Dolly - 11 - Hochzeit auf Burg Moewenfels
ersten Fehler gleich ein zweiter. Cordula Flinks Gesicht wurde hart. Ärgerlich versetzte sie ihrem Pferd einen Hieb mit der Reitpeitsche.
„Na na“, murmelte ein Zuschauer. „Sie sollte sich nicht so gehenlassen!“
„Scheint ein bißchen nervös zu sein!“
Olivia sah, wie KlausHenning Schwarze entsetzt den Kopf schüttelte.
Die nächsten zwei Hindernisse schaffte sie knapp, der Fuchs wirkte müde und verärgert. Heftig schnaubend ging er die Sprünge an und überflog sie ganz knapp so, daß die Stangen in ihrer Halterung hin und her schwankten. Jetzt kam die Mauer, der Fuchs ging zu knapp heran und mußte sehr steil abspringen. Eines der Mauerteile polterte zu Boden.
Cordula Flink sah ärgerlich zurück und bremste ihr Pferd vor dem nächsten Hindernis, so daß es fast aus dem Stand springen mußte.
„Das war ausgesprochen schwach“, murmelte Olivia zufrieden. Die letzten zwei Hindernisse schafften Reiterin und Pferd in einer heftigen Kraftanstrengung wiederum ohne Fehler.
Zwölf Fehlerpunkte. Kein überragender Ritt, aber er konnte zum Sieg reichen. Die nächsten Reiterinnen waren wesentlich schlechter. Von Cordula Flinks Gesicht verschwand der gespannte, von unterdrückter Wut gezeichnete Ausdruck und machte unverhohlener Siegesgewißheit Platz.
Jetzt kam Mona an die Reihe. Olivia bohrte die Fingernägel in die Handflächen, daß es schmerzte. Du mußt es schaffen! flehte sie. Lieber Gott, laß sie es schaffen! Tu’s für Dolly Rieder!
Auf der gegenüberliegenden Seite der Bahn sah Olivia KlausHenning Schwarze. Er stand jetzt dicht hinter Dolly, doch schien sie ihn noch nicht bemerkt zu haben.
Und schon war Mona auf der Strecke. Mit sanfter Hand – wie im Schlaf – lenkte sie die Stute. Reiterin und Pferd schienen ein einziges Wesen zu sein, wie untrennbar miteinander verbunden. Man sah, daß sie sich schon sehr lange kannten, spürte die Vertrautheit und Freundschaft, die sie verband.
„Sie ist fabelhaft!“ flüsterte Olivia. „Ich wünschte, ich könnte nur ein einziges Mal in meinem Leben so konzentriert sein wie Mona! Wie sie reitet – du lieber Himmel, das schaffe ich nie!“
Das Publikum dachte ähnlich. Atemlos folgten Schülerinnen und Lehrer diesem einmalig schönen Ritt, der wie aus einem Lehrbuch über die Kunst des Reitens entnommen schien.
„Null Fehler! Null Fehler!“ Die Mädchen aus dem Nordturm sprangen jubelnd in die Höhe und fielen sich um den Hals. „Ein Teufelskerl, diese Mona! Hättest du das geglaubt? Um Klassen besser war sie! Wir vom Nordturm sind doch die Größten!“
Cordula Flink war blaß geworden. Unbegreiflich schien es ihr, daß es da offensichtlich ein Mädchen gab, das sie mühelos übertrumpft hatte. Niemand im Publikum jubelte ihr mehr zu, niemand machte ihr mehr Komplimente, alles scharte sich um diese unscheinbare Mona und ihre Schimmelstute – ein Schulpferd, das ihr noch nicht einmal gehörte! Um Cordula Flinks Mund gruben sich tiefe Falten, herrisch und böse sah sie aus, wie sie da stand und vergeblich nach ihren Bewunderern ausschaute.
Dolly war zu Mona hinübergerannt und hatte sie in die Arme geschlossen.
„Fabelhaft, Mädchen! Ich bin riesig stolz auf dich! Das hast du großartig gemacht!“ sagte sie strahlend.
„Ich habe es für Sie getan“, antwortete Mona leise. Dann nahm sie die Stute Isabella am Zügel und führte sie zum Stall hinüber.
„Zufrieden?“ hörte Dolly hinter sich eine vertraute Stimme.
„Klaus!“
„Du kannst stolz sein auf Mona. Ohne dich hätte sie das nie geschafft. Sie hat sich zu einem großartigen Kerl entwickelt! Und ich weiß, wie schwer du es mit ihr gehabt hast. Ihr Erfolg heute ist dein Sieg.“
Dolly sah ihn unsicher an. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte.
„Komm, gehen wir ein Stück spazieren, bis der festliche Teil des Abends beginnt. Man wird dich schon nicht gleich vermissen.“
Klaus legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie aus dem Trubel hinaus in den Garten hinüber.
„Weißt du eigentlich, wie traurig ich bin? Ich fühle mich seit Monaten wie ein Verbannter auf einer einsamen Insel, den man vergessen hat!“
„Das sagst ausgerechnet du? Von einsamer Insel und Alleinsein kann doch bei dir kaum die Rede sein.“
„Warum glaubst du das? Weil ich ein paar selbstbewußte junge Damen unterrichten muß? Weil mir die eine oder andere schmachtende Blicke zuwirft und für mich schwärmt? Du weißt genausogut wie ich, wie lächerlich so etwas ist. Aber daß du mich aus deinem Leben, deinen
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