Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
Schnee und kämpfte gegen die fast übermächtige Versuchung an, schon jetzt auf die Seite zu springen, und er kämpfte auch - so gut es ging - die wilde Panik nieder, die seine Selbstbeherrschung zu zermalmen drohte. Da saß niemand im Wagen.
    Wäre er ein Mensch mit einer lebhafteren Phantasie gewesen, hätte er vermutlich längst den Verstand verloren.
    In allerletzter Sekunde rollte er nach links, laut schreiend, als die gebrochenen Enden seines Schenkelknochens aneinander rieben. Er spürte, wie etwas wie eine Kugel ungefähr fünf Zentimeter von seiner Hüfte entfernt vorbeischoß. Dann spürte er die warmen übelriechenden Auspuffgase auf seinem Gesicht, und kurz darauf färbte sich der Schnee rot von Christines Rücklichtern.
    Sie kam erst rutschend, dann immer schneller werdend, auf ihrer Spur zurück.
    »Nein!« schrie Buddy. Ein stechender Schmerz explodierte in seiner Brust. »Nein! Nein! N…«
    Er sprang zur Seite, und diesmal gehorchten seine Muskeln nur noch seinen Reflexen. Die Kugel sauste viel näher an ihm vorbei, riß ein Stück Leder von seinem Schuh und machte seinen linken Fuß sofort gefühllos. Er drehte sich wie verrückt auf Händen und Knien im Kreis herum, wie ein kleines Kind bei »Häschen in der Grube«. Der Rotz aus der Nase vermischte sich mit Blut aus dem Mund; eine der gebrochenen Rippen mußte die Lunge angestoßen haben. Blut lief auch aus dem Loch an der linken Seite seines Schädels, wo sein Ohr gewesen war. Frostige Luft sprühte aus seinen Nasenlöchern. Jeder Atemzug wurde von pfeifenden Geräuschen begleitet.
    Christine wartete.
    Weiße Wolken kräuselten aus ihrem Auspuff, der Motor pochte und schnurrte und pochte. Ihre Panoramascheibe war ein schwarzes Rechteck. Hinter Buddy schössen die Überreste des Camaro rußige Flammen hoch. Ein rasiermesserschar-fer Wind fächerte die Flammen an. Bobby Stanton saß inmitten der Flammen auf seinem Rücksitz, den Kopf geneigt, ein Grinsen auf dem schwärzer werdenden Gesicht.
    Sie spielt mit mir, dachte Buddy. Sie spielt mit mir Katz und Maus.
    »Bitte«, krächzte er. Die Scheinwerfer blendeten ihn, verwandelten das Blut, das ihm über die Wange und seitlich aus dem Mund lief, in eine schwarze Brühe. »Bitte… ich… ich werde ihm sagen, daß es mir leid tut… ich werde auf meinen, beschissenen Händen und Knien zu ihm rutschen, wenn du es willst… nur, bitte… bit…«
    Der Motor brüllte auf. Christine sprang auf ihn zu wie eine Furie in den Sagen aus grauer Vorzeit. Buddy hüpfte heulend wieder zur Seite, und diesmal traf die Stoßstange sein rechtes Schienbein und brach es und schleuderte ihn bis zum Schneewall am Straßenrand. Dort blieb er liegen wie ein halb gefüllter Getreidesack.
    Christine kam im Rückwärtsgang zu ihm zurück, aber Buddy sah jetzt eine Chance, eine hauchdünne Chance. Er begann mit verzweifelter Hast, an der Schräge des Schneedamms hinauf-zukrabbeln, krallte sich mit bloßen Händen in den Harsch - mit Händen, die längst gefühllos geworden waren -, schob mit den Füßen nach und ignorierte die ungeheuren Schmerzwellen von seinen zerschmetterten Knochen. Seine Atemzüge waren jetzt kurze spitze Schreie, während das Jaulen des Motors immer lauter wurde und die Scheinwerfer heller; jede Scholle in diesem aufgeschütteten Schneewall warf ihren eigenen Schatten, und er spürte sie in seinem Rücken, er konnte sie spüren wie ein menschenfressender Tiger im Blutrausch…
    Dann gab es ein lautes Knirschen und ein Scheppern von Metall, und Buddy schrie auf, als Christines Stoßstange seinen rechten Fuß tief in den Schnee hineintrieb. Er zog ihn aus dem Schnee heraus und ließ den Schuh stecken.
    Lachend, schluchzend, zähneklappernd erreichte Buddy den Gipfel des kleinen Schneehügels, den ein Schneepflug aus dem Fuhrpark der Nationalgarde hier schon vor Tagen aufgeschüttet hatte, versuchte auf der Schräge das Gleichgewicht zu bewahren, bewegte die Arme wie Windmühlenflügel und wäre doch um ein Haar zurück auf die Straße gerutscht.
    Er drehte sich nach Christine um. Der Plymouth hatte zur anderen Straßenseite zurückgesetzt und fuhr jetzt an, die Räder drehten durch, packten, trieben den Wagen gegen den Schneewall, knapp dreißig Zentimeter unterhalb Buddys hockender Position. Eine kleine Schneelawine löste sich unter seinem Knie. Der Aufprall beulte die Motorhaube noch stärker ein; aber Buddy blieb heil. Christine setzte wieder zurück und wirbelte einen Schneenebel auf. Der Motor schien

Weitere Kostenlose Bücher