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Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.

Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.

Titel: Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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meistens hochbejahrt, mit Kinderlätzchen vor dem Rauschebart und Porzellanzigarren fesch im Mund.
    Des weiteren mach ich die Brunnenkur.
    Das Wasser schmeckt wie Hering mit Lakritzen.
    Dann bleibt man, wie vom Blitz erschlagen, sitzen, und die Kapelle schwelgt im >Troubadour<.
    Wer da nicht krank wird, darf für trotzig gelten.
    Der Doktor Barthel untersucht mich oft, weil er noch dies und das zu finden hofft.
    Er ist der Chef. Wir sind die Angestellten.
    Ich sehne mich nach einem Glase Bier.
    Nach dir natürlich auch. Doch ich muß baden.
    Kneif dich, in meinem Auftrag, in die Waden.
    Was war denn noch? Ja so: Wie geht es dir?

Junger Mann, 5 Uhr morgens
    Wenn ich dich früh verlasse,
    tret ich aus deinem Haus
    still auf die kahle, blasse,
    öde Straße hinaus.
    In dem Geäst sind Spatzen
    zänkisch beim ersten Lied.
    Drunter hocken zwei Katzen,
    hölzern vor Appetit.
    Wirst du noch lange weinen?
    Oder ob du schon schläfst?
    Wenn du doch endlich einen
    besseren Menschen träfst.
    In dem Laden, beim Bäcker,
    wird der Kuchen zu Stein.
    Wütend erwacht ein Wecker,
    brüllt und schläft wieder ein.
    Noch ist die große Pause
    zwischen der Nacht und dem Tag.
    Und ich geh nach Hause,
    weil ich mich nicht mag.
    Noch brennt hinter deinen
    Fenstern etwas Licht.
    Wirst du noch lange weinen?
    Bald wird die Sonne scheinen.
    Aber sie scheint noch nicht.

Aufforderung zur Bescheidenheit
    Wie nun mal die Dinge liegen,
    und auch wenn es uns mißfällt:
    Menschen sind wie Eintagsfliegen
    an den Fenstern dieser Welt.
    Unterschiede sind fast keine,
    und was wär auch schon dabei!
    Nur: die Fliege hat sechs Beine,
    und der Mensch hat höchstens zwei.

Frühling auf Vorschuß
    Im Grünen ist’s noch gar nicht grün.
    Das Gras steht ungekämmt im Wald,
    als sei es tausend Jahre alt.
    Hier also, denkt man, sollen bald
    die Glockenblumen blühn?
    Die Blätter sind im Dienst ergraut
    und rascheln dort und rascheln hier,
    als raschle Butterbrotpapier.
    Der Wind spielt überm Wald Klavier,
    mal leise und mal laut.
    Doch wer das Leben kennt, der kennt’s.
    Und sicher wird’s in diesem Jahr
    so, wie’s in andern Jahren war.
    Im Walde sitzt ein Ehepaar
    und wartet auf den Lenz.
    Man soll die beiden drum nicht schelten.
    Sie lieben eben die Natur
    und sitzen gern in Wald und Flur.
    Man kann’s ganz gut verstehen, nur:
    sie werden sich erkälten!

Nasser November
    Ziehen Sie die ältesten Schuhe an,
    die in Ihrem Schrank vergessen stehn!
    Denn Sie sollten wirklich dann und wann auch bei Regen durch die Straßen gehn.
    Sicher werden Sie ein bißchen frieren, und die Straßen werden trostlos sein.
    Aber trotzdem: gehn Sie nur spazieren!
    Und, wenn’s irgend möglich ist, allein.
    Müde fällt der Regen durch die Äste.
    Und das Pflaster glänzt wie blauer Stahl.
    Und der Regen rupft die Blätterreste.
    Und die Bäume werden alt und kahl.
    Abends tropfen hunderttausend Lichter
    zischend auf den glitschigen Asphalt.
    Und die Pfützen haben fast Gesichter.
    Und die Regenschirme sind ein Wald.
    Ist es nicht, als stiegen Sie durch Träume?
    Und Sie gehn doch nur durch eine Stadt!
    Und der Herbst rennt torkelnd gegen Bäume.
    Und im Wipfel schwankt das letzte Blatt.
    Geben Sie ja auf die Autos acht.
    Gehn Sie, bitte, falls Sie friert, nach Haus!
    Sonst wird noch ein Schnupfen heimgebracht.
    Und, - ziehn Sie sofort die Schuhe aus!

Fauler Zauber
    Frühmorgens in der Wanne geht es los.
    Man sitzt und wünscht sich, nie mehr aufzustehen, und ist zu faul, die Hähne zuzudrehen.
    Man müßte baden. Doch man plätschert bloß.
    Das Wasser steigt. Man starrt auf seine Zehen, als wären es platonische Ideen.
    Da irrt man sich. Sie sind nur etwas groß.
    Man lächelt so, als röche man an Rosen, und ist verwundert, daß man lächeln kann.
    Denn man ist faul. Doch Lächeln greift nicht an.
    Ach, der Verstand ist noch in Unterhosen!
    Die Energie, der Kopf, der ganze Mann -
    sie sind verreist, und keiner weiß, bis wann.
    Man sitzt und zählt sich zu den Arbeitslosen.
    Man liegt und schläft, auch wenn man ißt und geht.
    Und trollt durch Straßen, summt ein dummes Zeilchen und schäkert in den Gärten mit den Veilchen.
    Fast wie ein Luftballon wird man verweht.
    Man zupft den Brief von Fee in tausend Teilchen.
    Und wirft ihn weg. Und wartet noch ein Weilchen, ob wenigstens der Wind den Brief versteht.
    So faul ist man! Und hat soviel zu tun.
    Und Uhren ticken rings in allen Taschen.
    Die Zeit entflieht und will, man soll sie haschen, und rennt sich fast die

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