Dokument1
würdest jetzt gehen, damit wir die Angelegenheit unter uns erledigen können«, sagte Regina grimmig.
»Ja«, erwiderte ich, »ich wollte sowieso schon längst nach Hause. Aber ich verstehe trotzdem nicht, warum ihr aus der Sache eine Staatsaffäre macht. Dieser Wagen - Regina…
Michael -, wenn ihr den gesehen hättet… er braucht mindestens zwanzig Minuten, um von null auf dreißig Meilen zu beschleunigen, falls er sich überhaupt bewegt.«
»Dennis! Geh jetzt!«
Ich ging.
Als ich in meinen Duster stieg, sah ich Arnie sein Elternhaus durch die Hintertür verlassen, wahrscheinlich in der Absicht, seine Drohung wahrzumachen und von daheim wegzurennen.
Seine Eltern liefen ihm nach, beide offensichtlich nicht mehr ganz Herr der Lage und tief besorgt. Ich konnte bis zu einem gewissen Grad nachempfinden, was in ihnen vorging. Das war alles so plötzlich über sie gekommen wie ein Taifun aus heite-rem Himmel.
Ich gab Gas und fuhr im Rückwärtsgang aus der Einfahrt auf die stille Straße hinaus.
Seit vier Uhr hatten wir Feierabend, und in den zwei Stunden, die inzwischen vergangen waren, hatte sich wahrhaftig eine Menge getan. Als ich die Stechuhr drückte, hatte ich einen solchen Kohldampf gehabt, daß ich alles verschlungen hätte, was man mir anbot (ausgenommen eine Seetang-Pizza), und jetzt durfte ich nicht mal ans Essen denken, weil sich mir sonst der Magen umgedreht hätte.
Als ich den Vorwärtsgang einlegte, blickte ich noch einmal zum Haus hinüber. Sie zankten sich jetzt alle drei in der Einfahrt vor der offenen Doppelgarage (dort standen Michaels Porsche und Reginas Volvo-Caravan friedlich nebeneinander -
die haben ihre Autos, dachte ich damals ein bißchen gehässig; denen tut’s ja nicht weh).
Du weißt ja, wie das enden wird, dachte ich ein wenig bedrückt, trotz meiner Wut im Bauch. Sie werden ihn weichklopfen, und LeBay wird seine fünfundzwanzig Dollar Anzahlung behalten und seinen 58er Plymouth, der vermutlich noch in tausend Jahren als Denkmal in seinem Vorgarten steht. Und es war ja nicht das erste Mal, daß Arnie solche Erfahrungen mit seinen Eltern machte.
Denn er war der geborene Verlierer. Selbst Regina und Michael Cunningham war das nicht verborgen geblieben. Er war intelligent, und im Grunde seines Wesens war dieser so schüchtern und ängstlich wirkende Arnie ein heiterer und anhänglicher Mensch… ein liebenswerter Kerl, glaube ich, war das passende Wort, nach dem ich suchte.
Liebenswert, aber ein Verlierer.
Seine Eltern wußten das genauso wie diese Stiesel aus der Lehrwerkstatt, die ihm die Brille mit Fett vollschmierten und auf den Korridoren Spießrutenlaufen mit ihm veranstalteten.
Er war der geborene Verlierer, und deshalb machten sie ihn jetzt fertig.
Das glaubte ich jedenfalls. Doch diesmal sollte ich mich täuschen.
3 Der Morgen danach
My poppa said »Son,
You’re gonna drive me to drink
Ifyou don’t quit drivin that
Hot-rod Lincoln.«
- Charlie Ryan
Am nächsten Morgen um halb sieben kreuzte ich wieder vor Arnies Haus auf und parkte am Bordsteinrand. Ich wollte nicht ins Haus gehen, obwohl seine Eltern noch schlafen würden. Am Abend vorher war in der Küche zuviel Gift verspritzt worden, so daß ich lieber auf den Pfannkuchen und den Kaffee verzichtete, den ich dort sonst vor der Fahrt zur Arbeitsstelle vorgesetzt bekam.
Arnie ließ mich fast fünf Minuten warten, und ich fragte mich schon, ob er seine Drohung nicht doch wahrgemacht und sein Elternhaus verlassen hatte, als er aus der Hintertür kam und die Auffahrt herunterlief, wobei ihm die Lunchdose gegen die Beine schlug.
Er stieg ein, warf die Beifahrertür zu und sagte: »Fahren Sie los, James.« Das war einer von Arnies Standardwitzen, wenn er gut aufgelegt war. Ich gab Gas und blickte ihn dann vorsichtig von der Seite an, fast entschlossen, etwas zu sagen. Doch dann entschied ich mich dafür, ihm lieber das erste Wort zu überlassen; wenn er überhaupt darüber reden wollte.
Lange Zeit schien das nicht der Fall zu sein. Er trommelte gedankenverloren mit den Fingern auf seine Kniescheibe, den wechselnden Rhythmus der Beat- und Rockmusik nach-ahmend, die uns vom örtlichen UKW-Sender serviert wurde, und wir hatten schon fast unsere Arbeitsstelle erreicht, ehe er zum zweitenmal den Mund aufmachte:
»Es tut mir leid, daß du dir diesen Blödsinn gestern abend mit anhören mußtest, Mann.«
»Das ist okay, Arnie.«
»Ist dir eigentlich schon aufgefallen«, fragte er mich dann mit jener
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