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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Radio abschaltete und Foreigner mittendrin die Luft abdrehte.
    »Ich weiß es nicht genau«, sagte er. »Vielleicht, weil ich zum erstenmal seit meinem elften Lebensjahr, als ich meine ersten Pickel bekam, etwas entdeckt habe, das häßlicher ist als ich.
    Willst du das hören? Paßt das zu einem der Klischees, die du über mich hast?«
    »He, Arnie, hör auf mit diesem Scheiß«, erwiderte ich. »Dennis sitzt neben dir, falls du das noch nicht bemerkt haben solltest.«
    »Ich habe es bemerkt«, sagte er. »Aber sind wir auch noch Freunde?«
    »Ich wüßte nicht, daß ich dir ein Kündigungsschreiben geschickt hätte. Aber was hat das mit dem Schlitten zu tun…«
    »Das bedeutet, daß wir uns gegenseitig nichts vormachen müssen. Jedenfalls betrachte ich Ehrlichkeit als wesentliches Merkmal einer Freundschaft. Und deshalb sage ich dir, es ist nicht nur so ein Schwachsinn von mir. Ich weiß, was ich bin.
    Häßlich. Ich finde nur schwer Anschluß. Ich… irgendwie stoße ich die Leute immer wieder vor den Kopf. Das ist gar nicht meine Absicht; aber es ist eben so. Verstehst du mich?«
    Ich nickte, obwohl mir das Thema widerstrebte. Wie ich schon sagte, wir waren Freunde, und das bedeutete, solchen Scheiß möglichst zu umgehen.
    Er nickte ebenfalls. »Andere Leute -« fuhr er fort und setzte dann bedächtig hinzu: »Du auch, Dennis - begreifen nicht immer, was das bedeutet. Du betrachtest die Welt mit anderen Augen, wenn du häßlich bist und die Leute über dich lachen.
    Es fällt dir sehr schwer, den Humor nicht zu verlieren. Es verstopft einem die Gehörgänge und die Stirnhöhlen. Manchmal droht man dabei sogar den Verstand zu verlieren.«
    »Ich kann das alles verstehen, aber…«
    »Nein«, widersprach er leise«, »du kannst es nicht. Du möchtest es vielleicht gerne, aber du kannst nicht. Nicht ganz jedenfalls. Aber du magst mich, Dennis…«
    »Ich liebe dich, Mann«, sagte ich. »Das weißt du.«
    »Vielleicht stimmt das sogar«, sagte er. »Und ich schätze es auch. Du weißt selbst, du magst mich nicht meines dummen Gesichts und meiner Pickel wegen, sondern weil da noch etwas dahintersteht…«
    »Dein Gesicht ist nicht dumm, Arnie«, sagte ich. »Zuweilen sieht es zwar zum Fürchten aus, aber dumm keinesfalls.«
    »Oh, du kannst mich mal«, sagte er lächelnd.

    »Aber was diesen Schlitten betrifft, du Straßentramp…«
    »Der Wagen ist wie ich, Dennis. Du siehst nur den Rost und die Beulen, aber darunter ist noch etwas anderes versteckt. Etwas Besseres. Ich sehe, was in ihm steckt. Das ist alles.«
    »Wirklich?«
    »Ja, Dennis«, sagte er überzeugt.
    Ich bog in die Main Street ein. Wir kamen nun LeBays Wohnung immer näher, und dabei hatte ich eine wahrhaft boshafte Inspiration. Angenommen, Arnies Vater hatte einen seiner Freunde oder Studenten dazu überredet, LeBays Wagen vor der Nase seines Sohnes wegzukaufen. Das wäre sozusagen ein machiavellischer Schachzug, aber Michael Cunningham war so etwas durchaus zuzutrauen. Sein Spe-zialgebiet war die Militärgeschichte.
    »Als ich den Wagen sah, fühlte ich mich sofort zu ihm hingezogen… Ich kann es mir auch nicht anders erklären.
    Aber…«
    Er verstummte, und seine grauen Augen schauten verträumt geradeaus.
    »Jedenfalls sah ich, daß ich etwas Besseres daraus machen kann«, fügte er dann nach einer Weile hinzu.
    »Du meinst, du kannst ihn reparieren?«
    »Ja… nein. Das ist mir zu unpersönlich. Man repariert Tische, Stühle, solches Zeug. Den Rasenmäher, wenn er nicht anspringen will. Und ganz gewöhnliche Schlitten.«
    Vermutlich sah er, wie ich skeptisch die Stirn runzelte. Er lachte trotzdem - ein kurzes, trockenes Lachen.
    »Ja, ich weiß, wie komisch das klingt«, sagte er. »Ich mag es schon gar nicht sagen, weil es sich so verrückt anhört.
    Aber du bist ein Freund, Dennis, und mit einem Freund kann man ja über alles reden. Ich glaube nicht, daß sie ein gewöhnlicher Wagen ist. Ich weiß nicht, warum ich das glaube… aber so ist es eben.«
    Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, das ich vielleicht später bereut hätte - daß man nichts überstürzen sollte oder gar, daß man sich hüten müsse vor emotionalen Über-steigerungen. Aber da bogen wir gerade in die Straße ein, in der LeBay wohnte.

    Arnie pumpte sich mit einem kurzen, stöhnenden Laut die Lungen voll Luft.
    Da war ein vergilbtes kahles Rechteck im Gras von LeBays Vorgarten, das noch häßlicher aussah als der übliche Rasen. An der Vorderkante dieses teppichgroßen

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