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Dolores

Dolores

Titel: Dolores Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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schlug. Diese Erinnerungen loszuwerden, war schwer, weil ich sie beide sehr geliebt hatte, aber letzten Endes brachte ich es doch fertig - wahrscheinlich, weil ich es mußte. Und ich bin froh, daß ich es getan habe, und sei es auch nur, weil Selena sich niemals daran erinnern muß, wie ihre Mutter in der Ecke sitzt und mit einem Geschirrtuch vor dem Gesicht weint. Meine Mum nahm es hin, als ihr Mann es ihr zeigte, aber ich maße mir über keinen von beiden ein Urteil an. Vielleicht mußte sie es hinnehmen, und vielleicht mußte er es ihr zeigen, weil er sonst bei den Männern, mit denen er tagtäglich arbeitete, unten durch gewesen wäre. Es waren andere Zeiten damals - die meisten Leute haben keine Ahnung, wie anders sie waren -, aber das bedeutete nicht, daß ich es von Joe hinnehmen mußte, wenn ich schon so blöd gewesen war, ihn überhaupt zu heiraten. Wenn ein Mann eine Frau mit der Faust schlägt oder mit einem Scheit aus der Holzkiste, dann hat das mit häuslicher Strafe nichts zu tun, und ich war endlich zu dem Schluß gelangt, daß ich dergleichen künftig weder von Joe St. George noch von irgendeinem anderen Mann hinnehmen würde.
    Er hat mich nie mehr geschlagen. Es gab Zeiten, wo er die Hand erhob, um es zu tun, aber dann ließ er es doch lieber bleiben. Manchmal, wenn die Hand oben war, schlagen wollte, aber es doch nicht wagte, sah ich in seinen Augen, daß er an den Sahnekrug dachte - vielleicht auch an das Beil. Und dann tat er so, als hätte er die Hand nur erhoben, weil er sich am Kopf kratzen oder sich über die Stirn wischen wollte. Das war eine Lektion, die er gleich beim ersten Mal gelernt hatte. Vielleicht die einzige…
    Und noch etwas kam an dem Abend heraus, an dem er mich mit dem Holzscheit schlug und ich ihn mit dem Sahnekrug. Ich bringe es nicht gern zur Sprache - ich gehöre zu den altmodischen Leuten, die der Ansicht sind, daß alles, was hinter der geschlossenen Schlafzimmertür vorgeht, auch dort bleiben sollte. Aber ich glaube, ich sollte es trotzdem tun, weil es vermutlich bei dem, was später passierte, eine Rolle spielte.
    Obwohl wir verheiratet waren und die nächsten beiden Jahre - es könnten auch fast drei gewesen sein, ich weiß es nicht mehr so genau - unter einem Dach lebten, versuchte er danach nur ein paarmal, von seinen ehelichen Rechten Gebrauch zu machen. Er…
    Was, Andy?
    Natürlich will ich damit sagen, daß er impotent war! Wovon sollte ich sonst reden - von seinem Recht, meine Unterwäsche zu tragen, wenn ihm danach zumute war? Ich habe mich ihm nie verweigert; er war einfach nicht mehr dazu imstande. Er war nicht das, was man eine Art Mann für jede Nacht nennen könnte, nicht einmal zu Anfang, und er konnte es auch nicht in die Länge ziehen es ging fast immer wham, bam, und besten Dank, Madam. Wäre ich nicht eine Frau gewesen, die schnell in Wallung kommt, dann hätte ich nie meinen Spaß dabei gehabt. Aber schließlich blieb er doch so interessiert, daß er sich ein- oder zweimal in der Woche auf mich legte das heißt, bis ich ihm den Sahnekrug an den Kopf knallte. 
    Zum Teil lag es wahrscheinlich am Schnaps - in diesen letzten paar Jahren trank er wesentlich mehr als früher -, aber ich glaube nicht, daß es nur das war. Ich erinnere mich, wie er eines Nachts von mir runterrollte, nachdem er ungefähr zwanzig Minuten lang gekeucht und geschnauft hatte, und sein kleines Ding hing immer noch runter, schlaff wie eine Nudel. Ich weiß nicht mehr, wie lange nach dem Abend das passierte, wovon ich euch gerade erzählt habe, aber ich weiß genau, daß es danach war ich weiß noch, daß ich dalag und meine Nieren dermaßen pochten, daß ich dachte, ich wü rde bald aufstehen und ein Aspirin nehmen müssen, damit sie sich beruhigten. 
    »So«, sagte er, fast weinend, »ich hoffe, jetzt bist du zufrieden, Dolores. Bist du es?«
    Ich sagte nichts. Manchmal muß man damit rechnen, daß alles, was eine Frau zu einem Mann sagt, das Falsche ist. 
    »Bist du es?« fragte er. »Bist du zufrieden, Dolores?« 
    Ich sagte auch weiterhin nichts, sondern lag nur da und schaute zur Decke hinauf und hörte dem Wind zu. Er kam von Osten in dieser Nacht, und ich konnte das Meer rauschen hören. Das ist ein Geräusch, das ich immer geliebt habe. Es beruhigt mich.
    Er drehte sich um, und ich konnte seinen Bieratem auf meinem Gesicht riechen, sauer und widerlich. »Früher hat das Lichtausmachen geholfen«, sagte er, »aber jetzt hilft es nicht mehr. Ich sehe deine häßliche

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