Dolores
beiden gesprochen hast und daß sie mich schon halbwegs zum Galgen befördert haben. Du brauchst es nicht zu bestätigen oder abzustreiten, Andy - dein Gesicht ist wie ein offenes Buch.
Vera hatte eingesehen, daß sie mich nicht zum Narren halten konnte, jedenfalls jetzt nicht mehr; also gab sie es auf, so zu tun, als wäre sie in ihren schlimmen Zustand zurückgefallen, und wurde nun gleichfalls wütend. Ich glaube, ich habe ihr auch ein bißchen Angst eingejagt. Wenn ich zurückblicke, dann bekomme ich es selbst mit der Angst zu tun - aber Andy, wenn du dieses Zimmer gesehen hättest! Es sah aus wie Essenszeit in der Hölle. »Und wahrscheinlich werden Sie es auch tun«, schrie sie zurück. »Eines Tages werden Sie es bestimmt tun, Sie häßliche, übellaunige alte Hexe! Sie werden mich genauso umbringen, wie Sie Ihren Mann umgebracht haben!«
»Nein, Madam«, sagte ich, »auf den Brunnen kann ich in diesem Fall verzichten, und Sie können Gift darauf nehmen, daß ich diesmal nicht auf eine Sonnenfinsternis warten werde. Ich werfe Sie einfach aus dem Fenster, und danach gibt es ein stinkendes Luder weniger auf der Welt.«
Ich packte sie um die Taille und hievte sie hoch, als wäre ich Superwoman. Noch am Abend spürte ich es in meinem Rücken, daß kann ich euch versichern, und am nächsten Morgen konnte ich kaum noch gehen, solche Schmerzen hatte ich. Ich ging zu diesem Chiropraktiker in Boothbay, und er hat etwas damit gemacht, das es ein bißchen besser werden ließ, aber seit diesem Tag ist mein Rücken nie wieder richtig in Ordnung gewesen. Als ich sie hochhob, habe ich überhaupt nichts gespürt. Ich zerrte sie aus ihren Bett, als wäre ich ein stocksaures kleines Mädchen und sie die Lumpenpuppe, an der ich meine Wut auslassen wollte. Sie fing an, am ganzen Leibe zu zittern, und schon das Wissen, daß sie wirklich Angst hatte, half mir, meine Beherrschung wiederzugewinnen; aber ich wäre eine dreckige Lügnerin, wenn ich nicht sagen würde, daß ihre Angst mir wohltat.
»Oooouuu!« kreischte sie. »Oooouuu, nein! Nicht zum Fenster! Werfen Sie mich nicht hinaus! Setzen Sie mich hin. Sie tun mir weh, Dolores! OOOOOUUU, SETZEN SIE MICH HIN!«
»Halten Sie die Klappe«, sagte ich und ließ sie so grob in ihren Rollstuhl fallen, daß ihr die Zähne ratterten - das heißt, wenn sie Zähne gehabt hätte, die rattern konnten. »Sehen Sie sich die Schweinerei an, die Sie gemacht haben. Und versuchen Sie nicht, mir einreden zu wollen, Sie könnten es nicht sehen, weil ich weiß, daß Sie es sehr gut können. Sehen Sie sich das an!«
»Es tut mir leid, Dolores«, sagte sie. Sie fing an zu stammeln, aber ich sah das niederträchtige Funkeln tief drinnen in ihren Augen. Ich sah es auf genau die Art, auf die man manchmal in klarem Wasser Fische sieht, wenn man in einem Boot kniet und über den Rand hinabschaut. »Es tut mir leid, ich wollte keine Schweinerei machen. Ich habe nur versucht, Ihnen zu helfen.« Das sagte sie immer, wenn sie ins Bett gemacht und sich dann ein bißchen in der Kacke rumgewälzt hatte - nur war dies der erste Tag, an dem sie beschlossen hatte, außerdem noch Fingermalerei damit zu veranstalten. Ich habe nur versucht, Ihnen zu helfen, Dolores das konnte sie ihrer Großmutter erzählen.
»Bleiben Sie sitzen und halten Sie die Klappe«, sagte ich. »Wenn Sie nicht tatsächlich einen schnellen Flug durch dieses Fenster und einen noch schnelleren hinunter in den Steingarten wollen, dann tun Sie, was Ihnen gesagt wird.« Und ich bin ganz sicher, daß diese Mädchen unten am Fuße der Treppe jedes Wort hörten, das oben gesprochen wurde. Aber damals war ich viel zu wütend, um an sowas zu denken.
Sie war klug genug, den Mund zu halten, wie ich es verlangt hatte, aber sie schaute zufrieden drein, und warum auch nicht? Sie hatte getan, was sie vorgehabt hatte diesmal war sie es, die die Schlacht gewonnen und mir unmißverständlich klargemacht hatte, daß der Krieg noch lange nicht beendet war. Ich ging an die Arbeit und brachte das Zimmer wieder in Ordnung. Es kostete mich fast zwei Stunden, und als ich endlich fertig war, sang mein Rücken das Ave Maria.
Ich habe euch von den Laken erzählt, was es damit auf sich hatte, und ich konnte an euren Gesichtern ablesen, daß ihr es verstanden habt. Die Sache mit ihren Schweinereien zu verstehen, ist schon schwieriger. Ich meine, Kacke macht mir nichts aus. Ich habe sie mein Leben lang weggewischt, und der Anblick hat mir nie etwas ausgemacht.
Weitere Kostenlose Bücher