Dolly - 14 - KLassentreffen auf der Burg
chaotischen Familie, hast du vergessen zu sagen!“
„… in einer solchen Familie die nötige Anleitung für ein halbwegs geordnetes Leben bekommen? Meine Mutter hat sich ja immer sehr bemüht…“
„… die Gute!“
„… Andrea wenigstens die Grundbegriffe guter Manieren beizubringen…“
„Leider völlig vergeblich!“
„Im Grunde kann einem ein solches Kind doch nur leid tun“, sagte Maria salbungsvoll, und man glaubte die Stimme ihrer Mutter zu hören, so auswendig gelernt perlten die Worte aus ihrem Mund.
Andrea machte ein Unschuldsengelgesicht und legte geziert die Gabel beiseite, als habe sie sich besonnen, daß so viel zu essen nicht vornehm sei.
„Bitte denkt nicht, ich hätte mich nicht bemüht, mich dieses Mitleids würdig zu erweisen…“ die Hände faßten rechts und links den Tellerrand, „es ist nur leider so, daß…“ der Teller wurde angehoben und wanderte zur Seite, „ich leider total und überhaupt nicht die geringsten Manieren habe!“ Bei den letzten Worten kippte der Inhalt des Tellers über Marias Kleid, Bratensoße lief ihr in den Ausschnitt, Fleisch, Kartoffelbrei und Gemüse breiteten sich auf dem Schoß aus und tropften an den Beinen entlang. „Das muß ein Gefühl sein, was? Entschuldige, Cousinchen, ich bin wirklich zu ungeschickt! Tut mir schrecklich leid!“
„Das hast du mit Absicht gemacht, du Biest, du… du Ungeheuer!“ kreischte Maria und sprang auf. „Na warte, das wirst du mir büßen! Du wirst dich noch wundern!“
„Über dich habe ich mich schon immer gewundert“, sagte Andrea gleichmütig. „Na komm mit, ich leg’ dich trocken, königliche Hoheit.“
„Laß nur, ich mach’ das schon.“ Vivi kam Maria zu Hilfe und führte sie aus dem Speisesaal. Die anderen starrten immer noch fassungslos auf den Kampfplatz.
„Wenn ihr das bei jeder Mahlzeit so macht, such’ ich mir einen anderen Tisch!“ platzte Olly heraus.
„Was ist denn eigentlich passiert?“ jammerte Fräulein Innig, die überhaupt nichts verstanden hatte.
„Nichts weiter, Fräulein Innig. Andrea ist aus Versehen an ihren Teller gestoßen, und er ist Maria auf den Schoß gefallen. Das kann jedem mal passieren“, beruhigte Susu die Lehrerin. Aber der Blick, den sie Andrea dabei zuwarf, sagte unmißverständlich: So nicht, Freundchen, nicht bei uns!
Während Maria sich umzog, war Vivi zu Dolly ins Zimmer geschlüpft und erstattete ihr Bericht.
„Es ist schrecklich, wie die beiden sich zu hassen scheinen. Was sollen wir nur tun?“
„Wenn es gar nicht anders geht, werden wir eine der beiden in den Westturm umquartieren müssen“, meinte Dolly nachdenklich.
„O ja, am besten Maria!“ warf Vivi ein. Dolly sah erstaunt auf.
„So seid ihr also auf Andreas Seite?“
„Wärst du es nicht?“
„Vielleicht. Aber das bestärkt mich eigentlich darin, die beiden zusammen zu lassen. Seht es als eure Aufgabe an, Maria sanft, aber nachdrücklich von ihrem hohen Roß herunterzuholen und Andrea zu überzeugen, daß sie nicht ständig demonstrieren muß, wie recht Maria mit ihrer Meinung über ihre Manieren hat.“
Vivi seufzte tief.
„Wahrscheinlich hast du recht. Man darf es sich nicht zu leicht machen im Leben.“
„Kluges Mädchen“, sagte Dolly lächelnd. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde mir die beiden Kampfhähne mal einzeln vornehmen. Vielleicht nützt es etwas.“
Zehn Mütter und ein Baby
„Ich möchte zu gern wieder dabeisein, wenn die Neuen Frau
Greiling vorgestellt werden“, sagte Dolly beim Frühstück zu Klaus. „Warum auch nicht? Dann wirst du sie eben zur Direktorin
bringen“, antwortete er. „Ich glaube nicht, daß irgend jemand im
Lehrerkollegium was dagegen hat.“
„Meinst du? Gut, dann werde ich sie nach der Pause hinaufführen.
Es sind diesmal so unterschiedliche Mädchen dabei. Die verwöhnte,
ständig weinende Alexa, die kleine Südamerikanerin Juanita, die
streitsüchtigen Cousinen, die vorlaute Babsi, die alles besser weiß, Evi
und Hannelore, die Kicherliesen – na, ich bin wirklich gespannt auf
dieses neue Schuljahr. Es wird gewiß nicht ohne Aufregungen
abgehen. Und für Pöttchen wird es nicht leicht werden. Diese neue
Erste ist wie eine Horde wilder Hummeln!“
„Und meine Zweite?“
„Die ist auch nicht besser“, antwortete Dolly lachend. „Du wirst
dein blaues Wunder erleben. Auf jeden Fall kannst du dich auf ein
paar saftige Streiche gefaßt machen!“
An diesem Vormittag war in den Schulstunden von Arbeit kaum die
Rede. Stundenpläne wurden
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