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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Route abgekommen wäre. Daran war dieser schmierige irische
    »Italiener« namens Gino schuld, der immer kurz vor der Ecke auf mich lauerte, wo ich nach links abbiegen mußte.
    Damals war Gino für mich fast eine unwiderstehliche Versuchung -, selbst wenn ich mit geschlossenen Wagenfenstern an ihm vorbeifahren wollte. Ginos italienische Pizzeria liegt an der Ecke Main Street und Basin Drive, und jedesmal, wenn ich dort vorbeifuhr und auf dem Neonreklameschild die Pizza Grandiosa aus der Pfanne hüpfen sah, von leuchtenden Fettklümp-chen umgeben, die sich dann als I-Tüpfelchen auf der Leuchtschrift darunter niederlassen, konnte ich nicht widerstehen.
    Und an diesem Abend hatte meine Mutter wieder ihren Kursus, was bedeutete, daß ich mir aus den Vorräten im Kühlschrank selbst ein Abendessen zusammenstellen mußte. Keine erfreuliche Aussicht, denn weder Daddy noch ich waren große Köche vor dem Herrn, und EUie würde sogar das Wasser anbrennen lassen.
    »Wir essen eine Pizza«, sagte ich und bog schon in Ginos Parkplatz ein. »Was sagst du dazu, eine große, fette Pizza, die nach verschwitzter Achselhöhle riecht.«
    »Himmel, Dennis, du kannst einem aber etwas schmackhaft machen!«
    »Na gut, dann wie ‘ne Achselhöhle nach dem Duschen«, verbesserte ich mich. »Komm schon!«
    »Nein, ich bin knapp bei Kasse«, sagte Arnie lustlos.
    »Ich geb’ einen aus. Du kannst sogar diese scheußlich schmeckenden Anchovis von mir haben, wenn du willst. Was sagst du dazu?«
    »Dennis, ich habe wirklich keine…«
    »Und dazu ein Pepsi«, sagte ich.
    »Pepsi verdirbt meinen Teint. Das weißt du sehr genau.«
    »Ja, ich weiß. Deshalb bekommst du auch eine große Flasche Pepsi, Arnie.«
    Zum erstenmal kam heute Leben in seine grauen Augen.
    »Eine Literflasche Pepsi«, murmelte er. »Du bist ein Scheusal, Dennis. Wirklich.«
    »Zwei Literflaschen, wenn dir das zuwenig ist«, fuhr ich fort.
    Ich war wirklich ein Scheusal - als würde ich eine Drei-Zentner-Frau zu Schokoladencremetorte überreden.
    »Zwei«, wiederholte Arnie und packte mich an der Schulter.
    »Zwei Literflaschen Pepsi, Dennis!« Er warf sich auf seinem Sitz herum, griff sich mit der Hand an den Hals und schrie:
    »Zwei! Sofort! Zwei Pepsi, oder ich verdurste!«
    Darüber mußte ich so lachen, daß ich fast mit der Stoßstange in die Hofmauer hineingefahren wäre. Warum sollte er nicht zwei Cola trinken? dachte ich. Zweifellos hatte er das Zeug schon lange nicht mehr getrunken. Denn was ich vor zwei Wochen im diffusen Licht eines bewölkten Himmels noch für eine optische Täuschung gehalten hatte, war inzwischen nicht mehr wegzuleugnen. Zwar hatte er immer noch eine Menge Pickel und Pusteln - aber die meisten von ihnen - entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen den Appetit verderbe - safteten nicht mehr. Sein Aussehen hatte sich auch in anderer Hinsicht verbessert. Die harte Muskelarbeit im Freien hatte ihm eine gesunde Hautfarbe gegeben, und physisch war er in einer besseren Verfassung als je zuvor. Deshalb dachte ich, daß er sich seine Pepsi verdient hatte. Der Sieger wird immer verwöhnt.
    Ginos Pizzeria gehört dem »Italiener«-Typen namens Pat Donahue. An seiner Registrierkasse klebt ein Abziehbild, ein irisches vierblättriges Kleeblatt mit der Inschrift IRISH MAFIA.
    Am St. Patricks-Tag gibt’s bei ihm Freibier (der 17. März ist diesem Heiligen gewidmet, und dann ist Gino knüppelvoll, und die Musikbox spielt ununterbrochen dieselbe Platte:
    »When Irish Eyes are smiling«, von Rosemary Clooney mit viel Heimweh in der Stimme).
    Die Musikbox ist eine alte Wurlitzer, ein Prunkstück aus den vierziger Jahren, voll mit Oldies (Rosemary Clooney war durchaus keine Ausnahme) aus der gleichen Zeit. Vermutlich war es die letzte Musikbox in den Vereinigten Staaten, die drei Platten für fünfundzwanzig Cent spielte. Wenn ich mal, was sehr selten vorkommt, einen Haschstengel rauche, lande ich auf meinem Trip unweigerlich bei Gino, wo ich mir drei Grandiosas bestelle, dazu einen Liter Pepsi und sechs oder sieben von Pat Donahues hausgemachten Rumkugeln. Und dann sitze ich nur da und schaufle das Zeug in mich hinein, während die Wurlitzer dazu ununterbrochen Platten von den Beach Boys und den Rolling Stones spielt.
    Wir gingen hinein, bestellten und beobachteten, wie die drei Pizzabäcker in der Küche die runden Teigfladen in die Luft schleuderten und wieder auffingen, und dabei flogen zwischen ihnen so typisch italienische Nettigkeiten hin und her wie:
    »Warst du

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