Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
den Raum betrat. »Ich würde es nicht einmal tun, wenn ich alles darauf gesetzt hätte. Aber sei dir dessen bewusst, ich bin nicht derjenige, der auf Sabiha herabschaut. Sie ist deine Frau und daher meine Schwester, und du musst dich schon mit ihren Gutwetterfreunden unterhalten, nicht mit mir.«
Ihre beiden Jungen wandten sich an sie.
»Was«, sagte Clara. Die Erschöpfung in ihrer Stimme lastete so schwer auf dem Wort, dass es alles war, was sie herausbrachte. »Was?«
Jorey blickte seinen Bruder an, dann zu Boden. Als er etwas sagte, schob er das Kinn vor. So hatte es auch Dawson gemacht. Clara fragte sich, ob der Junge den Mann nachahmte oder ob ihm etwas im Blut lag, das die Kalliam-Männer dazu veranlasst hätte, auch wenn sie einander nie begegnet wären.
»Sabiha hat ein Gartenfest angesetzt«, sagte Jorey. »Mit einem halben Dutzend ihrer alten Freundinnen. Ein paar, die auch während des … letzten Skandals zu ihr gehalten hatten. Sie haben sich alle entschuldigen lassen.«
»Und er macht es mir zum Vorwurf«, warf Barriath ein. »Ich habe mich nicht schlecht benommen. Ich habe diese Mädchen nicht aufgesucht und ihnen gesagt, dass sie Sabiha den Rücken zuwenden sollen.«
»Das war auch nicht nötig«, sagte Jorey. »Jeder weiß, dass wir hier sind.«
»Sind wir nicht«, erwiderte Barriath. »Du vielleicht, aber ich bin woanders. Tut mir leid, Mutter.«
Sie wollte ihn fragen, wohin er ging. Wie sie ihn erreichen sollte. All die tausend Fragen, die es ihr gestattet hätten, die Familie zumindest scheinbar zusammenzuhalten. Aber sie war zu müde, ihre Gedanken waren zu zerstreut. Er fegte an ihr vorüber, als er hinausging, und sie hatte das Gefühl, die heftige Bewegung, mit der er sie passierte, hätte sie auch umwerfen können. Jorey hatte sich nicht bewegt. Sein Gesicht war blass und gequält. Sabiha war an seinem Ellbogen erschienen.
»Mutter, das wird nicht funktionieren«, sagte er.
»Doch«, erwiderte sie. »Es ist nur im Augenblick schwierig, aber es wird funktionieren. Barriath trauert. Wir alle tun das. Du musst ihn nachsichtig behandeln.«
»Das meine ich nicht«, erklärte er. »Du hast gesagt, du wünschst dir, dass ich für Sabiha das bin, was Vater für dich gewesen ist.«
»Das stimmt, das wünsche ich mir.«
»Vater hat dich über alle anderen gestellt. Über alles. Wenn du ihn darum gebeten hättest, hätte er alles getan. Es gab keine Grenze.«
»Das ist richtig, glaube ich«, sagte sie, aber Jorey schüttelte den Kopf. Tränen liefen ihm über die Wangen; er hatte nicht mehr so geweint, seit er ein Kind gewesen war. Nicht einmal an jenem schrecklichen Tag, als Geder ihren Gemahl getötet hatte.
»Ich kann das nicht tun«, erklärte er und dann leiser: »Ich kann nicht.«
»Ich werde es tun«, sagte Sabiha und legte Clara eine Hand auf die Schulter. »Bitte. Setzt Euch einen Augenblick zu mir, meine Lady.«
Clara ließ sich zu einem Platz am Fenster führen. Sabiha setzte sich neben sie und hielt ihre Hand. Das Mädchen wirkte dünner. Und nicht nur, was Gesicht und Körper betraf. Nach der Hochzeit war sie eine Weile voller Freude gewesen. Von einem Gefühl der Hoffnung erfüllt, das aus den Veränderungen hervorging, die ihr neuer Ruf mit sich brachte. Das war nun verschwunden, und Clara wusste, weshalb. Sie wusste beinahe, was Sabiha sagen wollte. Die Worte, die Jorey nicht über die Lippen gebracht hatte.
»Wir lieben Euch«, sagte Sabiha, »und wir werden immer Eure Familie sein, aber Ihr müsst dieses Haus verlassen.«
Es war seltsam. Clara spürte tatsächlich, wie die Worte in sie eindrangen wie Messer. Es war eine körperliche Empfindung am Hals und im Herzen.
»Oh«, sagte sie.
»Es ist für Jorey allein schon schwer genug«, fuhr Sabiha fort, während sie Claras Hand mit den Fingern drückte. »Aber jeder hat ihn gesehen, als er Lord Kalliam verleugnet hat. Sie wollen ihm eine Chance geben. Nun, zumindest einige von ihnen. Aber Ihr habt nichts gesagt. Barriath auch nicht. Und ganz ehrlich, selbst wenn Ihr gesprochen hättet, meine Lady, kann Euch niemand sehen, ohne auch Euren Gemahl zu sehen. Ihr wart zu sehr eine Einheit, und selbst jetzt, da er fort ist, tragt Ihr ihn bei Euch. Das erkennt Ihr doch, oder? Versteht Ihr es?«
»Ja«, sagte Clara. »Ich kann ihn selbst spüren.«
»Bis der Hof es vergisst, zumindest ein wenig, beschmutzt es uns mehr, Euch bei uns zu haben, als es Euch schützt.«
»Ich werde gehen«, sagte Clara. »Wenn es auf dem
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