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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Jimmy Hosegood wußte ich den Mund zu halten. Ich hatte bereits erkannt, daß es nicht minder gefährlich war, in anderer Leute Liebesaffären herumzuwühlen als in ihren Unterleibern, und hielt es für besser, daß die arme Pet selber mit ihrem verliebten Dickwanst fertig werde. Ich hätte ihm vielleicht sagen können, daß sie bereits mit ein paar Waisenknaben verheiratet gewesen war. Oder daß sie die ganze Nacht im Bett mit den Zähnen knirschte. Ich hätte ihn auch zum Duell fordern können, wo ich die besten Chancen gehabt hätte, ins volle Menschenleben hineinzugreifen. Aber alle diese Pläne konnten, bedachte ich, zu unerwünschten Komplikationen führen.
    Als ich einige Tage später vormittags an den Strand hinunterwanderte, um nach Petunia auszuschauen, entdeckte ich Hosegood allein im Zelt, in einem Liegestuhl sitzend, der mir ebenso unstabil und gefährdet schien wie ein Vogelkäfig unter einer Dampfwalze.
    «Schöner Tag», begrüßte er mich, als ich auftauchte. «So ein bißchen Sonnenschein ist ein famoses Tonikum für den ganzen Organismus.»
    Da er voll bekleidet war und nur Schuhe und Socken abgelegt hatte, vermutete ich, daß er die wohltuenden ultravioletten Strahlen durch die Füße aufnahm.
    «Darf ich mich zu Ihnen setzen? Ich suche Miss Madder.»
    «Machen Sie sich's bequem, Junge. Sie wurde vor kurzem zu irgendeiner blödsinnigen Aufnahme abberufen.»
    Da er sehr umgänglich schien, ließ ich mich auf dem nächsten Stuhl nieder.
    «Macht Ihnen das Festival-Getümmel Spaß?» fragte ich.
    Hosegood seufzte.
    «Würde mich auf dem Strand von Morecambe weitaus wohler fühlen, meiner Seel. Halte persönlich gar nichts von diesem Flimmerladen, und wenn die Leute noch soviel Aufhebens davon machen. Aber ich will ja niemandem sein Vergnügen nehmen, solang sich's in anständigen Grenzen hält.»
    «Sie verstehen wohl ziemlich viel von der Filmerei?» fuhr ich fort, im Bestreben, eine Art Konversation aufrechtzuerhalten.
    «Ich? Machen Sie sich nicht lächerlich, Junge. Gehe nur dann ins Kino, wenn ich schon gar nicht anders kann.»
    Er starrte eine Zeitlang selbstvergessen seine eingewachsenen Zehennägel an. Viel mehr wußte er offenbar nicht zu sagen.
    «Was treiben Sie eigentlich?» fragte er mich schließlich.
    «Ich bin Arzt.»
    «Das ist doch nicht die Möglichkeit?!» Fast wäre er aus dem Liegestuhl gerollt. «Genau der Kerl, den ich suche!»
    «Ich wäre hocherfreut, Ihnen zu Diensten stehen zu können», erwiderte ich höflich.
    «Sagen Sie mir, Doktor — wie kann ich mein verdammtes Gewicht herunterbringen?»
    «Gewicht verlieren ist eine höchst einfache Sache», antwortete ich.
    «Wirklich?» Er heiterte sich etwas auf. «Was soll ich also tun, Doktor?»
    «Weniger essen.»
    «Aber ich eß kaum soviel wie ein Spatz! Und vor allem keine fetthaltige Nahrung. Nichts als — na, Austern zum Beispiel.»
    «Ein Dutzend Austern», desillusionierte ich ihn, «haben nur den Nährwert eines weichgekochten Eis.»
    «Was Sie nicht sagen! Aber ich dachte — ich kann doch wohl frei von der Leber weg reden, Doktor? Ich dachte, jetzt, wo wir beide heiraten — Melody und ich, wissen Sie — und keiner von uns jünger wird, würden vielleicht ein paar Austern...»
    Auch diesbezüglich mußte ich ihn desillusionieren.
    «Und wie war's mit Massage?» fragte er hoffnungsfroh. «Ist die nicht gut zum Gewicht-Abnehmen?»
    «Ausgezeichnet», sagte ich. «Für die Masseuse.»
    Hosegood starrte trübsinnig auf die angenehme Kombination: blaue See und Mädchen in Bikinis, die im Sonnenschein tollten. Ich rief mir eine diätetische Vorlesung im St. Swithin ins Gedächtnis, wo ein Professor von ausgesprochen knackwurstähnlicher Gestalt des langen und breiten auseinandersetzte, wie er sich mit einer Diät von Sojabohnenbrei ernähre, wählend Sir Lancelot Spratt, der die Meinung vertrat, kein Gentleman könne unter vier Gängen speisen, von heftigen Zitteranfällen befallen wurde und schließlich hinausgeschafft werden mußte.
    «Die Zeitungen schreiben, daß es gefährlich ist, dick zu sein», fügte Hosegood düster hinzu.
    «Man hat tatsächlich mit vollem Recht», stimmte ich bei, «Messer und Gabel als die gebräuchlichsten Selbstmordinstrumente bezeichnet.»
    «Aber ich hab doch ein gutes, sauberes Leben geführt! Hab manche Burschen im Klub wie Dampfschaufeln essen und doch niemals eine Unze zunehmen gesehen. Ich brauch nur zweimal die Speisenkarte anzuschauen und muß schon sämtliche Hosen

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