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Doktor Pascal - 20

Doktor Pascal - 20

Titel: Doktor Pascal - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Angelegenheiten bei dem Notar schon wieder in Ordnung kommen und daß sie bald viel Geld haben würden.
    Sowie Pascal mit dem Schmuckstück in der Tasche dann wieder allein war, erfüllte ihn kindliche Freude, und während er, außer sich vor Ungeduld, auf Clotildes Rückkehr wartete, bereitete er seine kleine Überraschung vor. Als er sie erblickte, schlug sein Herz zum Zerspringen. Ihr war sehr heiß, die glühende Augustsonne brannte vom Himmel herab, deshalb wollte sie ein anderes Kleid anziehen. Doch sie war glücklich über ihren Spaziergang und erzählte lachend von dem guten Kauf, den Martine getätigt hatte, zwei Tauben für achtzehn Sous. Schier erstickt vor innerer Erregung, war er ihr in ihr Zimmer gefolgt; und als sie nur noch im Unterrock, mit nackten Armen und nackten Schultern dastand, tat er so, als bemerkte er etwas an ihrem Halse.
    »Halt! Was hast du denn da? Laß sehen!«
    Er hielt die Kette in der Hand verborgen, und es gelang ihm, sie ihr anzulegen, während er zum Schein mit seinen Fingern an ihrem Hals herumfühlte, um sich zu vergewissern, daß sie nichts habe. Doch sie sträubte sich fröhlich.
    »Hör schon auf! Ich weiß doch, daß da nichts ist … Laß sehen, was treibst du da, was hast du da, was mich so kitzelt?«
    Er umfaßte sie und führte sie vor den großen Wandspiegel, der ihr Bild ganz wiedergab. Die feine Kette war nur ein goldener Faden an ihrem Hals, und sie erblickte die sieben Perlen, die dort milchweißen Sternen gleich erblüht waren und matt auf der Seide ihrer Haut schimmerten. Das war kindlich und wundervoll. Sie brach sogleich in entzücktes Lachen aus, gurrte wie eine Taube, die sich kokett aufplustert.
    »Oh, Meister! Meister! Wie gut du bist! Denkst du denn nur an mich? Wie glücklich du mich machst!«
    Und die Freude in ihren Augen, diese Freude der Frau und der Geliebten, die entzückt ist, schön zu sein und angebetet zu werden, belohnte ihn auf himmlische Weise für seine Tollheit.
    Sie hatte den Kopf zurückgebogen und bot ihm strahlend die Lippen. Er neigte sich über sie, und sie küßten sich.
    »Freust du dich?«
    »O ja, Meister! Ich freue mich, ich freue mich. Perlen sind etwas so Zartes, so Reines! Und diese hier stehen mir so gut!«
    Einen Augenblick noch bewunderte sie sich im Spiegel, harmlos eitel über den blonden Schmelz ihrer Haut unter den schimmernden Perlentropfen. In dem Verlangen, sich zu zeigen, schlüpfte sie dann, da sie das Dienstmädchen im Nebenzimmer hörte, hinaus und lief im Unterrock mit nacktem Hals zu ihr hin.
    »Martine! Martine! Sieh doch nur, was der Meister mir geschenkt hat! Nun, bin ich nicht schön?«
    Doch das strenge, plötzlich fahle Gesicht des alten Mädchens verdarb ihr die Freude. Vielleicht wurde ihr der eifersüchtige Schmerz bewußt, den ihre strahlende Jugend in diesem armen Wesen hervorrief, das sich in abgöttischer Verehrung seines Herrn, in der stummen Entsagung seines Dienstbotendaseins verbraucht hatte. Es war dies übrigens nur eine erste Regung von der Dauer einer Sekunde, der einen unbewußt, von der anderen kaum geahnt; und was davon blieb, war die sichtbare Mißbilligung der sparsamen Martine, die das teure Geschenk mit einem scheelen Blick verurteilte.
    Clotilde erschauerte leicht.
    »Jetzt hat der Meister wohl wieder seinen Sekretär geplündert«, murmelte sie. »Perlen sind sehr teuer, nicht wahr?«
    Pascal, der nun auch verlegen war, erhob laut Einspruch; er erklärte, daß es eine großartige Gelegenheit gewesen sei, und erzählte in einer Flut von Worten vom Besuch der Zwischenhändlerin. Ein unglaublich gutes Geschäft: man konnte gar nicht anders als kaufen.
    »Wieviel?« fragte das junge Mädchen angstvoll.
    »Dreihundert Francs.«
    Und Martine, die den Mund noch nicht aufgetan hatte, die furchtbar war in ihrem Schweigen, konnte den Aufschrei nicht unterdrücken:
    »Du großer Gott! Davon hätte man sechs Wochen lang leben können, und wir haben kein Brot!«
    Dicke Tränen stürzten Clotilde aus den Augen. Sie hätte sich das Halsband vom Hals gerissen, wenn Pascal sie nicht daran gehindert hätte. Sie sagte, daß sie es sofort zurückgeben wolle, sie stammelte außer sich:
    »Es ist wahr, Martine hat recht … Der Meister ist verrückt, und ich selber bin verrückt, wenn ich das Halsband in der Lage, in der wir uns befinden, auch nur eine Minute lang behalte … Es würde mir die Haut verbrennen. Ich flehe dich an, laß es mich zurückbringen.«
    Nie und nimmer wollte Pascal seine

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