Dolly - 16 - Dollys schoenster Sieg
Abkürzung durch die Gärtnerei erreichte.
Wie glücklich sie hier gewesen war! Manchmal sehnte sich Dolly nach diesen unbeschwerten Tagen zurück. Dort drüben vor der Reithalle erkannte sie Will und Clarissa, die mit einer Gruppe Mädchen diskutierten. Wahrscheinlich ging es um den Ausritt am kommenden Sonntag. Wie lange hatte sie schon nicht mehr beim Training der Reiterinnen zugesehen! Selbst die Hubertusjagd hatte sie nicht miterlebt, weil es in der Burg zuviel für sie zu tun gegeben hatte. Und dann Kathrinchen. Man konnte sie jetzt keinen Augenblick unbeaufsichtigt lassen.
Dolly lächelte. Wie gut war es doch, daß sie so viele eifrige Babysitterinnen hatte. Sie hatte Kathrinchen ins Möwennest mitnehmen wollen, aber da war sie auf heftigen Protest gestoßen. „Kommt nicht in Frage!“ hatte Olly gesagt, „Kathrinchen braucht ihren Mittagsschlaf! Und außerdem haben Vivi und Susu sich so darauf gefreut, mit ihr spazierenzugehen! Sie brauchen auch mal Ihre Ruhe, Hausmutter, genießen Sie den freien Nachmittag!“
Dolly mußte heimlich lachen. Sie freute sich auf ihren Kaffeeklatsch mit Feli. Sie betrat die alte Schäferei, die jetzt zum Wohnhaus für die Schülerinnen umgebaut war und gemütliche Zimmer beherbergte.
Feli hatte ihre Schwester durchs Fenster bereits kommen gesehen und war dabei, den Kaffee aufzubrühen. In der Ecke war der Tisch gedeckt, die letzten Herbstastern standen darauf, in einem selbstgetöpferten Krug, der ebenso wie die Wachskerze ein Werk Felis war.
„Hmm! Frischer Butterkuchen, hast du den gemacht?“
„Nein, da habe ich bei der Konkurrenz stibitzt. Die Kochgruppe zwei hatte heute Küchendienst. Er ist ihnen wirklich gelungen. Setz dich doch!“
„Der ist ja noch ganz ofenwarm! Muß ich sofort probieren.
Oh, drei Gedecke?“
„Ja“, gestand Felicitas, „möglicherweise kommt später noch ein zweiter Gast!“
„Ich glaube, ich brauche nicht lange zu raten, wer es ist!“ Dolly ließ sich auf den Besuchersessel, wie Feli ihn nannte, sinken, kuschelte sich in die Polster und schloß für einen Moment die Augen. „Gut, sich mal so richtig zu entspannen!“
„Du siehst blaß aus, große Schwester! Arbeitest du zuviel?“
„Ich glaube, wenn die Arbeit einem so viel Freude macht, kann man das nicht sagen. Nein, um ganz ehrlich zu sein, habe ich ein Problem, mit dem ich nicht fertig werde.“
„Du? Du bist doch bis jetzt noch mit jedem Problem fertig geworden!“ sagte Felicitas und schenkte den Kaffee ein. „Zwei Stück Zucker und viel Sahne wie immer?“
„Ja, bitte.“
„Ein schwieriges Mädchen, vermute ich.“
„Nein, denn dann hätte ich das Problem wahrscheinlich schon gelöst. Klaus und ich haben einen Feind oder eine Feindin. Der-oder diejenige versucht, uns das Leben schwerzumachen, indem der-oder diejenige versucht, uns gegeneinander aufzubringen oder Mißtrauen zwischen uns zu säen. Und wir haben nicht die geringste Ahnung, von welcher Seite diese Angriffe kommen.“ Dolly schwieg bedrückt.
„Nicht die geringste Ahnung?“
„Nein. Ob es jemand vom Hauspersonal ist, jemand von den Lehrkräften – ein Verdacht erscheint so unsinnig wie der andere.“
„Also doch eines der Mädchen.“
„Ich bitte dich, Feli, ich kenne meine Mädchen doch! Wir haben ein so fabelhaftes Verhältnis zueinander, das ist einfach undenkbar!“
„Du bist doch bis jetzt mit jedem Problem fertig geworden“, sagte Felicitas
„Sie muß ja nicht aus dem Nordturm kommen. Denk daran, daß ihr im vergangenen Schuljahr die Mädchen aus dem Westturm bei euch zu Gast hattet.“
Dolly nahm sich ein zweites Stück Kuchen und biß herzhaft hinein. Seit sie hier war, fühlte sie sich leichter, alles schien nur noch halb so schlimm zu sein und die Lösung des merkwürdigen Falles nur eine Frage der Zeit.
„Daran habe ich auch schon gedacht. Aber keiner von ihnen traue ich das zu.“
„Gut.“ Feli trank einen Schluck, setzte die Tasse ab und verschränkte die Hände unter dem Kinn, während sie Dolly prüfend ansah. „Fragen wir andersherum: Was könnte der Grund für diese Anschläge sein? Antwort: Neid oder Eifersucht. Neid – da käme nur jemand in Frage, der dir deine bevorzugte Stellung neidet. Der gern selbst das Ansehen und die Beliebtheit hätte, die du hast. Also: jemand der Lehrer ist, oder Hausmutter werden könnte oder möchte. Aus meiner Kenntnis der auf der Burg in diesen Aufgabenbereichen arbeitenden Personen, da gebe ich dir recht, würde ich keinen von ihnen
Weitere Kostenlose Bücher