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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Plaid und begab sich in den ebenerdig gelegenen Baderaum. Während er sein Gesicht mit kaltem Wasser bearbeitete, erwog er die Möglichkeiten, Amelia ungesehen entwischen zu lassen. Sie war spät zu Bett gegangen und würde voraussichtlich noch schlafen, wenn Miss MacNish ihre morgendlichen Einkäufe besorgte. Wie ein Aasgeier war die Haushälterin schon frühmorgens auf preisgünstige Beute aus.
    Er zog sich an und ging in das hinten gelegene Speisezimmer. Miss MacNish lehnte bereits an einem Sessel. Sie schien sich wohl einzubilden, daß er während des Frühstücks nach Gesellschaft lechzte, obgleich es doch eine Mahlzeit war, die sich ebensolcher Ungestörtheit erfreuen sollte wie alle übrigen frühmorgendlichen Funktionen.
    «Aye, ich hab einen Onkel und eine Tante gehabt, die von meinem lieben Glasgow nach Amerika ausgewandert sind.» Sie seufzte. «Haben sich mitten unter den Rothäuten und Wilden niedergelassen. Von denen hatten die meisten noch nie was von Schottland gehört.»
    Sir Lancelot löffelte schweigend sein Porridge aus.
    «Diese armen Menschen, die in Amerika leben! Haben nichts anderes als Hamburgers und Einander-Niederknallen. Aber es gibt trotzdem welche, die ganz nett sind», räumte sie ein. «Hoffentlich gehört Ihr Freund dazu.»
    «Mein Freund ist geradezu reizend.»
    «Naja, und wild auf Sex sind sie. Bei Verdunkelung wollte meine Mutter sich nie hinauswagen.»
    «Miss MacNish, könnten Sie vielleicht ausgehen, sobald die Läden öffnen, und mir ein...eine...einen Regenschirm kaufen?»
    «Aber es ist doch strahlendes Wetter», wandte sie ein.
    «In unserem Klima weiß man nie, woran man ist.»
    «Hei!» rief Amelia und rieß die Tür auf. «Ihr Bett, Lancelot! So wunderbar gefedert! Soviel Bewegungsraum! Es würde Madame Pompadour in ihrer Hochform zugesagt haben. Laden Sie mich jederzeit ein, wenn Sie Lust haben.» Sie küßte ihn. Sie hatte gut geschlafen. Sie fühlte sich prächtig. Mochten ihre Beziehungen vergangene Nacht auch gestört worden sein, lag doch ein neuer Tag vor ihnen, um sie wieder anzuknüpfen. «Für einen Mann, der mit offenem Mund schläft und soviel Krach macht wie ein Trompetenständchen, sehen Sie recht frisch aus», fuhr sie aufgeräumt fort. «Was essen Sie da?»
    «Porridge», erwiderte Sir Lancelot mit einer Stimme, als spräche er zu einem Geist.
    «So also sieht Porridge aus? Brrr. Sie sind wohl die berühmte Wirtschafterin?» Sie lächelte Miss MacNish an. «Lancelot hat mir erzählt, daß Sie noch ein richtiges Relikt aus dem guten alten Schottland sind, wie der Dudelsack, das Haggis und das Ungeheuer von Loch Ness. Och und aye!» Sie klopfte ihr aufmunternd auf den Rücken. «Wollen Sie nicht Ihre Röcke heben und uns einen Hochländer Reel vortanzen, Mädel?»
    Miss MacNish zitterte von Kopf bis Fuß. «Wenn Sie mich entschuldigen, Sir Lancelot, so lasse ich Sie jetzt mit Ihrer...Ihrer Persönlichkeit allein.»
    «Um eins hinter die Binde zu gießen, was?» erkundigte sich Amelia munter. «Auch für mich, bitte. Es ist der beste Drink des Tages.»
    Miss MacNishs Augen schossen Blitze. «Harte Getränke sind des Teufels.»
    Amelia lachte. «Wie herrlich Sie die Puritaner imitieren können! Noch so was, bitte!»
    Die Haushälterin blickte himmelwärts und schritt durch die Tür, wobei sie etwas murmelte, das Sir Lancelot bis auf die Worte «am Galgen enden» unverständlich blieb.
    «Sie ist ein Unikum.» Amelia ließ sich am runden Tisch nieder. «Ich möchte nur Kaffee. Darf ich rauchen?»
    «Nein, das dürfen Sie nicht», brüllte Sir Lancelot.
    Sie legte ihre Zigaretten verschreckt weg. «Ist irgendwas passiert?»
    «Miss MacNish hat es ganz und gar mißbilligt, daß Sie die letzte Nacht in meinem Bett verbracht haben.»
    «Aus Eifersucht? Ach, wie leid es mir tut, eine so schöne Beziehung zu erschüttern.»
    «Sic kann, wie viele Schotten, recht engherzig sein», sagte er, schon etwas ruhiger. «Alles, was Spaß macht, erachtet sie für sündig. Außerdem befürchtet sie, daß es ihrer Fahrt in den Himmel hinderlich sein könnte. Ein Ort, nach dem sie sich unbändig sehnt, da sie sich ihn wie Schottland an einem Sonntag vorstellt.»
    Amelia sah ihn entsetzt an. «Sie wollen damit doch nicht sagen, daß sie das alles ernst gemeint hat? Ich dachte, sie wollte ein bißchen Spaß machen?»
    «Spaß!» brach es aus Sir Lancelot hervor. «Aber sie ist eine unvergleichliche Wirtschafterin. Und die findet man in London weitaus schwerer als

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