Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
Berichte. Der Sohn von Lerer Palliako ist in Vanai. Geder heißt er. Klin hat ihn benutzt, um unpopuläre Aufgaben zu erfüllen. Niemand mag oder respektiert ihn.«
»Weshalb nicht? Ist er schwachsinnig?«
»Schlimmer als schwachsinnig – einer jener Männer, die nur wissen, was sie in Büchern gelesen haben. Er ist einer von denen, die einen Bericht über eine Segelschifffahrt lesen und denken, sie seien Kapitän.«
»Und Ihr wollt, dass Ternigan Geder Palliako an Klins Stelle setzt?«
»Wenn nur die Hälfte von dem, was ich gehört habe, wahr ist«, sagte Dawson mit einem Lächeln, »gibt es keine bessere Wahl, um Vanai zu verlieren.«
Marcus
Im Salzviertel von Porte Oliva waren die Nächte nicht still. Selbst in der tiefen Nacht, wenn kein Mond die Straßen erleuchtete, gab es Geräusche. Stimmen, die sich singend oder im Zorn erhoben, das Huschen und Klagen verwilderter Katzen. Und in den Zimmern, die er und Yardem gemietet hatten, die langsamen und regelmäßigen Atemzüge des Mädchens, das endlich schlief. Marcus konnte inzwischen an der Art, wie sie atmete, unterscheiden, ob sie schlief oder sich nur dazu zwingen wollte. Es war eine Intimität, die er niemals zur Sprache brachte.
Yardem hockte auf dem Boden neben der leuchtenden Glut des Feuers, die Ohren nach vorn gerichtet, die Augen ins Leere blickend. Marcus hatte den Tralgu schon ganze Nächte so dasitzen sehen; reglos, abwartend, bewusst, ohne die Bewusstheit zu betonen. Yardem schlief nie während der Wache ein, und er musste sich niemals anstrengen, zur Ruhe zu kommen, wenn er keinen Dienst hatte. Marcus, schlaflos in seine Decke eingewickelt, beneidete ihn darum.
Die Kälte des Winters lag noch über der Stadt, aber es würde nicht mehr viele Wochen dauern, bis die Schifffahrtsstraßen wieder offen waren. Ein Schiff von Porte Oliva nach Carse wäre schneller als eine Reise über Land durch Birancour. Und solange er vor Kapitän und Mannschaft geheim halten konnte, was sie genau transportierten …
Das Kratzen war leise; es war da und einen Augenblick später wieder fort. Ledersohlen auf Stein. Yardem setzte sich ein Stückchen aufrechter hin. Er blickte hinüber zu Marcus, dann deutete er einmal auf das undurchsichtige Fenster aus Pergament und dann zur Tür. Marcus nickte und rollte sich langsam von der Bettstatt, sorgsam darauf bedacht, das Gewebe unter ihm nicht ächzen zu lassen. Er machte einen langsamen Schritt auf das Fenster zu, während Yardem sich zur Tür begab. Als Marcus sein Messer zog, ließ er den linken Daumen am Stahl, damit es nicht klirrte, als es aus der Scheide kam. Cithrin schnarchte zart hinter ihm.
Wer immer dort war, sie machten so etwas nicht zum ersten Mal. Die Tür krachte im selben Augenblick auf, in dem ein Mann durch das Pergamentfenster sprang. Marcus versetzte ihm einen tief gezielten Tritt, und sein Stiefel krachte in das Knie des Eindringlings. Während der Mann darum kämpfte, sein Gleichgewicht wiederzufinden, schlitzte ihm Marcus die Kehle auf, und zwei weitere Männer drängten hinter ihm herein. Sie hatten Dolche. Schwerter wären auf diesem engen Raum ungeschickt gewesen. Marcus hatte gehofft, dass sie Schwerter haben würden.
Yardem knurrte, wie er es machte, wenn er etwas zu Schweres hob, und eine unbekannte Stimme schrie vor Schmerz auf. Der Dolchträger links von Marcus ließ eine Reihe von kleinen Hieben niederprasseln, die dazu gedacht waren, seine Aufmerksamkeit zu erregen und ihn zurückzutreiben, während der auf der Rechten vorrückte, um ihm in die Flanke zu fallen. Sie waren breit gebaut, aber nicht untersetzt. Erstgeborene oder Jasuru und nicht Yemmu oder Haavirisch. Marcus achtete nicht auf die Finte, stattdessen täuschte er an, um den Mann zu seiner Rechten davon abzuhalten, hinter ihn zu gelangen. Der erste Mann nutzte die Blöße und ließ seine Klinge hineingleiten. Marcus spürte, wie Schmerz auf seinen Rippen erblühte, aber er ignorierte es. Hinter ihm knackte ein Knochen, doch niemand schrie.
»Wir geben auf«, sagte Marcus und glitt vor, während sich sein Fuß am Knöchel des rechten Gegners einhakte. Als er das Messer vorstieß, trat der Mann instinktiv zurück und stolperte. Marcus versenkte sein Messer in die Lenden des Mannes, aber dieser Vorstoß ließ ihn wieder ungedeckt dastehen. Der verbliebene Angreifer, der ihm bereits eine Wunde zugefügt hatte, stürzte sich zum Todesstoß auf ihn. Marcus drehte sich, und die feindliche Klinge glitt auf seiner Schulter ab.
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