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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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heute auch nicht ganz -, aber ich weiß wenigstens, daß er sie nicht aus Scham versteckte. Es gab nichts, dessen mein Vater sich schämen mußte.
    An diesem Abend nadi dem Essen quälte ich mich nach unten in seine Werkstatt, indem ich mit einer Hand das Treppengeländer verzweifelt umklammerte und meine andere Krücke wie einen Skistock benützte.

    »Dennis«, sagte er erfreut, aber auch ein wenig besorgt.
    »Brauchst du Hilfe?«
    »Nein, ich schaffe es schon allein.«
    Er stellte seinen Besen neben ein kleines gelbes Häufchen Hobelspäne und beobachtete, ob ich es wirklich schaffte. »Wie wäre es mit einem Schubs?«
    »Ha-ha, sehr lustig.«
    Ich kam unten an und hüpfte auf den großen Lehnstuhl zu, den mein Vater in die Ecke neben unseren alten Schwarz-weiß-
    Fernseher gestellt hatte, und setzte mich. Plonk.
    »Wie geht es dir?« fragte er.
    »Ziemlich gut.«
    Er kehrte mit dem Handbesen eine Schaufel voll Hobelspäne auf, kippte sie in eine Abfalltonne, nieste und kehrte eine weitere Schaufelvoll zusammen. »Keine Schmerzen mehr?«
    »Nein. Nun… ein bißchen.«
    »Du mußt besonders auf Treppen vorsichtig sein. Wenn deine Mutter gesehen hätte, was du gerade getan hast…«
    Ich grinste. »Sie hätte geschrien, ja.«
    »Wo ist deine Mutter überhaupt?«
    »Sie und Ellie sind drüben bei den Rennekes. Dinah Renneke hat alle Shaun-Cassidy-Alben zu Weihnachten bekommen. Ellie ist grün vor Neid!«
    »Ich dachte, Shaun wäre out«, sagte mein Vater.
    »Ich glaube, sie hat Angst, daß die Mode auf sie zurückschlägt.«
    Dad lachte. Eine Weile herrschte eine kameradschaftliche Stille.
    Ich saß da, und er kehrte. Ich wußte, er würde von sich aus darauf zu sprechen kommen, was er auch tat.
    »Leigh«, sagte er, »ging doch mit Arnie, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte ich.
    Er sah mich an, dann wieder auf die Kehrichtschaufel. Ich dachte, er würde mich jetzt fragen, ob ich das für klug hielt, oder daß er sagte, es wäre nicht gerade die ideale Art, eine Freundschaft zu pflegen, dem Freund das Mädchen wegzuschnappen.
    Aber er sagte nichts dergleichen.
    »Wir sehen Arnie in letzter Zeit kaum noch. Glaubst du, er schämt sich der Geschichte, die ihm da passiert ist?« -
    Ich hatte das Gefühl, daß mein Vater nichts dergleichen vermutete, sondern nur die Lage testen wollte.

    »Ich weiß es nicht«, erwiderte ich.
    »Ich glaube nicht, daß er viel zu befürchten hat. Nachdem Darnell tot ist«, er kippte die Kehrichtschaufel über der Tonne aus, und die Späne rutschten mit einem weichen Plumps hinein
    - »bezweifle ich, daß sie sich überhaupt die Mühe machen, ihn anzuklagen.«
    »Nein?«
    »Nicht Arnie. Nicht wegen etwas Ernstem. Er mag eine Geldstrafe bekommen und eine Ermahnung des Richters, aber niemand ist daran interessiert, einen so netten jungen Weißen, der sich auf das College und auf eine fruchtbare Rolle in der Gesellschaft vorbereitet, mit einem schwarzen Fleck in seinen Akten zu belasten.«
    Er warf mir einen scharfen fragenden Blick zu, und ich bewegte mich unbehaglich im Lehnstuhl.
    »Ja, ich denke, du hast recht.«
    »Nur, daß er so nicht mehr ist, nicht wahr, Dennis?«
    »Nein. Er hat sich verändert.«
    »Wann hast du ihn denn eigentlich zum letztenmal gesehen?«
    »Am Erntedankfest.«
    »War er damals okay?«
    Ich schüttelte langsam den Kopf und hatte plötzlich das Gefühl, als müsse ich weinen und mit allem herausplatzen. Ich hatte schon einmal ein ähnliches Gefühl gehabt und mich dann doch zurückgehalten; und das tat ich auch diesmal, aber aus einem anderen Grund. Ich besann mich darauf, was Leigh mir vorgestern erzählt hatte, wie besorgt sie um ihre Eltern am Weihnachtsabend gewesen war. Und nun sagte ich mir, je weniger Leute von unseren Vermutungen wußten, um so gefahrloser war es für sie.
    »Was stimmt denn mit ihm nicht?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Weiß Leigh es?«
    »Nein. Nicht genau. Wir haben… nur Vermutungen.«
    »Möchtest du darübei^reden?«
    »Ja. In gewisser Weise schon. Aber ich denke, es wäre besser, wenn ich es nicht tue.«
    »Gut«, erwiderteer, »vorläufigwenigstens.«

    Er kehrte den Fußboden. Das Geräusch der harten Borsten auf dem Beton wirkte fast hypnotisch.
    »Und vielleicht solltest du bald mit Arnie reden.«
    »Ja. Daran dachte ich auch schon.« Aber es war keine Aussprache, auf die ich mich freute.
    Dann folgte wieder eine Periode des Schweigens.
    Dad beendete seine Reinigungsaktion und sah sich dann in der Werkstatt um. »Sieht wieder recht

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