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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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weitesten Bevölkerungskreisen Interesse zu erregen, jedenfalls war Melody Madder in den vergangenen Monaten dem britischen Publikunv vertrauter geworden als die Britannia auf der Rückseite eines Penny.
    «Ein faszinierendes Geschöpf», sagte Lord Nutbeam versonnen. «Es ist doch merkwürdig, wie sich die Objekte des Interesses wandeln, nicht wahr? Vor vierzig Jahren sah alles auf die Beine, und wieder vierzig Jahre früher trugen die Mädchen Tournüren. Ich möchte gerne erleben, was als nächstes drankommt.»
    «Das Komische ist», bemerkte ich, «daß ich das Gefühl habe, als hätte ich sie schon irgendwo gesehen. Wahrscheinlich in einem Film.»
    «Ich wünschte, Sie wären persönlich mit ihr bekannt, Doktor, Weil es mir ein solches Vergnügen bereiten würde, sie kennenzulernen, obgleich Ethel diese Idee keineswegs mit Begeisterung begrüßt. Wenn Sie sie zu meiner Party einladen könnten, würde ich meiner Anerkennung greifbaren Ausdruck verleihen. Sie haben doch noch keinen Rolls Royce, nicht wahr?»
    Ich versprach, mein Bestes zu tun.
    «Und wie kommen Sie mit Ihrem Buch weiter? Ach ja! Weiß nicht, wieso ich jetzt mit meiner Lektüre so im Verzug bin.»
    In den letzten Tagen hatte sich das Hotel ständig mehr mit Teilnehmern am Festival gefüllt, meist Schauspielerinnen, die alle entweder zuviel oder zuwenig anhatten und jeder Anatomie hohnsprachen, Schauspielern, die den Atem anhielten, wenn sie in Badehose photographiert wurden, und Gatten von Filmstars, die sich über die Einkommensteuer ihrer Frauen unterhielten. Der Rest bestand, wie ich vermutete, aus Finanzgewaltigen, die man daran erkennen konnte, daß etwa fünfzehn Leute darum kämpften, die Türklinke niederzudrücken, wenn sie, die Hände in den Hosentaschen, herannahten.
    Es schien nicht leicht zu sein, die Bekanntschaft einer so durchschlagenden Sexbombe wie Melody Madder zu machen, selbst wenn wir im selben Hotel wohnten. Ich bemerkte von ihrer Ankunft nicht mehr als die Scheitellocke ihres berühmten roten Haars, da sämtliche männlichen Gäste sich bemühten, sie zu photographieren. Ich zog mich in einen ruhigen Winkel der Hotelhalle zurück und heckte einen Plan aus, ihr Seiner Gnaden Einladung zu präsentieren. Sie einfach mit einem Blumenstrauß aufzusuchen, hatte keinen Sinn, da selbst Lord Nutbeams Name nichts bei einer Frau ausrichtete, die, ähnlich den Löwen am Trafalgar Square, eine nationale Institution geworden war. Sollte ich es vielleicht mit einem eleganten kleinen Billett versuchen, das mir zumindest ihr Autogramm einbrachte? Da der erste Schritt hierzu in der Erkundung ihrer Zimmernummer bestand, näherte ich mich dem Rezeptionstisch, wurde jedoch, als ich mich bemühte, das französische Wort für «Suite» zu finden, von einer dicken Frau beiseitegestoßen, von deren Hut Kirschen herabbaumelten.
    «Es ist eine Affenschande», begann die Dicke auf den leidgeprüften Mann hinter dem Pult loszuhacken. «Unser Zimmer ist so stickig, daß ich mich kaum trau, einen Atemzug zu machen. Ist seit Jahren nicht gelüftet worden, wenn Sie mich fragen. Und was die Betten betrifft, mag ich erst gar nicht an sie denken.»
    «Wenn Madame die Läden öffnen wollten —»
    «Öffnen? Versuchen Sie's, sie zu öffnen! Da brauchen Sie eine Ladung Dynamit dazu.»
    Ich ärgerte mich zwar ein bißchen, so beiseite geboxt worden zu sein, teilte jedoch ihren Standpunkt: während in englischen Hotels Frischluft kostenlos durch alle Fenster- und Türritzen geliefert wird, pflegt man in Frankreich nur eine Spur davon ins Schlafzimmer einzulassen, dafür aber jahrelang dort aufzubewahren.
    «Und noch was. Das Licht will nicht brennen, und ich bin im Lift steckengeblieben.»
    «Der Hotelingenieur wird sich sofort dieser Dinge annehmen, Madame.»
    «Und die Wasserleitung ist einfach schandbar. Was soll dieses lächerliche Waschbecken, fünfzehn Zentimeter über dem Boden, Sir Theodore Theobald wird das zu Ohren bekommen, das können Sie mir glauben. Außerdem ist meine Tochter noch immer luftkrank, und ich brauche sofort einen Arzt.»
    «Einen Arzt, Mrs. Madder? Wir werden sogleich nach dem besten, der erreichbar ist, telephonieren.»
    Ich drängte mich in den Vordergrund.
    «Verzeihen Sie, wenn ich unterbreche», sagte ich schnell, «aber wenn Sie einen Arzt brauchen, stelle ich mich zur Verfügung.»
    Sie faßte mich ins Auge, als wäre ich eine weitere Unzulänglichkeit des Hotels.
    «Dieser Herr, Madame, ist der Leibarzt Lord Nutbeams.»
    «Oh?

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