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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Wir haben das ziemlich oft bei den Kindern unserer Gesamtschule beobachtet. In den jetzigen Zeiten, in denen die Polizei in jedem Land der Welt täglich angegriffen wird, ist es unsere Pflicht, unsere unbewaffneten Exekutivorgane, so gut wir können, vor derlei Attacken zu schützen. Wir verhängen daher exemplarische Strafen, um jene Leute abzuschrecken, die andernfalls ermutigt werden könnten, Gewalt zu verbrecherischen Zwecken anzuwenden und deren Konsequenzen zu entgehen. Ich weiß, daß Sie ein angesehener Bürger sind, Spratt. Um so mehr Grund für Sie, den Jungen ein gutes Beispiel zu geben, wie auch anderen Leuten, die wie Sie nur schwer ihre Leidenschaften zügeln können.» Sie flüsterte kurz mit den beiden anderen, a Alle drei nickten. «Wir befinden Sie schuldig, Spratt. Sie werden zu einer Geldstrafe von 150 Pfund zuzüglich 100 Pfund Gerichtskosten verurteilt.»
    Sir Lancelot starrte sie an, als wäre sie Pontius Pilatus, der nach der Waschschüssel verlangt. Wirre Gedanken überschlugen sich in seinem Hirn. Das wäre das Honorar für die Operation eines Wasserbruchs an einem Scheich gewesen, ohne Steuerzuschlag. Der junge Polizist nahm ihn am Ellenbogen. «Kommen Sie, Sir. Sie müssen auch den andern eine Chance geben», flüsterte er munter. «Hoffentlich haben Sie Ihr Scheckbuch bei sich? Kreditkarten nehmen wir hier nicht entgegen.»
    Sir Lancelot lenkte seinen Rolls in übelster Stimmung die Hauptstraße entlang zum Heiligen-Grab-Hospital, blieb aber gewissenhaft vor sämtlichen Zebrastreifen und Gelblichtern stehen. Mochte er noch so sehr mit Schande bedeckt, noch so diffamiert sein, seine Arbeit als Arzt und Helfer mußte weitergeführt werden. Er wollte diesen unerfreulichen Tag in Spratt’s Bottom dazu nützen, einige Patienten aufzusuchen und nachzuforschen, wie weit sein OP inzwischen repariert worden war. Er fuhr in den Vorhof ein und bemerkte dort als erstes, ä daß der Dean in Begleitung eines Zwergs aus seinem Rolls stieg. Sir Lancelot reversierte und beschloß, den Lieferanteneingang zu benutzen. Es war erbitternd genug, Opfer des schändlichsten Justizirrtums ' seit Hauptmann Dreyfus zu sein. Dazu noch die Kommentare des Dean mit anhören zu müssen wäre einem psychologischen Gehenkt-, Gestreckt- und Gevierteiltwerden gleichgekommen.
    Er hatte einen Drink bitter nötig. Sollte er vielleicht gleich ins Wirtshaus einkehren? Dann aber erinnerte er sich, daß der Dean heute vormittag seinem neuen Kumpan und Zahlmeister Spratt’s Bottom in all seinem Glanz zeigen wollte.
    Hamilton Tosker war einen Meter fünfzig groß, säbelbeinig, kahlköpfig, lederhäutig und ähnelte den Jockeys, die sein Land in so guten Ruf gebracht hatten. Seine Gattin Pearl, die nach ihm aus dem Rolls stieg, war groß und knochig und trug ein Imprimékleid, einen breiten weißen Hut und lange weiße Handschuhe. Sie kam aus Melbourne.
    «Hier endet also unsere Fahrt?» fragte Hamilton. «Großer Gott! Das soll ein Krankenhaus sein?» rief er mit seiner alles niederwälzenden australischen Heiterkeit, als der Dean ihn durch die von geschäftigem Treiben erfüllte Wandelhalle lotste. «Ich würde das nicht einmal als Schlachthaus für weggelegte Buschkinder benützen.»
    «Der Volksgesundheitsdienst leidet an einer gewissen finanziellen Anämie», teilte ihm der Dean verbindlich mit. «Aber ich versichere dir, Hamilton, daß wir darauf spezialisiert sind, das Beste aus dem Schlimmsten zu machen. Erinnere dich an Dünkirchen.»
    «Gib der Wand einen Tritt», forderte ihn Hamilton auf. «Damit der Rest des Dachs auch noch einstürzt.»
    «Wie du weißt, wird das Hospital in Kürze als Ganzes gesperrt», fuhr der Dean kleinlaut fort. «Und wird zweifellos einer vielstöckigen Hochgarage weichen, wie jedes andere ungenützte Gebäude in der Vorstadt.»
    «Wo ist das Service?» Hamilton hielt Umschau. «Geh weiter, du Stümper, bleib nicht hier stehen wie bestellt, aber nicht abgeholt. Gib jemandem einen Tritt, aber fest! Hab heute noch soviel zu tun wie eine Rüsselkäferlarve in reifen Bananen.»
    «Ich werde die Oberin holen», antwortete der Dean beflissen lächelnd. «Wir können die betreffende junge Dame wahrscheinlich ohne Schwierigkeiten ausforschen.»
    «Der Oberin gegenüber darfst du dich nicht so rüpelhaft geben, Hamilton», warnte ihn seine Frau mit scharfer Stimme und zerrte an ihren Handschuhen.
    «Du wirst mir bestimmt keine Knüppel zwischen die Füße werfen, Dari. Ich möcht mir bloß die Kleine

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