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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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dienen. Er ging zu ihr hinüber, trat unter dem Schatten des Steindrachen hervor. Er wirkte müde, zufrieden und stattlich. Er legte ihr den Arm um die Taille und wandte sich um, um dort hinzusehen, wo auch sie hinsah. Clara lehnte sich an ihn. Seine Arme waren jetzt so fest und stark wie sie an jenem Tag vor vielen, vielen Jahren gewesen waren.
    »Lass sie zusammen glücklich sein«, sagte er, und seine Worte hallten durch den steinernen Raum. Aber natürlich richtete sich sein Gebet nicht an einen Drachen oder Gott. Es war ein Geschenk für sie, mit dem er erklärte, dass er sie unterstützte. »Erinnerst du dich daran, als es an uns war, hier zu stehen?«
    »Ja«, sagte sie. »Nun, zum Teil zumindest. Ich hatte mir mit Wein Mut angetrunken und vielleicht ein wenig zu viel erwischt, so dass ich beschwipst war.«
    »Oh ja. Ja, das warst du.«
    Sie lehnte den Kopf an seinen. »Braucht mich jemand?«, fragte sie.
    »Ja. Der junge Palliako ist völlig aus dem Häuschen, und Jorey muss sich langsam um seine eigenen Vorbereitungen kümmern.«
    Clara holte tief Luft und richtete sich gerade auf. »Führ mich zur Front, Liebster«, sagte sie.
    Wie bei jeder Hochzeit im Frühling, bei der es der Wind gestattete, wurde das Fest auf dem Tempelgelände abgehalten. Clara zählte fünfhundert geladene Gäste, aber der Andrang ließ es eher nach tausend aussehen. Wie es die Tradition verlangte, war das Schmucktuch der Skestinin in die Äste der Bäume geknotet, und Zierkäfige mit Sklaven etlicher Rassen waren aufgestellt, damit sie Hymnen an Antea und Gott und die Rückkehr des Frühlings sangen. An einem solchen Käfig, in dem eine junge Cinnae-Frau, so dünn und blass, dass sie wirkte, als wäre sie aus Zuckerwatte, einen stolzen, erhebenden Gesang in einer Sprache zum Besten gab, die Clara nicht kannte, fand sie Jorey, der Geder Palliako bewachte.
    Das Problem war sofort ersichtlich. Canl Daskellins Tochter Sanna lächelte das älteste von Banniens Mädchen eisig an, während Nesin Pyrellin aussah, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Peinlich berührt spürte Clara einen Stich im Herzen, und sie fragte sich, ob sie je so durchschaubar und würdelos gewesen war. Sie hoffte es wirklich nicht.
    Es war natürlich nicht nur die Schuld der Mädchen. Das Leben einer Frau bei Hofe wurde immer durch die Heirat bestimmt, und gewissermaßen war das auch ein Segen. Clara hatte vor ihrem zwanzigsten Benennungstag in diesem Tempel ihre Aufwartung gemacht, und seitdem war ihr Platz bei Hofe immer gefestigt gewesen. Sie war Lady Kalliam, die Baronin von Osterlingbrachen, aber sie hätte genauso leicht die Baronin von Nurning sein können oder einfach nur Lady Mivekilli, die Frau des Grafen von Niederhaven. In jedem Fall wären ihr Platz und ihr Rang festgelegt gewesen, und sie hätte genau die Freiheit gehabt, sich das Leben innerhalb dieser Grenzen so zu gestalten, wie sie es wünschte. Ohne Dawson wäre sie nach wie vor Clara gewesen. Aber was das bedeutete , hätte sich verändert. Diese Mädchen blickten Geder Palliako an und sahen eine Gelegenheit, Sicherheit, Status und Macht zu erlangen. Das taten sie, weil man es ihnen so beigebracht hatte und weil es ihr Recht war.
    Dennoch konnte man nicht zulassen, dass sie damit den Tag ruinierten.
    »Baron Ebbinwinkel!«, rief Clara, rauschte heran und schlang Geders Arm um den ihren. »Ich habe überall nach Euch gesucht. Es macht dir doch nichts aus, dass ich mir Lord Palliako schnappe, Liebling?«
    »Das ist in Ordnung, Mutter«, sagte Jorey und entbot ihr mit den Augen den Dank, den er nicht laut aussprechen konnte.
    Clara lächelte und drehte Geder langsam, wobei sie ihn so sorgsam führte, dass nicht auffiel, dass er geführt wurde. An der Seite des Tempels gab es einen Alkoven, wo es überzeugend so aussah, als ob sie sich ein wenig unterhielten; allerdings hatte sie wirklich keine Ahnung, worüber sie mit dem Mann sprechen sollte. Das Merkwürdige an Geder Palliako – das, was niemand sonst aussprach – war, wie sehr und oft er sich veränderte. Früher war er ihr kaum aufgefallen, wie es eben mit Leuten aus den Randbereichen des Hofes war, bis er und Jorey zu den Freistädten aufgebrochen waren. Sie hatte ihn gesehen, als er von dort zurückgekehrt war, und auf seiner Siegesfeier mit ihm getanzt. Er hatte verwirrt, verloren und erstaunt gewirkt, wie ein Kind, das zum ersten Mal sah, wie ein Kundiger Wasser in Sand verwandelte. Dann war er jenen ganzen schrecklichen Sommer

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