Dolly - 04 - Dolly, die Klassensprecherin
Kolben.“
„Wie nett zu hören, daß du überhaupt ein Herz hast“, bemerkte Alice mit ihrer freundlichsten Stimme. „Wo sitzt es eigentlich?“
Evelyn warf den Kopf herum und ging mit Clarissa weg. „Ein Biest, nicht wahr?“ hörten die anderen sie sagen. „Ich kann sie einfach nicht ertragen. In Wahrheit mag niemand sie leiden.“
Alice kicherte. „Ich möchte wirklich wissen, was für Gift Evelyn sonst noch alles in Clarissas arme Ohren träufelt“, sagte sie. „Wir dürfen eigentlich nicht erlauben, daß Evelyn so ganz von ihr Besitz ergreift. Du solltest da etwas unternehmen, Dolly.“
Dolly war von dieser direkten Aufforderung nicht entzückt. Sie begriff sofort, daß Alice recht hatte – sie hätte sicherlich etwas unternehmen müssen, damit Evelyn die schwächliche kleine Clarissa nicht so völlig für sich beanspruchte. Dadurch bekam sie gerade in ihrer ersten Zeit viele falsche Vorstellungen – und es würde schwierig sein, das später zu korrigieren!
„In Ordnung“, sagte sie. „Aber laßt mir Zeit. Clarissa ist ja erst kurz hier.“
Im Bad unten ging es lustig zu. Die guten Schwimmerinnen schwammen natürlich um die Wette. Marlies hüpfte an der seichten Stelle auf und ab und machte hin und wieder sogar einige Schwimmstöße. Diana war auch im Wasser und bibberte wie gewöhnlich, hopste aber neben Marlies her in der Hoffnung, daß Dolly nicht verlangte, sie sollte am Wettschwimmen teilnehmen. Margot schwamm langsam, denn sie mußte sich noch vorsehen, daß sie sich nicht übernahm, weil sie ja so lange krank gewesen war.
Nur Evelyn stand noch bibbernd am Rand. Alice, Susanne und Dolly wollten sie gern hineinziehen, aber andererseits hatten sie keine Lust, aus dem Wasser hinauszugehen.
„Wenn Evelyn nicht bald hereinkommt, dann überhaupt nicht mehr“, sagte Alice. „Befiehl es ihr doch, Dolly! Los, laß deine Augen funkeln und erteile ein paar von deinen Befehlen!“
Aber nicht einmal Dollys Rufe konnten Evelyn dazu bringen, mehr zu tun, als die Zehen ins Wasser zu stippen. Sie hatte in der heißen Sonne gesessen und empfand das Wasser jetzt als eisig kalt. „Oooh!“
Clarissa wollte zu ihr treten. Doch sie rutschte auf dem glitschigen Beckenrand aus und fiel gegen Evelyn.
Platsch – mit schrillem Schreckensschrei landete Evelyn im Wasser! Die anderen bogen und krümmten sich vor Lachen.
„Seht bloß Clarissas Gesicht!“ sagte Dolly. „Sie ist schier zu Tode erschrocken!“
Platsch! – Evelyn landete im Wasser
„Wer war das?“ brüllte Evelyn, als sie, prustend und Wasser spuckend, auftauchte. „Ihr seid gemein – ihr alle!“
Als Evelyn hörte, daß Clarissa sie ins Wasser gestoßen hatte, wollte sie es nicht glauben. Sie ging hinüber zu Clarissa, die wie um Verzeihung bittend dastand.
„Wer hat mich hineingestoßen, Clarissa?“ fragte sie. „Diese Idioten behaupten, du wärst es gewesen. Als ob du jemals so etwas tun würdest!“
„Ach, Evelyn, es tut mir furchtbar leid, aber ich war es wirklich“, antwortete Clarissa ganz betrübt. „Ich rutschte aus und stieß gegen dich – und da fielst du hinein. Natürlich habe ich es nicht mit Absicht getan.“
„Ach, dann ist schon alles in Ordnung“, sagte Evelyn, die sich freute, daß Clarissa so reumütig war.
Clarissa entschuldigte sich immer wieder, und das war Balsam für Evelyn. Es gefiel ihr, daß die vornehme Clarissa sie so demütig um Verzeihung bat. Sie beschloß, edel und großmütig zu sein. Dann würde Clarissa wohl mehr denn je merken, was für eine nette Freundin Evelyn war.
Aber die anderen machten diese Hoffnung zunichte. Sie kamen wieder heran und riefen:
„Bravo, Clarissa!“ – „Köstlich, wie du sie ins Wasser geschubst hast!“ – „Mach’s doch noch mal!“
„Aber ich hab es doch gar nicht getan!“ protestierte Clarissa immer wieder. „Das wißt ihr genau!“
„Niemals in meinem Leben hab ich einen solchen Meisterstoß gesehen“, sagte Alice.
Dadurch wurde Evelyn langsam unsicher, ob Clarissa sie nicht doch mit Absicht hineingestoßen hatte. Zu allem Unglück bemerkte Clarissa plötzlich die komische Seite der Ausrufe und begann, hilflos zu lachen. Da wurde Evelyn wirklich böse und benahm sich so beleidigt zu Clarissa, daß diese ganz beunruhigt anfing, sich von neuem zu entschuldigen.
„Sieh doch mal die Zwillinge!“ sagte Alice zu Susanne.
Susanne sah hinüber und mußte lachen. Conny rieb Ruth sorgfältig trocken, und Ruth hielt geduldig still.
„Warum läßt Conny sie das
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