Dolly - 04 - Dolly, die Klassensprecherin
fehlte immer mal irgend etwas und tauchte dann an den wunderlichsten Stellen wieder auf. Und daß Seiten herausgerissen wurden, kam ebenfalls vor, wie auch Schnürbänder die merkwürdige Angewohnheit hatten, herauszurutschen und zu verschwinden.
Aber bei Conny hörte es nicht auf. Sie hatte ständig irgendeinen Ärger. „Jetzt ist mein Französischbuch fort!“ klagte sie. „Aus meinem Handarbeitskorb fehlt das Garn!“ Heute dies, morgen das!
„Aber Conny, wieso passiert dir in letzter Zeit so vielerlei?“ fragte Dolly verwundert. „Ich verstehe das nicht. Es sieht fast so aus, als wollte jemand dich ärgern – doch wer sollte das sein! Von uns würde doch keine solche albernen, dummen Dinge tun. Das sind ja Erstkläßlerstreiche!“
Conny schüttelte den Kopf. „Ich weiß auch nicht, wer es macht“, sagte sie. „Aber das können ja nicht bloß Zufälle sein. Dafür passiert zu oft etwas.“
„Was hältst du denn davon, Ruth?“ fragte Dolly.
Aber Conny antwortete zuerst. „Ach, Ruth kann sich genausowenig denken, wer es ist. Für sie ist es sehr beunruhigend, weil Zwillinge sich ja immer sehr gern haben. Sie ist auch ganz reizend: Stets gibt sie mir ihre Sachen, wenn ich meine verliere.“
„Es ist jedenfalls ungewöhnlich“, meinte Dolly. „Mir tut es sehr leid, denn für die Klasse ist es ganz schrecklich.“
Die Mädchen sprachen über die Sache und rätselten darüber. Ein paar überlegten sogar, ob Evelyn wohl etwas damit zu tun hätte.
„Erinnert ihr euch, wie Conny sie einmal ordentlich zurechtgewiesen und den Finger genau auf Evelyns schwache Stelle gelegt hat? Damals, als sie den Unsinn über ihr Herz verzapfte?“ sagte Diana. „Und ihr wißt ja: Evelyn hat auch früher schon häßliche Streiche gespielt. Wie machte sie es doch in der ersten Klasse mit Marlies!“
„Das nennt man: jemand wegen eines Fehltritts ein für allemal abtun“, erklärte Dolly. „Gerade weil Evelyn früher solche Sachen gemacht hat und deshalb in Verruf war, dürfen wir sie jetzt nicht ohne weiteres beschuldigen. Wartet bitte erst noch eine Weile, ehe wir etwas unternehmen.“
„Hört ihr die Klassensprecherin?“ rief Irene.
Dolly wurde rot. „Ich bin nicht mehr Klassensprecherin“, sagte sie. „Ich wollte, ich wäre es noch. Aber im Ernst: Diese ganze Geschichte ist reichlich merkwürdig. Heute morgen war Connys Seifendose ganz voll Sand. Wußtet ihr das schon?“
„Was?“ rief Britta. „Wie lächerlich!“
„Ja, das meiste ist albern und ganz sinnlos“, sagte Dolly. „Glaubt ihr, es wird schlimmer? Ich meine, ob es aufhört, albern zu sein, dafür aber boshafter wird?“
„Hoffentlich nicht!“ sagte Margot. „Hier kommen die Zwillinge. Hallo, Conny, ist wieder etwas passiert?“
„Ja, bei meinem Tennisschläger sind die Saiten durchgeschnitten“, sagte sie und zeigte es ihnen. „Gemein, nicht wahr?“
„Du kannst meinen Schläger benutzen, Conny. Ich sagte es doch schon“, versicherte Ruth, die sehr traurig aussah. „Du kannst alle meine Sachen benutzen.“
„Ich weiß, Ruth. Aber wenn deine Sachen dann auch beschädigt werden?“ fragte Conny. „Ich mag das nicht.“
„Sehr, sehr merkwürdig“, murmelte Irene und summte eine neue Melodie, die ihr gerade eingefallen war.
Margot sang dazu: „Merkwürdig! Alles sehr merkwürdig!“
„Hör mal!“ rief Dolly. „Deine Stimme kommt wieder. Genauso hast du früher gesungen, Margot. Wirklich!“
„Ja, ich weiß.“ Margot wurde vor Freude rot. „Wenn ich allein war
– oft kommt das hier nicht vor –, habe ich es auch schon versucht. Laßt mich ein Lied vorsingen, dann könnt ihr mir sagen, ob ich meine Stimme wieder habe oder nicht.“
Sie sang ein Volkslied. Die Mädchen lauschten wie verzaubert. Ja, es gab keinen Zweifel: Margots kräftige Altstimme war wieder da – jetzt fast noch schöner als früher.
„Nun werden wir dich wohl wieder sagen hören: ,Wenn ich Opernsängerin bin und in Rom und Mailand singe und…’“, fing Dolly an.
Aber Margot schüttelte den Kopf. „Das werdet ihr nicht hören. Das wißt ihr auch. So bin ich nicht mehr. Oder doch? Bitte sagt, daß ich nicht mehr so bin.“
„Nein, du bist nicht mehr so!“ riefen alle, bemüht, Margot zu beweisen, wie gern sie sie hatten.
Ein paar Tage schien es, als hätte die Sache mit Conny ein Ende. Conny berichtete nichts mehr über seltsame Ereignisse. Aber dann erschien sie eines Nachmittags fast weinend im Gemeinschaftsraum.
„Seht!“ rief sie und hielt ihre
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