Dokument1
Opfer eines Verkehrsunfalls geworden war.
»Arnold?« rief Regina schrill.
»Gib Gas, Dennis«, sagte Arnie leise und grinste mich an.
»Den Scheiß brauchst du dir nicht anzuhören.« Er stieg aus und sagte pflichtschuldigst: »Guten Abend, Mam. Guten Abend, Dad.«
»Wo bist du gewesen?« fragte Michael. »Deine Mutter hat sich fürchterliche Sorgen gemacht, junger Mann!«
Arnie hatte recht. Das Familienrührstück hatte ich bereits gestern gesehen. Ich sah nur kurz in meinen Rückspiegel, und da stand er in der Einfahrt, einsam und verwundbar - und dann nahmen sie ihn unter ihre Fittiche und in das 60000 Dollar teure Familiennest, wo sie zweifellos alle pädagogischen Register ziehen und all die Tricks anwenden würden, die man in der Elternschule lernt. Sie waren so verdammt rational dabei, und deshalb hatten sie es sich zum größten Teil selbst zuzu-schreiben, was aus ihrem Sprößling geworden war - aber sie waren zu rational veranlagt, um das einzusehen.
Ich schaltete das Radio ein. Sie waren immer noch bei der Wohnblock-Wochenendparty, und Bob Seger und die Silver Bullet Band sangen und spielten den Hit »Still the Same«. Das war mir nun doch ein bißchen zuviel des Guten, und deshalb drehte ich weiter, bis ich die Übertragung des Spiels der Phillies auf dem Sender hatte. Die Phülies waren am Verlieren. Auch das noch. Das paßte genau ins Bild.
7 Schlechte Träume
I’m a roadrunner, honey,
And you can’t catch me.
Yes, I’m a roadrunner, honey,
And you can’t keep up with me.
Come on over here and race.
Baby, baby, you’ll see.
Move over, honey! Stand back!
I’m gonna put some dirt in your eye!
- Bo Diddley
Als ich nach Hause kam, saßen mein Vater und meine Schwester in der Küche und aßen mit Rohrzucker bestreute Sandwiches. Da meldete sich der Hunger in mir, denn ich hatte noch nicht gegessen.
»Wo hast du dich herumgetrieben, Boss?« fragte Elaine und schaute dabei nicht einmal von ihrer Lektüre auf, irgendeinem Teenagermagazin. Sie hatte mich Boss getauft, als ich im voran-gegangenen Jahr Bruce Springsteen entdeckte und ein leidenschaftlicher Fan von ihm wurde. Seither wartete sie vergeblich darauf, daß ich mich über diesen Spitznamen ärgerte.
Figürlich war Elaine mit ihren vierzehn Jahren schon fast aus dem Kindheitsalter heraus und versprach, eine vollkommene amerikanische Schönheit zu werden - langbeinig, schlank, dunkelhaarig und blauäugig. Das Versprechen hat sie später auch gehalten. Aber in diesem Sommer 1978 war sie ein typischer, durchschnittlicher Teenager. Mit neun Jahren war sie von Donny und Marie Osmond hingerissen gewesen, mit elf hatte sie bei John Travolta feuchte Augen bekommen (ich beging den Fehler, ihn John Revolta zu nennen, und sie hätte mir hinterher um ein Haar ein Auge ausgekratzt - vermutlich hatte ich nichts anderes verdient). Mit zwölf war sie ein Shaun-Cassidy-Fan, und jetzt war Andy Gibb ihr Idol. Seit einiger Zeit schien sich ihr Geschmack zu ändern, da sie eine Vorliebe für solche chaotischen Schwermetall-Rock-Bands wie Deep Purple und Styx entwickelte.
»Ich hab’ Arnie geholfen, seinen Wagen unter Dach und Fach zu bringen«, antwortete ich, wobei ich das Wort eher an meinen Vater richtete als an meine Schwester.
»Dieses Ekel«, meinte Ellie seufzend und blätterte in ihrem Heftchen eine Seite weiter.
Ich empfand plötzlich den starken Drang, ihr das Heft aus den Händen zu reißen, es zu zerfetzen und ihr die Einzelstücke ins Gesicht zu werfen. Das war für mich ein Beweis, wie stressig dieser Tag verlaufen war. Elaine hält Arnie gar nicht für ein Ekel, sie läßt nur keine Gelegenheit aus, mich auf die Palme zu bringen. Vermutlich hatte ich in den letzten fünf Stunden zu oft gehört, was die Leute über Arnie sagten. Seine Tränen auf meinem Hemd waren noch nicht ganz trocken.
»Wie steht’s eigentlich mit deiner Lieblingsgruppe Kiss?«
fragte ich mit honigsüßer Stimme. »Hast du deine Liebesbriefe schon an Erik Estrada abgeschickt? >Oh, Erik, ich sterbe vor Liebe für Dich! Mir steht jedesmal das Herz still, wenn ich mir vorstelle, wie Du mir mit Deinen dicken, fetten Lippen einen Kuß gibst…<«
»Du bist ein Scheusal«, erwiderte sie kalt. »Ja, das bist du.«
»Ein Scheusal ohne jedes Verständnis für Teenager.«
»Das ist richtig.« Sie raffte ihr Magazin und ihr Rohrzucker-Sandwich und schlenderte ins Wohnzimmer.
»Daß du mir nicht den Zucker auf den Teppich schüttest, Ellie!« warnte Daddy sie und
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