Dolly - 11 - Hochzeit auf Burg Moewenfels
verstecken konnte. Aber war es überhaupt Simonettas Absicht gewesen, sich zu verstecken?
Da vorn am Strand stand eine Gruppe Fischer um ein Boot. Die Männer redeten eifrig aufeinander ein. Vielleicht hatten sie etwas gesehen?
Dolly stolperte durch den Sand auf die Fischer zu. Sie bildeten einen Kreis um ein Boot, das man eben an Land gezogen hatte, und in dem, in Decken gehüllt, etwas lag.
Dolly rannte auf die Fischer zu, die ein Boot umstanden
„Guten Abend!“ rief Dolly atemlos. „Darf ich Sie etwas fragen? Ich suche…“ Die Männer hatten sich zu ihr umgedreht und waren zurückgewichen, so daß Dolly in das Innere des Bootes schauen konnte. Dort lag jemand – ein Mensch. Ohnmächtig? Tot? Ein Fischer kniete neben der Gestalt und hielt ihre Hand. Dollys Herz klopfte wie rasend, als sie sich über die Gestalt beugte. „Simonetta!“ Ihre Stimme versagte vor Angst, der Schrei erstickte in einem Krächzen. „Mein Gott – ist sie tot?“
„Nein, nein, keine Sorge, Fräulein, bloß ein bißchen erschöpft. Hab sie gerade noch rechtzeitig entdeckt, da draußen. Verrückte Idee, so allein eine Kahnpartie zu unternehmen – und dann so weit rauszurudern! Gehört die zu Ihnen?“
„Dolly, hast du sie gefunden?“ Klaus kam mit langen Schritten über den Strand gestürmt, dicht hinter ihm folgten Will und Clarissa, ein bißchen weiter entfernt Felicitas.
Dolly war unendlich erleichtert, die vier in der Nähe zu wissen. Klaus beugte sich über Simonetta und hob sie hoch.
„Wir bringen sie ins Möwennest, schnell! Wo steht dein Wagen?“ „Dort oben. Sollten wir sie nicht lieber gleich zur Burg auf die
Krankenstation…“
„Ins Möwennest geht’s schneller. Sie ist klitschnaß und völlig
unterkühlt. Will, Clarissa – ruft ihr den Arzt an. Feli, lauf voraus und
mach schon die Autotür auf!“
Keuchend schleppte der junge Lehrer Simonetta die Stufen hinauf.
Dolly hatte im Laufen ihre Jacke ausgezogen und sie über das
ohnmächtige Mädchen gebreitet. Jetzt lief sie voraus und ließ den
Motor an.
Vorsichtig packten die anderen Simonetta auf den Beifahrersitz. „Bringt sie in mein Zimmer!“ rief Felicitas Dolly zu. „Ich fahre
mit den anderen.“
„Organisier gleich ein paar Heizkissen und Wärmflaschen, wenn’s
geht! So viele du kriegen kannst!“
Wenig später hielten sie vor dem ehemaligen Schafstall, in dem
sich nun, nach dem Umbau, eine ganze Reihe gemütlicher kleiner
Zimmer für die Studentinnen befanden. Gemeinsam schleppten sie die
leise wimmernde Simonetta ins Haus und legten sie auf Felicitas’
Bett.
„Ich kümmere mich um die Wärmflaschen und hole einen heißen
Tee mit einem kräftigen Schluck Rum, das wird ihren Kreislauf
aufpulvern. Bring du sie inzwischen ins Bett“, sagte Klaus und rannte
hinaus.
Dolly zerrte Simonetta die nassen Kleidungsstücke vom Leib. Im
Duschraum fand sie ein großes Badelaken, in das sie den eiskalten
Körper einhüllte, als habe sie eine übergroße Puppe vor sich. An die
Füße kamen zwei Paar dicke Skisocken von Felicitas. Dann deckte sie
Simonetta mit allem zu, was sie finden konnte.
Allmählich kehrte die Farbe in Simonettas Gesicht zurück. Dolly
setzte sich zu ihr auf die Bettkante und begann ihre erstarrten Finger
zu massieren. Klaus kam und brachte Heizkissen und Wärmflaschen. „Feli kümmert sich noch um den Tee, sie wird gleich hier sein.
Soll ich inzwischen drüben in der Burg Bescheid sagen?“ „Das wäre sehr lieb von dir. Versuche, Fräulein Pott allein zu
sprechen. Ich wäre froh, wenn nicht gleich die ganze Schule mitkriegt,
was passiert ist.“
„Verlaß dich auf mich, ich mache das schon.“
Klaus verließ auf Zehenspitzen das Zimmer. Simonetta öffnete die
Augen ein wenig, als Dolly die Heizkissen um ihren Körper stopfte. „Wo bin ich?“ murmelte sie.
„Im Möwennest.“ – Dolly bemühte sich, einen fröhlichleichten
Ton anzuschlagen, obgleich ihr alles andere als fröhlich zumute war.
„Du liegst im Bett meiner Schwester und bekommst gleich einen
kräftigen Schluck Rum, wie sich das für einen schiffbrüchigen
Seemann gehört. Dann wirst du wunderbar schlafen und dich hinterher
fühlen wie ein neuer Mensch!“
Simonetta starrte Dolly ins Gesicht. Sie schien kein Wort von dem
gehört zu haben, was Dolly zu ihr gesagt hatte. Plötzlich drehte sie
sich um, warf den Kopf in die Kissen und begann heftig zu
schluchzen. Dolly streichelte ihr beruhigend den Rücken.
„Warum bist du mit dem Boot aufs Meer hinausgefahren“,
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