Dolly - 14 - KLassentreffen auf der Burg
schuschuschu, schau doch, wie schön die Sonne
scheint… na siehst du, jetzt ist alles gut, jetzt ist meine Kleine wieder
zufrieden!“
Kathrinchen war zufrieden, allerdings nur so lange, wie Olly sie auf
dem Arm hielt und sie streichelte. Kaum lag sie wieder im Wagen,
ging das Gebrüll von neuem los. Gusti beugte sich hinunter, um sie
auf den Arm zu nehmen.
„Nein!“ widersprach Olly. „Das dürfen wir auf keinen Fall tun. Man
darf ein Baby nicht daran gewöhnen, daß man es sofort hochnimmt,
wenn es schreit. Dann lernt es ganz schnell, die Erwachsenen zu
erpressen, und man muß es die ganze Zeit rumtragen.“
„Vielleicht drückt sie was? Oder es tut ihr was weh?“
„Meinst du? Ob sie Bauchweh hat?“
„Sollen wir zurückfahren?“
„Damit alle uns auslachen? Kommt nicht in Frage! Wir werden
doch noch mit einem Baby fertig werden“, sagte Olly energisch und
nahm Kathrinchen wieder aus dem Wagen.
„Diesmal war ich dran!“
„Na schön, nimm du sie. Aber vorsichtig!“
„Klar.“
Ängstlich hielt Gusti das kleine Geschöpf fest. Kathrinchen war für
einen Augenblick von ihrem Kummer abgelenkt, dann brüllte sie von
neuem los.
„Gib sie wieder her, du hast nicht das richtige Gefühl für Babys.“ „Du vielleicht?“ maulte Gusti eingeschnappt.
„Ich hab’ einen Haufen Geschwister, da lernt man das.“ „Ich denke, die sind alle älter?“
Olly wiegte Kathrinchen heftig hin und her.
„Na, na, na, meine kleine Maus, nun wollen wir aber mal schön
artig sein. Was ist denn nur los?“
„Vielleicht kriegt sie ihren ersten Zahn?“
„Aber doch noch nicht mit zwei Monaten!“
„Das kann man nie wissen. Ich meine, so moderne Babys…“ „Weißt du was? Wir legen sie jetzt einfach in den Wagen zurück
und tun so, als wenn wir ihr Geschrei gar nicht hören. Dann hört sie
bestimmt von selber auf.“
Aber Kathrinchen hörte nicht auf. Das Wehgeschrei wurde immer
kläglicher. Den beiden Mädchen brach der Schweiß aus, ihre Schritte
wurden immer schneller. Zwischendurch versuchten sie auf das Baby
beruhigend einzuwirken, sie sangen Schlummerlieder gegen das
Gebrüll an, kitzelten Kinn, Hals und Händchen mit einem langen
Grashalm, zeigten ihr eine Blume, schnitten Fratzen… nichts half. „Vielleicht sollten wir doch nicht erst zum Möwennest gehen,
sondern besser die Abkürzung nehmen“, meinte Olly besorgt. „Ich
meine, wenn sie nun ernstlich krank ist? Vielleicht hat sie was am
Blinddarm? Ich finde, ihr Schreien hört sich ziemlich krank an.“ „Finde ich auch. Sicher ist es was Ernstes“, Gustis Stimme zitterte,
„sie sieht schon ganz fiebrig aus! Ob Dolly mit uns schimpft?“ „Wir haben doch gar nichts gemacht! Mist, daß das ausgerechnet
uns passieren muß!“
Im Laufschritt erreichten sie die Burg. Dolly überquerte mit einem
Arm voller Babywäsche gerade den Innenhof.
„Nanu, ihr zwei – schon zurück?“
Daß Kathrinchen wie am Spieß brüllte, schien sie gar nicht zu
bemerken. Sie drückte Gusti den Wäschestapel in den Arm und beugte
sich gelassen zum Kinderwagen hinunter. Sie hob das Baby hoch und
schnupperte ein wenig.
„Hab’ ich mir’s doch gedacht – so ein Protestgeschrei, das kann nur
bedeuten, daß die junge Dame die Hosen voll hat.“
Olly und Gusti sahen sich mit offenen Mündern an. Daß sie darauf
nicht gekommen waren! Olly fing sich als erste.
„Ja, deshalb sind wir so schnell zurückgekommen! Ich dachte, ehe
sie wund wird, ist es doch besser, sie bekommt gleich frische
Windeln. Das nächste Mal nehmen wir alles mit, dann können wir sie
unterwegs trockenlegen.“
„Keine schlechte Idee“, sagte Dolly lächelnd. „Kannst du das
denn?“
„I-i-ich bin vielleicht ein bißchen aus der Übung“, stotterte Olly.
„Besser, Sie zeigen es mir noch mal, Hausmutter. Ich hatte lange kein
Baby.“
„Na, dann kommt.“
Immer Ärger mit der Ersten
Drei Wochen waren vergangen, der Schulalltag war auf der Burg eingekehrt, das Leben lief seinen normalen Gang. Aber immer noch waren die Mädchen im Schlafsaal der Ersten dabei, sich nach Kräften zusammenzuraufen, wie Dolly es nannte.
Juanita und Cornelia, die beiden Freundinnen, steckten ständig zusammen, und wo sie waren, gab es immer etwas zu lachen. Juanita konnte ein richtiger Clown sein und erzählte die unglaublichsten Geschichten aus dem Urwald, obgleich niemand sich so sicher war, ob sie die Geschichten nun selbst erlebt oder nur erfunden hatte. Außerdem besaß sie in einer großen alten Keksschachtel eine Sammlung
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