Doktor im Glück
herauslassen.»
«Wahrlich ein roher Spaß der Natur», sagte ich mitfühlend. «Das
Ganze kommt vom appetitregulierenden Zentrum im Schädel, das sich zwischen dem Hirnanhang und Ihren unterbewußten Fixierungen an die Mutter eingenistet hat.»
«Dann können Sie mir vielleicht eine Diät vorschreiben, Doktor?»
«Das kann ich allerdings.»
Für gewöhnlich ziehe ich es vor, in Gesellschaftskreisen mein ärztliches Inkognito zu wahren, sonst kommen alle Leute daher und wollen mir von ihrem ekligen Nierenvorfall erzählen, aber der gute Hosegood machte einen recht anständigen Eindruck auf mich und erschien mir sogar als ein annehmbarer Bräutigam für ein Mädel, das sich darauf gefaßt gemacht hat, in der Kirchentüre steckenzubleiben.
«Die Diät des St.-Swithin-Spitals», erklärte ich, eine Tabelle aus meiner Brieftasche ziehend, «ist das Einfachste von der Welt, solange Sie sich vor Augen halten, Kartoffel und Puddings wie Tollkirschen zu meiden.»
«Kein Fisch mit Pommes frites?»
«Und kein Alkohol.»
«Hab ein Tröpfchen Bier ganz gerne.»
«Ich auch. Da heißt's eben in den sauren Apfel beißen.»
Aber er schien für Späße nicht aufgelegt zu sein und steckte die Tabelle schweigend ein.
«Danke, Doktor. Will's beim Lunch damit probieren. Treffe mich mit Stringfellow im Cafe de Paris. Der will mir wohl für Melodys Film weiteres Geld herausziehen.»
«Apropos Miss Madder», fuhr ich fort. «Ich würde an Ihrer Stelle eine Heirat erst in Erwägung ziehen, bis Sie etliche Kilos verloren haben.»
«Meinen Sie wirklich?» fragte er verschreckt.
«Ohne jeden Zweifel. Überaus gefährlich.»
Das war ja vom ärztlichen Standpunkt aus nicht ganz korrekt, wenngleich ich mich eines dicken Kerls entsinne, der während seiner Flitterwochen in die orthopädische Abteilung des St. Swithin eingeliefert worden war: als das Bett zusammenbrach, hatte er sich die Schulter verrenkt.
«Außerdem», fuhr ich fort, «besteht immer das Risiko —»
Mein Blick fiel auf Lady Nutbeam, die sichtlich erregt vor uns aufgetaucht war.
«Da sind Sie endlich, Doktor! Ich habe mir schon die Augen nach Ihnen ausgeschaut. Wir müssen unverzüglich nach England zurück. Noch heute nachmittag.»
«Großer Gott, wirklich? Es ist doch hoffentlich nichts Ernstes eingetreten?»
«Mein Mann — »
«— hat sich doch nicht die andere Hüfte gebrochen?»
«Nein, nein! Es ist wegen der Hoteldirektion. Die weißen Mäuse, die er beim Frühstück losgelassen hat.»
«Oh, ich verstehe.»
«Ich möchte, daß Sie in unserem Wagen zurückfahren, Doktor. Aubrey ist leider manchmal — ein wenig mühsam, selbst für mich.»
«Selbstverständlich», sagte ich, obgleich ich noch mit weiteren vierzehn Tagen freier Drinks im Sonnenschein gerechnet hatte. «Wenn Mr. Hosegood mich entschuldigt, werde ich sofort packen gehen.»
«Und dieses Telegramm ist eben für Sie eingetroffen.»
«Für mich? Ich wußte gar nicht, daß jemand meine Adresse kennt.»
Ich öffnete es. Es lautete:
KEHRE SOFORT ZURUECK GANZ ENGLAND EMPOERT UEBER DEIN VERHALTEN
MILES
Siebzehntes Kapitel
«Und wie, bitte», begann Miles, «kannst du das verantworten?»
Es war einige Tage später, und ich war frühzeitig zu ihm gegangen, um zu erkunden, wovon er soviel Aufhebens machte.
«Was verantworten? Das sieht ja wie die Morgenzeitung aus. Und nicht einmal die heutige.»
«Du Narr! Lies, was mitten auf der Seite steht.»
«Großer Gott!» rief ich aus. «Das ist ja ein Photo von mir!»
Unter der fettgedruckten Schlagzeile MELODYS MÄNNER waren Bilder zu sehen; eines davon stellte Quintin Finn als Kommandeur eines Schlachtschiffs dar, ein anderes Jimmy Hosegood, der wie ein über Bord geworfenes Bierfaß am Strand lag.
Ich lachte auf. «Hier steht: Wie kamen die Leute nur darauf? Und da steht ja noch weiter eine ganze Menge über mich.»
«Du lieber Himmel! Du scheinst noch stolz darauf zu sein!»
«Na, es ist ja auch bisher noch nie ein Photo von mir in der Zeitung erschienen.»
Miles wurde immer erregter.
«So eine Schande, so ein Skandal, in einem Atem genannt zu werden mit dieser — mit dieser —»
«Melody Madder ist ein sehr anständiges Mädel, und ich dulde nicht, daß jemand — wer immer — etwas Schlechtes über sie sagt.» Ich goß mir eine Tasse Kaffee ein. «Und überdies hast du mir selbst geraten, zu
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