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Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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denselben Ort zurückreisen. Also konzentrierte er sich stattdessen auf...auf... Wohin wollten sie noch mal? Ach ja, in die Provence, ins Gebirge. Am...am3. Juli 1969! Und zwar nach... nach... verflixt, wie hieß das Dorf nochmal? Mist, Mist, Mist! Es war etwas mit In! In...In...
    Lange würde er die Luft nicht mehr anhalten können.
    In...In...
    Er brauchte Luft!
    In. . . MIST!
    Bulle schnellte nach oben und schnappte nach Luft.
    Mitten in einer farbenprächtigen Blumenwiese stand er in der Badewanne. Die Sonne schien, die Hummeln summten und die Vögel zwitscherten und ringsum erhoben sich tatsächlich ziemlich hohe Berge. Am anderen Ende der Wiese sah er eine Menschenmenge auf Klapp stühlen sitzen und mit französischen Flaggen wedeln, während sie mit Weingläsern anstießen und vorbeisausenden Radfahrern zujubelten. Es war überhaupt ein ganz wunderschöner Sommertag auf dem Lande. Eigentlich gab es nur zwei Dinge, die Bulle Sorgen bereiteten. Das eine: Lise war nirgends zu sehen. Das andere war ein Stier mit Hörnern, so groß wie die Stoßzähne eines kongolesischen Tse-Tse-Elefanten, der in voller Fahrt auf ihn zugestürmt kam.

10 . Kapite l
Tuhr dö Frangss
    er Stier war so groß wie ein kleiner Traktor, aber bedeutend schneller. Bulle rannte zwar, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen, aber ihm war klar, dass das nicht lange gut gehen konnte. Die Erde bebte unter den Tritten des wütenden Kolosses, schon konnte Bulle seinen dampfenden Atem hören. Hummeln und Schmetterlinge stoben erschrocken beiseite, als Bulle durch die Blumenwiese pflügte, die eben noch so still und friedlich dagelegen hatte.
    »Hilfe!«, rief Bulle, aber eher leise, denn er wusste, niemand würde ihm helfen können, außerdem brauchte er all seine Puste, wenn er den Zaun erreichen wollte, bevor dieses Ungeheuer aus Hörnern und Muskeln ihn zermalmte. Darum rief er nur noch einmal ziemlich leise um Hilfe, dann begriff er, dass er auch mit aller Puste der Welt nicht als Erster beim Zaun wäre, sondern in wenigen Augenblicken an einem der beiden dicken Hörner baumeln würde wie an einem Grillspieß. Also nahm Bulle Anlauf, hüpfte in die Luft, zog beide Beine an und umklammerte sie mit den Armen. Er rollte sich zusammen und schrie, ohne an Puste zu sparen: »Bomba!«
    Und damit verschwand der Winzling. Der Stier machte eine Vollbremsung und starrte auf die sattgrüne Wiese voller hochwachsendem Bermudagras, wilden Begonien, Maiglöckchen und anderem Grünzeug, das so auf französischen Blumenwiesen wächst, aber egal, der Stier wusste sowieso keinen einzigen Namen. Er durchwühlte den ganzen Salat mit einem Horn und spürte, dass er immer wütender wurde. Verfluchter Kuhhintern, wo war dieses kleine, lästige Bürschchen nur abgeblieben?
    Bulle robbte durchs Gras und stand erst wieder auf, als er absolut sicher sein konnte, dass er unterm Zaun hindurch war. Er drehte sich zu dem Stier um, der immer noch in der Wiese herumschnaubte.
    »Hey, du Hornochse! Hey, du schlecht durchgebratenes Steak!«
    Der Stier hob den Kopf und starrte auf Bulle, der in jedes Ohr einen Daumen steckte und mit den Händen wedelte, als ob er Flügel am Kopf hätte, und dazu die Zunge rausstreckte, so lang er nur konnte. Zur Antwort blies der Stier dampfende Atemluft aus den aufgeworfenen Nüstern, stemmte die Beine in den Boden und senkte das Haupt. Was für ein unsägliches Benehmen, dachte er, so ein unverschämter Bengel, dachte er. Dann raste er los.
    Und Sekunden später traf er, wenn auch nicht den kleinen Rotschopf, sondern diese idiotische Badewanne, die aus irgendeinem Grund plötzlich auf seiner Wiese stand. Die Badewanne flog in die Luft, wirbelte ein paar Mal um sich selbst und landete kopfüber, sodass Wasser und Seifenschaum herausflossen.
    Erst wollte Bulle lachen, dann aber erstarrte er stattdessen. Verzweifelt durchsuchte er seine nassen Hosentaschen, fand aber nur kleine Dinge, die mit P anfingen; einen Parkschein, einen Pflaumenkern und eine zugeknotete Plastiktüte mit Pupsonautenpulver. Aber nicht das, wonach er suchte.
    Natürlich nicht, denn das Glas mit der Zeitseife hatte Lise. Alles, was er hatte, war eine leere Zeitbadewanne! Wie sollte er jemals zurückfinden?
    Bulle steckte den Zeigefinger ins Ohr, ließ ihn darin kreisen und zog ihn schnell wieder heraus. Plopp! Aber selbst das half nichts, ihm fiel keine Lösung ein. Er war verloren. Also lachte Bulle nicht, ihm war absolut nicht nach Lachen zumute.
    Dafür lachte jemand

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