Dolly - 11 - Hochzeit auf Burg Moewenfels
lebhaft auf. „Das klingt unheimlich gut“,
sagte sie begeistert. „Etwas ernst, und überhaupt nicht verspielt!“ „Also, Mona, jetzt werden wir überlegen, wie wir dein zukünftiges
Leben einrichten. Gitarrenunterricht – und jeden Tag eine Stunde üben, okay? Einen anderen Haarschnitt solltest du dir zulegen und etwas gegen deine schlechte Haut tun. Unterhalte dich mit meiner Schwester darüber, sie ist Profi auf dem Gebiet und kann dich prima beraten. Vielleicht sollten wir auch überlegen, welche Kleidung zu dir paßt. Warte nur, wir werden ein ganz neues Mädchen aus dir
machen!“
„Ja!“ seufzte Mona glücklich. „Und ich werde nie wieder nach
Hause fahren!“
„Nun, darüber brauchen wir uns ja vorläufig noch nicht den Kopf
zu zerbrechen“, sagte Dolly vorsichtig.
Madame Monnier in Not
In dieser Nacht schlief die frischgebackene Mona zum erstenmal ohne zu weinen. Mitten im Gespräch mit Dolly waren ihr die Augen zugefallen, und ihre gleichmäßigen, entspannten Atemzüge verrieten, daß sie tief und gelöst schlief, wie ein Baby. Dolly hatte sie noch einmal zugedeckt und das Fenster geöffnet, dann war sie leise hinausgegangen.
Im Aufenthaltsraum wurde sie von Fräulein Pott erwartet. „Um Himmels willen, Dolly, wie ist es möglich, daß dieses Kind so unglücklich war, daß es sich etwas antun wollte! So etwas ist mir in all den Jahren, die ich auf Burg Möwenfels verbracht habe, noch nicht vorgekommen! Ich bin schrecklich in Sorge!“
„Es ist alles in Ordnung.“ Dolly ließ sich erschöpft in einen Sessel fallen. „Die Krise ist überwunden, Sie brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen. Im übrigen glaube ich nicht, daß sie sich ernsthaft etwas antun wollte. Ich bin überzeugt, daß sie ganz einfach das Schicksal herausfordern wollte. Sie war an einem solchen Tiefpunkt angelangt, daß es für sie unerträglich wurde, weiterzumachen wie bisher. Es mußte etwas passieren.“
„Vielleicht haben Sie recht. Aber wenn ich bedenke, in welcher Gefahr das Kind geschwebt hat – und wie leicht ihr etwas hätte zustoßen können!“
„Ja, wir sind haarscharf an einer Katastrophe vorbeigekommen. Jetzt merke ich erst, daß ich total fertig bin!“ Dolly schloß die Augen. „Mir zittern jetzt noch die Knie. Komisch, solange man etwas zu tun hat, merkt man es nicht, aber hinterher… Ich fühle mich wie ein nasses Handtuch!“
„Hier, trink das!“ Felicitas reichte ihrer Schwester eine Tasse. „Was ist das?“
„Die berühmte Medizin für schiffbrüchige Seeleute.“
„Das ist gut.“
Dolly trank ein paar Schlucke, dann atmete sie tief durch. „Trotzdem. Ich bin sehr froh über diesen Tag. Jetzt ist endlich der
Damm gebrochen, Simonetta hat sich ausgesprochen, und wir können gemeinsam einen neuen Anfang machen.“
Und dann erzählte Dolly von der neugeborenen Mona und von ihren Plänen. Fräulein Pott hörte ihr aufmerksam zu.
„Sie sind die geborene Erzieherin, Dolly. Ich bin froh, daß wir Sie in Möwenfels haben“, sagte die alte Lehrerin, als Dolly geendet hatte. „Ich gebe zu, manche Ihrer Methoden sind neu und ungewohnt für unseren alten Schulbetrieb. Aber der Erfolg gibt Ihnen recht. Und vor allem: Ich kenne kaum einen Pädagogen, der sich so rückhaltlos für seine Schützlinge einsetzt wie Sie!“
„Aber ich kenne einen“, antwortete Dolly schmunzelnd. „Sie, Fräulein Pott!“
Mona kam für ein paar Tage auf die Krankenstation. Inzwischen bereitete Dolly die Mädchen auf die veränderte Situation vor. In einer abendlichen Diskussionsrunde erklärte sie ihnen ganz genau, was geschehen war, und warum es so wichtig war, Mona bei ihrem neuen Start zu helfen, indem man sie aufnahm, als sei sie nie jemand anderer gewesen als eben diese Mona.
Dolly richtete es so ein, daß Monas Rückkehr in die Gemeinschaft an einem Nachmittag geschah, an dem die Mädchen aus der Ersten es übernommen hatten, das Schwimmbecken von den Resten des Winters zu reinigen, damit es frisch gestrichen werden konnte, bevor es im Sommer wieder in Betrieb genommen wurde. Blätter und Schmutz mußten entfernt werden, Wände und Boden gewaschen und von abblätternden Farbresten befreit. Die Mädchen hatten alle Hände voll zu tun, Mona hatte sich zu ihnen gesellt und arbeitete mit Feuereifer mitten unter ihnen, als wäre sie nie fort gewesen.
Die Frühlingssonne schien warm, und Dolly hatte den Mädchen versprochen, daß sie den Tee hier draußen trinken durften. Das war das erste Picknick des Jahres, und
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