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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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über-sprang.
    »Ich seh’ dich in der sechsten«, sagte sie und ging mit sanft wiegenden Hüften unter einem grünen Baumwollstrickrock davon. Dabei strich sie das Haar zurück, daß es wie Honig über ihren Pullover floß.
    »Was hast du denn in der sechsten?« erkundigte ich mich.
    Ich hatte eine Verfügungsstunde - unter der Aufsicht der Schreckschraube Miss Raypach, die von allen Miss Ratten-Pack genannt wurde… selbstverständlich nur hinter ihrem Rücken.
    »Sphärische Geometrie«, sagte er mit einer verträumten, geradezu süßlichen Stimme, die sich so sehr von seiner gewöhnlichen unterschied, daß ich unwillkürlich kichern mußte. Er blickte mich mit gerunzelten Augenbrauen an. »Was gibt es denn da zu lachen, Dennis?«
    »Sphären-Klääänge«, sagte ich, rollte dabei mit den Augen, breitete die Arme aus wie Flügel und lachte noch lauter.
    Er tat so, als wollte er mich schlagen. »Mach-mich-nicht-wütend, Guilder«, sagte er.
    »Oh - ich wundere mich nur, weshalb du plötzlich auf die höhere Mathematik umsattelst.«
    »Komm mir nur nicht damit! Seit sie dich in die Fußballmannschaft gesteckt haben, baut ihr nur noch Scheiße!«
    Mr. Hodder, der den Anfängerklassen die Tücken der Gram-matik beibrachte, kam in diesem Augenblick vorbei und blickte Arnie strafend an: »Solche Worte sollten Sie hier innerhalb des Schulgebäudes nicht in den Mund nehmen«, sagte er und ging dann weiter, eine Aktenmappe in einer Hand, einen Hamburger in der anderen.
    Arnie bekam einen hochroten Kopf. Das passierte ihm jedesmal, wenn ein Lehrer ihn anredete (es war eine so automatische Reaktion, daß er in der Grundschule häufig für Dinge bestraft wurde, die er gar nicht angestellt hatte, nur weil er schuldig aussah).

    Vermutlich sagt das etwas aus über die Art, wie Michael und Regina ihn erzogen hatten - ich bin okay, du bist okay; ich bin eine Persönlichkeit, du bist eine Persönlichkeit; wir respektieren uns gegenseitig rücksichtslos; und wenn jemand etwas Unrechtes getan hat, bekommt er so etwas wie einen allergi-schen Schuldkomplex. Alles das gehört zur freizügigen Erziehung in Amerika, nehme ich an.
    »Paß auf, daß du keinen Scheiß redest, Cunningham«, sagte ich.
    Jetzt mußte er auch lachen. Wir gingen den langen, hallenden Korridor hinunter. Schüler liefen hin und her oder lehnten, ihre Pausenbrote verzehrend, an den Wandschränken. Es war eigentlich verboten, in den Korridoren zu essen, doch die wenigsten kümmerten sich darum.
    »Haben sie dir zu Hause etwas eingepackt?« fragte ich.
    »Ich habe eine Tüte mit belegten Broten im Schrank.«
    »Hol sie. Essen wir draußen auf der Stadiontribüne.«
    »Hast du nicht inzwischen einen Horror vor dem Sport-platz?« fragte Arnie. »Wenn du noch öfter am vergangenen Samstag auf dem Bauch gelegen hättest, hätte der Schiedsrichter dich vermutlich dort einpflanzen lassen.«
    »So schlimm war es nicht. Wir haben ein Auswärtsspiel, und ich muß mal raus.«
    »Nun gut, treffen wir uns draußen.«
    Wir trennten uns. Jeder -ging zu seinem Spind, um sein Lunchpaket zu holen. Ich hatte vier Sandwiches, um den ärgsten Hunger damit zu stillen. Seit Coach Puffer sein Marathon-Training veranstaltete, schien ich nie mehr satt zu werden.
    Ich ging den Korridor hinunter und dachte dabei an Leigh Cabot und daran, wie fast alle hier in der Schule kopfstehen würden, wenn die beiden miteinander gingen. Die Gesellschaft an einer High School ist sehr konservativ, müssen Sie wissen.
    Die Mädchen machen jede verrückte Mode mit, und die Jungs tragen zuweilen ihre Haare bis zum Hintern, jeder raucht ein bißchen Hasch oder schnupft ein bißchen Koks; aber das alles ist nur äußerlich, die Patina, eine Art Tarnung, hinter der man sich klarzuwerden versucht, was mit dem Leben und einem selbst geschehen soll. Es ist einem Spiegel vergleichbar -, den man dazu benützt, das Sonnenlicht in die Augen der Eltern und Lehrer zu reflektieren in der Hoffnung, sie damit zu verwirren, ehe sie einen noch mehr durcheinanderbringen können, als man es sowieso schon ist. In ihren Herzen sind die meisten Oberschüler so ausgeflippt wie eine republikanische Bankiers Versammlung im Kirchenausschuß. Es mochte Mädchen geben, die alle Platten von Black Sabbath hatten, aber wenn Ozzy Osbourne in ihre Schule ginge und eine von ihnen zum Rendezvous aufforderte, würde sie (und ihre Freundinnen) vor Lachkrämpfen einen Blutsturz bekommen.
    Ohne seine Akne und Pickel sah Arnie okay aus -

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