Stunden. Also:
Durch Jagd-, Golf-, Vereins- und sonstige Freunde lernte Regenmandl rasch
jene Leute kennen, die ihm nützlich sein konnten.«
»Einen Moment, ich fahr
eben am Bahnhof Bad Gastein vorbei, da ist eine Baustelle … Okay,
jetzt geht’s wieder. Erzähl weiter.«
»Kurz und gut, es lief
alles so, wie Salma Schleißheimer es schon berichtet hat: Kajetan
Czerwenka, Hans Häuslschmied und andere einflussreiche Gasteiner, die
freilich nichts mit dem Laderdinger Kreis zu tun hatten, ermöglichten
Regenmandl den raschen Aufstieg in der Linzer Sparkasse. Im Handumdrehn
war er Filialleiter der Zweigstelle Bad Hofgastein, wofür er sich mit
nicht ganz astreinen Gegengeschäften bei ihnen revanchiert haben
soll. Alles lief leicht und diskret dahin – auch die Sauereien auf
dem Laderdinger Alpl –, bis Karl Heinrich, jener unsägliche
Wuschzn-Charly, den Kinderschändern auch noch seine jüngere
Tochter zuführte.«
»Ein wirkliches
Dreckschwein«, machte Kotek ihrer Empörung Luft.
»Du sagst es. Steffi
verkraftete den Missbrauch nicht, sosehr ihre ältere Schwester Lotte
auch immer wieder versuchte, ihr Stütze und Halt zu sein. Nach zwei
missglückten Suizidversuchen war absehbar, dass ihr der Selbstmord
irgendwann gelingen würde. Gerade in dieser für die Mädchen
so kritischen Zeit wickelte Regenmandl die Erbschaft im Innviertel für
sie ab.«
»Und von da an
gestalteten sich die Ereignisse wesentlich anders, als Salma Schleißheimer
sie uns geschildert hat?«, vermutete die Zuhörerin, die
schneller am Badgasteiner Mozartplatz vorbeifuhr, als im Ortsbereich
erlaubt war.
»So ist es. Als
gesetzlicher Vormund der noch minderjährigen Töchter sah sich
Karl Heinrich bereits im Besitz dieses Geldes und damit im
Zocker-Schlaraffenland. Er besann sich keineswegs im letzten Moment eines
Besseren, wie bisher immer kolportiert wurde. Im Gegenteil! Er begann das
Erbe der Töchter zu verzocken und zu versaufen, ließ es so
richtig krachen, während Lotte und Steffi nach wie vor auf dem Alpl
dem Missbrauch ausgesetzt waren.«
»Die armen Würmer«,
murmelte Kotek leise, doch Weider hörte es trotzdem.
»Schon, aber auch Würmer
krümmen sich.« Er legte eine Kunstpause ein. Kotek ahnte, dass
danach ein ganz dicker Hund folgen würde.
»An einem Augustmorgen«,
fuhr er fort, »fand Lotte die Schwester ausgeblutet in der
Badewanne. Steffi hatte es endlich geschafft, sich die Pulsadern der Länge
nach aufzuschneiden und sich aus ihrem unerträglichen Leben
davonzustehlen. Etwa um dieselbe Zeit kam ihr Rabenvater aus einem
illegalen Club mit Casino- und Bordellbetrieb nach Hause und fiel
stockbesoffen in sein Bett. Lotte nahm eine Axt, erschlug ihn und rief
dann seelenruhig Regenmandl an. Sie drohte damit, den Laderdinger Kreis
auffliegen zu lassen, wenn ihr nicht geholfen würde.«
»Und natürlich
wurde ihr geholfen«, sagte Kotek sofort, »das beweisen die
Gebeine auf der Laderdinger Alm.«
»Richtig. Der willfährige
Marageter beseitigte zunächst die sichtbaren Spuren der Bluttat im
Tierpräparator-Häusl, und in der darauffolgenden Nacht
bestattete er Steffis Leiche nach Lottes Wunsch neben dem Blockhaus und
pflanzte auf dem gut getarnten Grab eine kleine Silbertanne.«
»Ah, deshalb also die
Rosenköpfe in den Ästen«,
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