Dolly - 06 - Abschied von der Burg
nicht dahinterkommen, wie sie dahin gekommen waren. Wir boten ihr eine Menge Erklärungen an.“
„Wenn ihr zu viele Erklärungen anbietet, schöpft sie am Ende noch Verdacht“, sagte Alice lachend.
„Ich glaube, das hat sie bereits getan“, meinte Irmgard. „Sie fummelt jetzt dauernd auf ihrem Kopf herum, ob die Haarnadeln noch da sind. Und auf uns hat sie ein sehr argwöhnisches Auge!“
„Ich wünschte, ich könnte sehen, wie Mademoiselle Dupont auf den Trick reagiert. Bei ihr wäre es am lustigsten“, seufzte Alice.
„Ja, es ist ein Jammer, daß ihr zu bedeutend und mächtig seid, um einen kleinen Streich zu spielen“, sagte Irmgard. „Hoffentlich bin ich nicht so, wenn ich in die sechste Klasse komme!“
„Das wirst du dann schon sehen! Es ist jedenfalls ein guter Trick. Ich wüßte wohl, wie ich es anfangen würde, wenn ich in eurer Klasse wäre. Ich würde noch eine bessere Wirkung erzielen!“
Alice ging. Irmgard schaute ihr nach. Was wohl Alice mit „noch besserer Wirkung“ meinte? Besser ging es doch gar nicht! Gedankenverloren steckte Irmgard den Magneten wieder in die Tasche. Sie machte Felicitas und Susanne ausfindig, und die drei steckten ihre Köpfe zusammen.
Dann suchten sie Nora, um ihr den Plan zu berichten. Nora würde platzen vor Lachen. Sie fanden sie schließlich.
„Hör zu, Nora“, sagte Irmgard. „Du kennst doch meine Kusine Alice? Sie hat unseren Magneten gesehen und gesagt, daß sie sich an unserer Stelle noch etwas Besseres ausgedacht hätte. Sie hat auch geseufzt, weil sie in der sechsten Klasse zu eingebildet sind, um noch Streiche auszuhecken.“
„Wir haben also beschlossen, der sechsten Klasse eine Freude zu bereiten“, unterbrach Felicitas. „Eine von uns wird mit einer Botschaft für Mademoiselle Dupont in die sechste Klasse gehen, die Haarnadeln aus dem Dutt verschwinden lassen und wieder gehen. Dann denkt Mademoiselle, eine aus der sechsten Klasse stecke dahinter. Die werden nicht wissen, was sie tun sollen!“
„Wir machen es ein paarmal, damit die sechste Klasse einmal sieht, daß wir auch gute Streiche spielen können“, sagte Irmgard.
Nora prustete los. „Oh, bitte, einmal müßt ihr mich gehen lassen! Bitte, bitte! Ich schwöre euch, daß ich nicht herausplatze. Ich werde ernst sein wie ein Totengräber!“
„Wir dachten schon an dich“, sagte Irmgard. „Uns wird Mademoiselle nur verdächtigen, wir haben sie schon zu oft hereingelegt.
Von dir erwartet sie nichts Böses, du bist doch einer ihrer Lieblinge. Sie freut sich sicher, wenn du kommst.“
Nora, mit lockigen Haaren und großen Augen, war ein Typ, den Mademoiselle Dupont gern mochte. Sie zwinkerte den dreien zu. „Ich mache es! Von mir aus dreimal!“
„Oh, nein, beim nächstenmal muß eine andere gehen“, sagte Irmgard. „Das wäre zu auffällig, wenn du dreimal kommst.“
„Besonders auffällig, weil ja jedesmal Mademoiselles Haar herunterfällt“, kicherte Steffi. „Ich wünschte, ich könnte dabeisein!“
Felicitas traf Irmgard am Tennisplatz. Sie spielte Irmgard scharfe Bälle zu. Nach einer Zeit kam Amanda vorbei und schaute zu. Felicitas verdoppelte ihre Anstrengungen.
Seit Amanda Irmgard unter ihre Obhut genommen hatte und sie so gut trainierte, hoffte jedes von den jüngeren Mädchen, Amandas Aufmerksamkeit zu erregen. Felicitas schlug zwei schnelle Bälle, und Irmgard rief Amanda zu:
„Sie ist gut, nicht wahr Amanda?“
„So – so“, sagte Amanda und ging weiter. Sie schien nicht im mindesten interessiert zu sein.
Dieses Biest! dachte Irmgard bei sich. Martina hätte wenigstens Ja oder Nein gesagt, und wenn Felicitas etwas falsch gemacht hätte, dann hätte sie darauf hingewiesen.
In Wirklichkeit hatte Amanda kaum auf Felicitas geachtet. Sie war tief in Gedanken. Über zweierlei dachte sie nach. Sie ärgerte sich über Irmgard – nicht über ihre Fortschritte, denn die waren außerordentlich. Amanda wußte, wie man Unterricht geben mußte, und Irmgard war eine begabte Schülerin. Nein, aber Irmgard hatte genug von Amandas Strenge. Sie fand die scharfen Kommandos und kurzen Befehle langsam widerwärtig. Es war Irmgard noch nie sehr leicht gefallen, sich unterzuordnen. Aber von jemandem herumkommandiert zu werden, den sie nicht leiden konnte, das wurde ihr langsam zuviel.
Am Vortag hatte sie es Amanda gesagt. Amanda hatte ihr einen neuen, schnellen Schwimmstil beigebracht und darauf bestanden, daß Irmgard ohne Pause das Schwimmbecken durchquerte, immer hin und zurück und
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