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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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mit der Absicht, einfach in ein Kino abzuhauen, aber man hätte ihm in diesem Fall einen anderen Termin gegeben, wie einem erkrankten Kandidaten. Die Vision Schwester Crimpoles im Hochzeitskleid stieg vor ihm auf.
    Als er schließlich seine Gedanken auf seine Umgebung konzentrierte, fiel ihm ein Schild in die Augen, das die Aufschrift trug: Zum roten Löwen — Bier und Spirituosen.
    Miles hatte, glaube ich, noch nie in seinem Leben einen Drink zu sich genommen; nun aber fühlte er sich so elend, daß er beschloß, zu jener Behandlung Zuflucht zu nehmen, die er mich selbst seit Jahren anwenden sah.
    «Guten Morgen, Sir», sagte der Mann hinter der Theke. «Was darf's denn sein?»
    «Ich möchte etwas trinken.»
    «Gewiß, Sir. Aber was?»
    Es war Miles noch nie aufgefallen, daß es verschiedene Getränke gab.
    Er bemerkte ein Plakat, das auf Eisblöcken glitzernde Flaschen darstellte; es sah sehr erfrischend aus.
    «Das da.»
    «Wodka, Sir? Groß oder klein?»
    «Oh, groß, bitte. Hatte heute früh keine Zeit, eine zweite Tasse Tee zu trinken.»
    Was bei Miles' mündlicher Prüfung vorfiel, kam nie ans Tageslicht. Niemand hat mehr als ich für ein bißchen Klatsch übrig, aber selbst ich wäre mir als ein niederträchtig gemeiner Kerl vorgekommen, hätte ich je eine Andeutung darüber fallen lassen. Anfangs wehten seine Antworten auf Sir Lancelot Spratts Fragen über den grünbespannten Tisch dahin, obwohl er sich stützesuchend daran klammern mußte, während er die Schweißtropfen mit seinem Taschentuch von der Stirn wischte.
    «Jetzt, Mr. Grimsdyke», fuhr Sir Lancelot fort, dem die Eigenheiten nervöser Kandidaten nichts Neues waren, «wollen wir das Thema Magenleiden diskutieren.»
    «Nein», sagte Miles.
    «Wie bitte?»
    «Nein, sagte ich. Ewig wollen Sie über Magenleiden diskutieren. Und wissen Sie, warum? Ich will's Ihnen sagen. Weil Sie selber alles über Magenleiden wissen. Von anderen Dingen brauchen Sie keinen blauen Dunst zu haben, soweit es Ihre Studenten angeht. § Seit drei Jahren langweilen Sie mich zu Tode mit Ihren Magenleiden, und ich will jetzt einfach nicht darüber sprechen.»
    «Sie haben vollkommen recht, Mr. Grimsdyke», stimmte ihm Sir Lancelot nach einer Pause des Nachdenkens zu. «Wenn schon ein Pferd zuschanden geritten werden muß, soll's am besten gleich ein Steckenpferd sein. Ich freue mich, daß ein Gentleman Ihres Mutes den Anstand hatte, mich daran zu hindern, mit dem tyrannischen Ausspinnen dieses Themas jedermann auf die Nerven zu fallen. Ich danke Ihnen. Wir werden statt dessen die Seekrankheit und andere Übelkeitserscheinungen diskutieren.»
    «O Gott!» rief Miles und griff sich an den Magen.
    Und er wäre dennoch durchgekommen, wenn er sich nicht in Sir Lancelots Homburg übergeben hätte.
    Am nächsten Abend wurde die Liste der erfolgreichen Prüflinge auf der Estrade des Prüfungssaales verlesen und verlautbart, daß Charles Barefoot (St.-Swithin-Spital) die Universitätspreise in Medizin und Chirurgie gewonnen hatte. Miles wurde überhaupt nicht erwähnt.
    Er hatte sich mit Dulcie Crimpole vor Swan und Edgar's verabredet und beeilte sich, seine Neuigkeiten vorzubringen. Aber bevor er noch den Mund auftun konnte, hielt sie ihm ihre Hand hin und sagte:
    «Lebewohl, Miles.»
    «Lebwohl?»
    «Ja.» Sie tastete nach ihrem Taschentuch. «Ich bin — ich bin leider ein schrecklich schlimmes Mädel gewesen. Ich hab dich sehr gern, Miles, aber — wirklich verliebt bin ich in Charlie Barefoot. Jetzt wollen wir heiraten.»
    Miles schnappte nach Luft. «Aber — aber — seit wann —?»
    «Erst seit ein paar Wochen. Ich bin jeden Samstag mit ihm aus gewesen, während du zu Hause gelernt hast. Aber ich wollt's dir nicht früher sagen. Es hätte dich vor der Prüfung zu sehr aufgeregt.»

Vierzehntes Kapitel

    «Nicht einmal Sir Lancelot kennt die ganze Geschichte von Dulcie Crimpole», flüsterte Miles mir noch auf der Schwelle ins Ohr, als ich nach dem Abendessen zu meinem Hausboot zurückkehrte. «In irgendeiner Anzeige hab ich, wenn ich mich recht erinnere, einmal gelesen, daß Wodka keinen Geruch im Atem hinterläßt...»
    Ich nickte. «War eine kluge Wahl damals.»
    «Es ist mehr als genug, einen so fürchterlichen Rivalen wie Barefoot bei der Bewerbung um den Job zu haben. Aber wenn gerade jetzt in diesem Augenblick die Geschichte herauskäme —»
    «Verlaß dich auf Gaston, Alter. Gegen mich ist eine Auster eine Plaudertasche. Außerdem hab ich genug eigene

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