Dolly - 13 - Ueberraschung auf der Burg
Nordturm ist der schönste.
Die Fenster eures Schlafsaals liegen direkt zum Meer. Schaut mal dort hinüber! Könnt ihr die Strohdächer hinter dem Hügel erkennen? Gerade gehen die ersten Lichter an. Das ist das Möwennest, eine Schule für die erwachsenen Mädchen, die sich in Sprachen, Hauswirtschaft oder Steno und Schreibmaschine ausbilden lassen möchten.”
Olly, die vor den beiden Neuen saß, wandte sich um.
„Ja, da hausen die Nestmöwen. Und die Nestmöwen haben einen unbezahlbaren Vorteil: sie kochen für uns, wenn es etwas zu feiern gibt. Ich kann euch sagen – wenn die so ein kaltes Büffet hinzaubern, da gehen euch die Augen über! Und Kuchen können die backen, einfach märchenhaft!”
„Das stimmt”, bestätigte Dolly. „Drüben im Möwennest befindet sich übrigens auch unsere Reithalle, und die neue Sport-und Tennishalle wird demnächst dort eröffnet. Gleich morgen werden wir einen Spaziergang hinüber machen, dann könnt ihr euch vom Fortgang der Arbeiten überzeugen.”
„Endlich wieder ein Grund zum Feiern!” seufzte Olly glücklich. „Achtung, Kinder, wir sind gleich da! Kim, Petra, habt ihr eure Gesundheitszeugnisse griffbereit? Die müßt ihr drinnen gleich als erstes der Hausmutter übergeben. Das ist wie so ne Art Paß, ohne das Gesundheitszeugnis dürft ihr die Grenze zum Nordturm nicht überschreiten, sondern werdet erstmal auf die Krankenstation in die Verbannung geschickt.” Der Bus hielt vor dem großen Portal, und die Mädchen drängten alle zugleich zur Tür.
„Langsam, Kinder, ihr tut ja gerade, als würdet ihr einen Zug verpassen!” mahnte Fräulein Pott. „Ihr kommt schon früh genug in euren Schlafsaal, und das Abendessen läuft euch auch nicht weg.”
„Ach du lieber Himmel!” Olly sah Kim mitleidig an. „Sicher wirst du unser Essen scheußlich finden. Wenn du bisher nur Reis und Curry gegessen hast… und mit Stäbchen?”
Kim lächelte liebenswürdig.
„Nein, nein. Ich schon gewöhnt an eure Speisen. Und ich esse mit Gabel und Messer wie du.”
„Nun, am ersten Abend gibt’s hier immer was besonders Gutes. Ich denke, es wird dir schmecken. Später mußt du mir mal zeigen, wie man mit Stäbchen ißt.”
Ein Mädchen nach dem anderen sprang aus dem Bus und tauchte wie in einem wogenden Meer unter in dem Durcheinander aus ankommenden und abfahrenden Privatwagen, Bergen von Gepäckstücken, die sich wie kleine Inseln zwischen den Gruppen abschiednehmender Mädchen und Eltern erhoben, oder denen, die mit Indianergeheul Wiedersehen feierten und sich die wichtigsten Neuigkeiten zuriefen. Dolly überließ Fräulein Pott die Aufsicht über die Ankommenden und schlängelte sich durch das Gedränge in Portal und Innenhof bis in ihr Büro, wo sie schon ungeduldig erwartet wurde.
„Entschuldigt, ihr Lieben, aber ich mußte die Eisenbahnerinnen vom Bahnhof abholen. Mona, Olivia, wie schön, euch wiederzusehen! Vivi, Susu, kommt her, ich muß euch doch alle einmal in die Arme nehmen! Fein, daß ihr wieder hier seid!”
Die Mädchen umarmten sie stürmisch. Dann begannen sie alle auf einmal, von ihren Ferienerlebnissen zu erzählen und Dolly mit Fragen zu bestürmen.
„He, langsam!” besänftigte Dolly sie. „Jetzt wartet mal einen Moment! Erzählen können wir uns heute abend alles. Aber da ich euch vier gerade allein hier habe, möchte ich euch etwas sagen. Ihr bekommt zwei Neue in den Schlafsaal und…”
„Zwei Neue?” unterbrach Vivi sie. „Aber wir haben doch gar keinen Platz mehr!”
„Gloria und Marina mußten uns verlassen. Glorias Eltern sind umgezogen, deshalb mußte sie die Schule wechseln, der Weg nach Möwenfels war ihnen zu weit. Und Marinas Vater ist ins Ausland versetzt worden und hat seine Familie mitgenommen. So hatten wir Platz, noch jemanden aufzunehmen. Ich möchte euch bitten, euch der beiden Mädchen – besonders der kleinen Ausländerin – ein wenig anzunehmen und ihnen das Einleben bei uns zu erleichtern. Ich weiß, es ist eigentlich überflüssig, euch so etwas zu sagen, aber in diesem Falle ist es mir besonders wichtig.”
Dolly hatte noch mehr sagen wollen, aber jetzt stürmten ein paar Mädchen aus der Ersten herein, schwenkten ihre Gesundheitszeugnisse und belagerten die Hausmutter von allen Seiten.
„Gehen wir”, sagte Vivi. „Unsere Gesundheitszeugnisse liegen auf dem Schreibtisch, Dolly. Wir sprechen uns später.”
„Ja, erwarten wir die anderen oben”, meinte Susu. „Hier versteht man ja sein eigenes Wort nicht, bei dem
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