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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Pause nach der ersten Halbzeit stand ich auf.
    »Wo willst du hin?« fragte Dad.
    Ja, wo wollte ich eigentlich hin? Zu Darnells Garage? Arnie zusehen? Ihn bemuttern, wenn Will Darnell ihn schurigelte?
    Mir noch einen Schuß Weltschmerz holen? Zum Teufel damit.
    Arnie war alt genug.
    »Nirgendwohin«, sagte ich. Ich fand ein Käsehörnchen hinter den Toastschnitten im Brotkasten versteckt. Ein Dessert, das sich Elaine für den Abend reserviert hatte. Ich konnte mir ihr dämliches Gesicht vorstellen, wenn sie beim Werbespot während Saturday Night Live in die Küche schlich, um sich diese Kostbarkeit einzuverleiben. »Nirgendwohin«, wiederholte ich.
    Ich kam zurück in das Wohnzimmer und verzehrte das Käsehörnchen, trank noch ein Bier, und dann sahen wir weiter zu, wie die Phillies mit den Atlanta-Boys Katz und Maus spielten. (»Denen haben sie aber eins übergebraten, Denny«, hätte mein Großvater gesagt, der bereits fünf Jahre tot war. Ich konnte seine keckernde Altmänner-Stimme hören: »Die haben sie regelrecht frikassiert, Denny!«), und Arnie Cunningham war vergessen.
    Fast vergessen.
    Am nächsten Nachmittag kam er dann auf seinem klapprigen Dreigangrad zu uns, während Elaine und ich Croquet auf dem Rasen spielten. Elaine beschuldigte mich des Mogeins. Sie war unausstehlich. Elaine war immer unausstehlich, wenn sie ihre Periode bekam. Elaine war sehr stolz auf ihre Periode, sie bekam sie schon seit vierzehn Monaten.
    »He«, sagte Arnie, als er um die Hausecke bog, »was sind das für Geräusche? Ich dachte, ich treffe hier King-Kong und Fran-kensteins Braut, aber es sind nur Ellie und Dennis.«
    »Quatsch nicht so viel, Mann. Such dir lieber einen Schlä-
    ger«, sagte ich.
    »Ich spiele nicht mehr mit«, maulte Elaine und warf das Croquet-Holz hin. »Du mogelst noch schlimmer als Dennis.
    Typisch Mann!«
    Während sie erhobenen Hauptes davonstolzierte, sagte Arnie, mit tief gerührter Stimme: »Das ist das erstemal, daß sie
    >Mann< zu mir gesagt hat.«
    Er fiel auf die Knie und verdrehte selig die Augen. Ich begann zu lachen. Arnie konnte verdammt witzig sein, wenn er wollte. Das war einer der Gründe, weshalb ich ihn so mochte.
    Und es war auch eines -der Geheimnisse unserer Freundschaft.
    Ich glaube, daß niemand außer mir seinen Witz erkannte. Ich habe mal von einem Millionär gehört, der einen gestohlenen Rembrandt in seinem Keller versteckte, wo ihn niemand außer ihm betrachten konnte. Ich kann diesen Typ gut verstehen. Ich möchte damit nicht sagen, daß Arnie ein Rembrandt war oder ein Komiker der Weltklasse, aber ich vermochte durchaus zu begreifen, was für ein Vergnügen man an einer Sache haben konnte, die sich anderen nicht erschloß.
    Wir alberten eine Weile auf dem Croquetkurs herum, spielten nicht ernsthaft, sondern droschen die Holzbälle mit voller Wucht über den Rasen, bis einer durch die Buchsbaumhecke in den Rosengarten der Blackfords flog. Ich holte ihn wieder, und danach hatten wir keine Lust mehr. Wir setzten uns auf zwei Klappstühle. Unsere Katze, Screaming Jay Hawkins, der Nach-folger von Captain Rinderherz, schlich mit glitzernden, bern-steingrünen Augen zur Hecke, wo sie eines von den putzigen kleinen Streifenhörnchen zu finden hoffte, um es dann im Zeitlupentempo grausam zu ermorden.
    »Ich hatte dich eigentlich gestern zur Sportreportage erwartet«, sagte ich. »Es war ein gutes Spiel.«
    »Ich war in Darnells Werkstatt«, erwiderte er. »Aber ich hab’
    die Übertragung im Radio gehört.« Seine Stimme wurde drei Oktaven höher, und er lieferte mir eine verdammt gute Imita-tion meines Großvaters: »Die haben ihnen eins übergebraten, Denny! Die haben Hackfleisch aus ihnen gemacht!«
    Vielleicht lag es am Licht, das zwar immer noch hell genug war, aber seltsam kalkig und diffus, weil der Himmel sich jetzt bewölkte, doch Arnie kam mir an diesem Tag irgendwie verändert vor. Er sah müde aus - hatte blaue Ringe um die Augen-; aber gleichzeih’g schien seine Haut glatter auszusehen. Er hatte bei der Arbeit eine Menge Cola getrunken, obwohl er wußte, daß er das nicht durfte, aber manchmal hatte er der Versuchung einfach nicht widerstehen können. Seine Akne verlief in Schüben, wie bei den meisten Teenagern, und hing von der Gesamtverfassung ab, nur, daß sie bei Arnie nie abheilte, sondern zwischen schlimm und sehr schlimm pendelte.
    »Wie weit bist du mit dem Schlitten gekommen?« fragte ich.
    »Nicht weit. Ich hab’ das Öl gewechselt und den Motorblock

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