Dohlenflug
heikle, ins Kriminelle hineingehende Angelegenheit bleiben natürlich
nicht mehr viele übrig«, sagte sie schließlich sehr
bestimmt. »Es macht nämlich durchaus einen Unterschied, ob man
sich vom nimmermüden Pauli hie und da … äh, beglücken
lässt, weil einem grad danach ist, oder ob man seinetwegen gleich die
eigene Existenz aufs Spiel setzt.«
»Aber warum sollte eine
Bettgefährtin die eigene Existenz aufs Spiel setzen, wenn sie Paul
Marageter Unterschlupf gewährt?«, gab sich Feuersang blauäugig.
»Glaubst du, ich bin
deppert?«, entrüstete sich Resi Neuhuber. »Ich weiß
doch, dass ihr Pauli im Visier habt. Wer sonst sollte der Mörder von
Fredl gewesen sein? Es wurde immer schon gemunkelt, er sei der Vater von
Chrissie, und wenn Fredl – was ich zwar nicht glauben kann, man aber
jetzt allenthalben hört – auf kleine Mädchen stand, dann
–«
»Okay, Resi, ich sehe
schon, du bist im Bilde, aber sei mir nicht bös, wenn ich aufs Tempo
drücke, wir stehn nämlich mächtig unter Zeitdruck. Möglicherweise
hängen weitere Menschenleben von deinen Infos ab. Wer also könnte
Pauli Unterschlupf gewähren?«
Dass ihr heimlicher Schwarm
sie so brüsk unterbrach, schlug Resi Neuhuber doch ein wenig aufs Gemüt,
und so ließ sie sich trotz nochmaliger Aufforderung mit der Antwort
Zeit.
»Hm, da wär zum
einen Hildegard Taxbacher«, fuhr sie nach einer vielsagenden Pause
schließlich fort, »die würde sich für Pauli sogar
vierteilen lassen, ohne von ihm jemals eine Gegenleistung zu verlangen, außer
natürlich, dass er es ihr dann und wann besorgt. Pauli schätzt
diese Selbstlosigkeit bei Damen. Wenn sie ihm nicht den geringsten Druck
machen, hält er ihnen sogar über Jahre hinweg die Treue –
auf seine Schmetterlingsart natürlich. In Hildes Frühstückspension
ist er schon des Öfteren tagelang abgetaucht. Hildes Mann, ein
Ingenieur am Kraftwerks- und Straßenbau, schiebt einen Dekadendienst
mit zehn Tagen Arbeit und vier Tagen Heimurlaub, und die beiden Töchter
studieren in Salzburg und lassen sich nur manchmal am Wochenende zu Hause
blicken.«
»Also könnte Pauli
bei dieser Hilde sein?«, drängte Feuersang. »Wo –«
»Nein, da kann er
diesmal eben nicht sein«, unterbrach ihn seine Informantin. »Hilde
ist im Spital – eine Frauensache –, also kann sie ihm diesmal
unmöglich helfen, was sie andernfalls sicher getan hätte.«
»Und wer käme noch
in Frage?«, fragte Feuersang nun wieder ganz beiläufig. Er
wollte Resi Neuhuber nicht noch einmal darauf hinweisen, dass ihm Kollegin
Kotek im Nacken und er selbst auf Nadeln saß.
»Ich sehe da nur mehr
Salli, die Mutter seiner Tochter Chrissie. Die Beziehung zwischen ihnen
ist all die Jahre hindurch eigentlich nie ganz eingeschlafen, aber das dürfte
euch ja nicht neu sein, oder?«
Jetzt war es Feuersang, der
nicht sofort antwortete. Die Aussage hatte ihn doch etwas überrumpelt.
»Doch ja, das hat Salli Schleißheimer bei der Vernehmung am
Posten auch gesagt«, beeilte er sich nach einer Gedenksekunde zu
bestätigen, »obwohl wir eigentlich davon ausgegangen sind, dass
Regenmandl der Platzhirsch ist.«
»War er ja auch –
soweit es ihre bürgerlichen Sehnsüchte betraf. Sie hätte
ihn sogar geheiratet, wenn er gewollt hätte, aber er hat sich ja
lieber an die reiche Edda Andrássy gehalten und Salli geraten,
Fredl Schleißheimer zu nehmen, was sie, ohne mit der Wimper zu
zucken, ja auch getan hat. Ihre kleine Hochzeitsfeier hat übrigens
der Herr Direktor ausgerichtet.«
»Und welche Rolle
spielt für Salli nun Marageter?«, fragte Feuersang sichtlich
ratlos.
»Der Pauli ist immer
der sentimentale Favorit im Hintergrund geblieben. Er und Salli gehen
miteinander bergsteigen, klettern und jagen. Muss ich noch weiterreden?
Salli ist und bleibt eine wilde Katze. Man sagt ihr sogar nach, dass sie
das Blut von frisch erlegtem Wild trinkt und dabei einen Orgasmus hat.
Wenn also irgendein Mannsbild zu ihr passt, dann der Pauli. Warum wohl war
er der Einzige, von dem sie sich ein Kind hat machen lassen, obwohl sie
angeblich schon mit dreizehn die Pille genommen hat, na?«
»Gut und schön,
aber Paul Marageter wird doch nicht im Haus der Schleißheimer
unterkriechen – nicht bei derart aufmerksamen Nachbarn.«
Resi Neuhuber gackerte vor
Vergnügen. »Natürlich nicht! Muss er doch auch nicht.
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