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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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sie anspringen und hast keine Ahnung, wofür sie gut sind und was sie können. Du hast eine Vermutung, eine Vorstellung, mehr nicht. So ist es auch mit den Drogen, mit dem Alkohol und mit dem Sex, und manchmal kommen noch andere Faszinationen dazu - zum Beispiel ein Ferienjob, der plötzlich neue Interessen weckt, eine Reise, ein Kurs in der Schule. Motoren. Sie geben dir den Schlüssel und ein paar Hinweise, und dann sagen sie, du sollst das Ding starten. Manchmal funktioniert es so, daß sich damit die Tür zu einem wahrhaft guten und erfüllten Leben öffnet; aber manchmal funktioniert es auch anders, nämlich daß du damit dann die Straße hinunterbraust und an der nächsten Ecke auf dem Bürgersteig verblutest.
    Motoren.
    Richtig schwere Brocken wie die 382 PS-Maschine, die sie in diese alten Schlitten eingebaut haben. Einen Schlitten wie Christine.
    Ich lag im Dunkeln, wälzte mich herum, bis das Laken völlig zerknüllt war und zu einem feuchten Klumpen wurde. Ich mußte immer wieder an LeBay denken, wie er sagte, sie heißt Christine. Und irgendwie war das für Arnie das Reizwort gewesen. Als wir noch kleine Kinder waren, hatten wir zuerst Roller und dann Fahrräder, und ich gab meinen Zweirädern immer Namen, doch Arnie nie - er behauptete, so etwas sei nur bei Hunden, Katzen und Hamstern angebracht. Und nun nannte er diesen Plymouth Christine, und, was noch schlimmer war, er verwendete weibliche Fürwörter für diesen Schlitten. Für ihn war er kein »es«, sondern immer »sie«.
    Das schmeckte mir nicht, ich wußte nur nicht, warum.
    Selbst mein Vater hatte so darüber gesprochen, als habe Arnie sich nicht eine alte Kiste gekauft, sondern sich verheiratet. Aber so war es doch nicht, oder?
    Halt an, Dennis. Fahr zurück… ich möchte sie noch einmal anschauen.
    So einfach war das.
    Nicht eine Minute Bedenkzeit, was absolut nicht Arnies Art war, der sich sonst alles sehr genau überlegte - er hatte in seinem Leben diese schmerzhafte Erfahrung machen müssen, was einem Außenseiter wie ihm alles passieren konnte, wenn er sich nicht gründlich absicherte und sich seinen spontanen Impulsen überließ. Doch diesmal hatte er sich benommen wie ein Mann, der sich in ein Show-Girl vergafft, ihr stürmisch den Hof macht und am Montagmorgen mit einem gräßlichen Kater und einer neuen Ehefrau aufwacht.
    Es war wie… wie Liebe auf den ersten Blick.
    Wenn schon, dachte ich. Wir werden das alles wieder in die Reihe bringen. Morgen betrachten wir die Sache ganz nüchtern.
    Mit diesem Trost konnte ich endlich einschlafen. Und ich träumte.
    Das mahlende, schnarrende Geräusch eines Anlassers im Dunklen.
    Stille.
    Wieder dieses gequälte Leiern.
    Dann ein Knall, eine Fehlzündung, ein pochendes Dröhnen.
    Das Geräusch eines laufenden Motors im Dunkeln.
    Dann das Aufflammen von Scheinwerfern, grelles Fernlicht, altmodische Zwillingslampen, die mich wie einen Käfer aufzuspießen versuchten.
    Ich stand unter der offenen Garagentür von Roland D. LeBays Einfahrt, und Christine sah mich an - eine neue Christine, ohne Beulen oder Rostflecken. Nicht ein Kratzer auf der spiegelblanken, getönten Panoramascheibe. Aus dem Radio kamen die harten Rhythmen von Dale Hawkins »Susie-Q« - eine Stimme aus einer längst toten Vergangenheit, aber erfüllt mit einer irgendwie erschreckenden Vitalität.
    Der Motor blubberte sanft und kraftvoll, und irgendwie wußte ich, daß er ein Hurst-Getriebe hatte und Feully-Zylinderköpfe, und daß gerade das Öl gewechselt worden war, sauberes honigfarbenes Super-life-Hochleistungsöl rann jetzt durch die Adern der Maschine.
    Plötzlich radieren die Scheibenwischer über das spiegelblanke getönte Glas, und das ist seltsam, denn niemand sitzt hinter dem Lenkrad. Der Wagen ist leer.
    - Nun komm schon, mein Süßer. Laß uns bummeln gehen.
    Laß uns in die Stadt fahren…
    Ich schüttle den Kopf. Ich setze mich nicht in diesen Schlitten. Ich habe Angst vor ihm. Ich will nicht mit ihm fahren. Und plötzlich dröhnt der Motor auf, gibt Vollgas, geht zurück in den Leerlauf, fängt an zu orgeln, immer rauf und runter; es ist ein hungriges Geräusch, erschreckend, und jedesmal, wenn die Maschine auf höhere Drehzahlen geht, scheint Christine einen Satz nach vorne zu machen wie ein bissiger Kettenhund, der an einer schon halb zerfetzten Leine zerrt…
    und ich will fortrennen… weg… aber meine Füße scheinen im Teer der Auffahrt festgebacken zu sein.
    - Mein letztes Angebot, mein Süßer.
    Und ehe ich

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